Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
registrierte Kim, dass im Atelier jemand beifällig nickte – eine ältere Frau mit kurzen schwarzen Haaren. An jedem Finger der Hand, die ihren Kopf stützte, blinkten goldene Ringe.
»Die zweite Hälfte – also ebenfalls zweihundertfünfzigtausend Euro – geht an die Stiftung Arche Noah, die es sich zum Ziel gesetzt hat, alte, beinahe ausgestorbene Tierrassen, wie etwa besondere Schweinerassen, durch Züchtung zu erhalten.« Das Männlein gestattete sich ein mattes Lächeln und setzte mit festerer Stimme hinzu: »Darüber hinaus verfügt der verstorbene Robert Munk in diesem Testament, dass seine Schweine auf dem Anwesen verbleiben müssen. Stirbt eines der Tiere, soll es in einer Ecke des Gartens begraben werden. Keinesfalls ist gestattet, es einem Schlachthaus zu übereignen.«
Einen Moment trat Stille ein, dann lachte jemand kurz und abgehackt, und ein anderer rief: »Ein Schweinefriedhof im Garten – was für ein Unfug!«
»Ja, ist das denn überhaupt erlaubt?«, meldete sich erbost ein älterer Mann, der auch zu den Schuldnern gehörte.
Kim konnte sich ein beifälliges Grunzen nicht verkneifen. Sie hatte beileibe nicht alles verstanden, was das Männlein erklärt hatte, aber so viel begriff sie nun: Robert Munk war tatsächlich ihr Freund gewesen. Sie mussten sich keine Sorgen mehr machen, dass irgendjemand sie vertreiben könnte. Auch Dörthe wirkte auf einmal entspannter; sie drehte sich sogar um und blickte zum Fenster hinaus, als würde sie ahnen, dass Kim auf der Lauer lag und lauschte.
Als das Männlein für ein paar Momente verstummte, erhob sich Schredder, der in der ersten Reihe Platz genommen hatte. Mit großer Geste strich er sich durchs Haar und rief aus: »Darf man eine Frage stellen?« Da der Ziegenbart mit gelangweilter Miene nickte, erklärte er: »Ich bin … Ich war Roberts Galerist. Wir haben über lange Jahre sehr gut und erfolgreich zusammengearbeitet. Daher wundere ich mich sehr, dass mein Name noch nicht gefallen ist, wo er sogar seine Schweine erwähnt hat. Sind Sie sicher, dass Roberts Testament vollständig ist?«
Das Männlein antwortete nicht sofort, sondern sortierte Papiere. Die Stille, die den anderen unbehaglich war, schien ihm nichts auszumachen. »Das ist korrekt«, erklärte er dann. »Sie sind nicht bedacht worden, Herr Schredder. Im Übrigen bin ich mit meinen Ausführungen noch keineswegs zum Ende gekommen. Ich darf daher die verbliebenen Anwesenden um noch ein wenig Geduld ersuchen.«
»Wem wird der Hof denn nun gehören, wo Munks Bruder im Gefängnis sitzt?«, rief ein anderer Mann, der in der dritten Reihe saß.
»Darf ich fortfahren?«, fragte der Ziegenbart, als hätte er diese Frage nicht gehört. Kim hatte noch nie einen Menschen gesehen, der so ruhig und gleichzeitig so bedeutsam auftrat. »Es gibt noch eine kurze Erklärung des Verstorbenen sowie ein Postskriptum: Ich habe ein gutes Leben geführt, heißt es da, und sehe dem Tod mit Gleichmut entgegen. Ich danke allen, die an meiner Seite gewesen sind und sich für meine Kunst interessiert haben. All jenen, denen ich Unrecht zugefügt habe, bitte ich, mir zu verzeihen. Ich habe viel Schuld auf mich geladen und vieles nicht wiedergutmachen können. Das bedaure ich sehr. Gezeichnet – Robert Munk.«
Jemand begann zu husten, ein anderer schob seinen Stuhl zurück, der laut über den Boden scharrte.
Plötzlich tauchte Cecile wieder auf. »Du musst kommen, Kim«, stieß sie atemlos hervor. »Brunst … Nun kümmert Brunst sich um Doktor Pik, aber er quält ihn und beißt ihm in den Rüssel.«
»Was tut er?« Kim wandte den Blick vom Geschehen im Atelier nicht ab.
»Ach, ich weiß auch nicht«, erwiderte Cecile verzweifelt. »Aber ich glaube, Doktor Pik ist tot.«
»Ich komme gleich.« Kim drehte den Kopf. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Ebersbach auf seinen kleinen Apparat starrte und ungläubig den Kopf schüttelte. Jetzt, glaubte sie zu ahnen, in genau diesem Moment hat er erfahren, was mit Kroll geschehen ist. Vorne lächelte das Männlein die Menschen an und hob seine winzigen Hände, als müsse er um Ruhe bitten. »Bevor hier das Büfett aufgebaut wird, zu dem uns Frau Dörthe Miller freundlicherweise eingeladen hat, möchte ich noch das Postskriptum verlesen, gleichwohl ich einräumen muss, dass ich den Sinn dieses Nachtrags nicht verstehe. Zitat: ›Das Bild Richter 9 vermache ich zur weiteren Veranlassung dem Justizminister der Bundesrepublik Deutschland. ‹ Ende des Zitats.« Mit großen
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