Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
draußen Futter für uns liegt. Ich glaube, ich kann Brunst bis hierhin schmatzen hören.«
Doktor Pik nickte wieder, aber ohne etwas zu sagen oder auch nur einen Huf zu regen.
Der zweite Munk fegte und pfiff noch immer vor sich hin.
Der erste Munk hat hier nie gearbeitet, fiel Kim ein, aber der war ja auch ein berühmter Maler gewesen, der den ganzen Tag und manchmal auch in der Nacht im Atelier mit seinen bunten Bildern beschäftigt gewesen war.
Plötzlich aber hielt Munk inne, als wäre ihm etwas eingefallen. »Ist der Zaun immer noch kaputt?«, redete er vor sich hin und blickte Kim in die Augen, aber irgendwie hatte sie nicht den Eindruck, als würde er sie ansehen. »Darum muss ich mich dringend kümmern«, fuhr er nachdenklich fort. »Dörthe wäre am Boden zerstört, wenn ihren Schweinen etwas zustoßen würde. Jetzt, wo die Jäger auf die Wildschweine schießen …« Er stellte den Besen beiseite und ging zur Tür, die zur Wiese führte, doch Kim stürmte an ihm vorbei.
Wildschweine schießen? Bedeutete das, Ebersbach und Kroll hatten Leute engagiert, die Lunke jagen sollten?
Sie rannte auf die Wiese, und Che und Brunst, die sich soeben über einen Haufen Gras und Kohl her machen wollten, hoben neugierig die Köpfe.
»Da ist ja meine Jüngerin«, rief Che, ohne dass es klang, als würde er sich einen schlechten Scherz erlauben. Der helle Fleck auf seinem Rücken leuchtete im Sonnenlicht, und seine Wunden waren kaum mehr als dunkle Striemen.
Kim galoppierte, ohne auf ihn zu achten, zu dem Loch im Zaun.
»Was soll die Panik?«, fragte Brunst schmatzend. »Hat Nachschub gegeben. Ist genug zu fressen für alle da.«
Der Zaun war nicht repariert worden. Nichts hatte sich verändert, nur dass ein paar dicke schwarze Borsten, die Lunke gehört hatten, an einem Stück Draht hingen. Sollte das ein Zeichen sein? Kim lauschte. Schüsse waren zum Glück nicht zu hören.
Die kleine Cecile trabte heran. »Wartest du auf den Krach?«, fragte sie mit piepsiger Stimme.
Kim nickte. »Was weißt du darüber?«
Das Minischwein versuchte ein ernstes Gesicht zu machen, aber sein Schwanz wedelte freudig hin und her. »Heute Morgen, als es hell wurde, hat es im Wald gekracht, immer wieder. Ich habe mich richtig erschrocken. Wundert mich, dass du es nicht gehört hast.«
»Schüsse? Waren das Schüsse?«
Cecile zuckte mit den Schultern. »Schüsse? Keine Ahnung. Es war wie bei einem Gewitter, ohne dass ein Blitz zu sehen war, aber es war ja auch schon hell.«
Che kam heran und blickte misstrauisch auf das Loch im Zaun.
Kim versuchte ihn zu ignorieren. Sollte sie in den Wald laufen und Lunke suchen? Vielleicht lag er irgendwo, war verletzt und blutete. Außerdem hatte sie immer noch nicht die Tüte und das Stück Papier, das sie Dörthe unbedingt geben musste – jetzt, wo auch Altschneider tot war.
»Ich habe weiter nachgedacht«, erklärte Che mit nie gekannter Freundlichkeit. »Vielleicht hast du recht: Der erste Satz müsste alles in sich vereinen und den Zuhörer so fesseln, dass er alles vergisst und gebannt an deinen Lippen hängt.«
Kim hatte für einen Moment Mühe zu begreifen, wovon er sprach. Dann fiel ihr wieder die Rede über sein Vermächtnis ein. Sie mied seinen Blick und sah suchend zum Wald hinüber. Wenn Jäger da gewesen waren, waren sie vermutlich wieder abgezogen. Zumindest waren keine verdächtigen Geräusche zu hören.
»Also«, sagte Che und lächelte ein wenig unsicher. Ein typisches Räuspern folgte. »Was hältst du von diesem ersten Satz?« Ein weiteres bedeutungsvolles Räuspern. »›Schwein sein ist alles.‹«
Fragend schaute er sie an. Seine braunen Augen weiteten sich, als sie nicht sogleich antwortete.
»Genial, nicht wahr?«, fügte er hinzu, doch nun hatte sich eine leichte Unsicherheit in seine Stimme geschlichen.
Kim lauschte noch immer. Wie nur konnte sie Lunke anlocken, ohne in den Wald laufen zu müssen?
»Ja, sehr eindrucksvoll«, sagte sie dann, weil sie noch immer Ches Blick auf sich spürte, »aber vielleicht fängst du besser mit dem zweiten Satz an. Vielleicht fällt es dir dann leichter, das Vermächtnis zu formulieren.«
Als sie ihn wieder anblickte, sah sie Verwirrung in seinem Gesicht. Er runzelte die Stirn.
»Meinst du wirklich?«, rief er aus. »Den zweiten Satz zuerst?«
»Ja.« Kim nickte heftig. Dann sah sie, dass ein großer Transporter auf den Hof fuhr, gefolgt von mehreren anderen Autos. Menschen stiegen aus. Einige trugen verräterische weiße
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