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Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Titel: Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Blum
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Augen blickte der Ziegenbart über seine Brille in die Menschenansammlung vor ihm, ob irgendjemand eine Reaktion zeigte, doch nur Ebersbach war aufgesprungen, zwängte seinen unförmigen Leib durch die Reihe, entschuldigte sich flüchtig und watschelte hastig aus dem Raum.
    Draußen eilte er zu seinem Auto. Dabei hatte er seinen silberfarbenen Apparat am Ohr und redete so schnell hinein, dass Kim nichts verstehen konnte, auch wenn sie ihre Ohren besonders lang machte. Blass und mit erschöpftem Gesicht öffnete er die Tür seines Wagens und fuhr davon.
    Im Atelier erhoben die Menschen sich unsicher; niemand sprach. Hunger schien auch keiner zu haben, denn die meisten gingen an den weiß gekleideten Männern vorbei, die sich eilig daran machten, die Stühle zusammenzustellen, ins Freie und entfernten sich über den Hof.
    »Kommst du endlich?« Cecile stieß sie in die Flanke.
    Kim straffte sich. Der Geruch von Schweinefleisch wehte wieder herüber, als einer der Weißgekleideten einen silbernen Behälter herantrug. Während sie neben Cecile zum Stall lief, versuchte sie, sich den letzten Satz zu merken, der aus dem Mund des Ziegenbarts gekommen war, aber irgendwie konnte sie das nicht. »Richter 9« war alles, was ihr im Gedächtnis geblieben war.
    Che trabte tatsächlich noch immer über die Wiese und redete vor sich hin, ohne irgendetwas wahrzunehmen. Sie meinte zu hören, wie er mit finsterer Miene »Ein Schwein ist ein Schwein ist ein Schwein« murmelte. Auf seine Hilfe konnten sie wieder einmal nicht bauen.
    Brunst hingegen hockte vor Doktor Pik im Stall. Er stöhnte und schnaufte, und als Kim heranstürmte, bemerkte sie, dass er dem alten Eber seinen Atem in den Rüssel blies.
    »Was tust du da?«, fragte sie entsetzt.
    »Habe mal gehört, dass es nützen soll, wenn es jemandem besonders schlecht geht«, keuchte er, dann stieß er Doktor Pik wieder einen mächtigen Schwall Luft in den Rüssel.
    Kim begriff, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie hatte Doktor Pik in seiner schwersten Stunde allein gelassen; statt bei ihm zu sein, hatte sie Dinge der Menschen verstehen wollen, die man nicht verstehen konnte und die auch vollkommen ohne Nutzen waren. Nein, fiel ihr ein, das stimmte nicht. Sie hatte immerhin erfahren, dass sie alle ohne Sorgen weiter auf dem Hof leben konnten.
    Tief holte Brunst wieder Luft und würgte sie dann förmlich wieder hervor. Kim beobachtete, wie sich Doktor Piks Körper hob, und plötzlich sprangen dem greisen Eber die Augen auf, und er starrte sie an.
    »Kann man nicht mal in Ruhe ein Nickerchen halten«, knurrte er, als hätte man ihn in seinem harmlosen Mittagsschlaf gestört.
    Kim wurden vor Glück die Knie weich. »Doktor Pik«, rief sie aus, »wir haben schon gedacht, dass du …« Sie verstummte, derweil Brunst neben ihr heftig nach Atem rang.
    »Ich weiß, was ihr gedacht habt«, flüsterte Doktor Pik, »aber noch ist meine Zeit nicht gekommen.«
    In der Ferne war eine Sirene zu hören.
    Kroll, dachte Kim, nun haben sie ihn gefunden.
    »Was ist denn jetzt?«, quiekte Cecile. »Verrätst du mir endlich, wie man fliegt?«

22
     
    »Wenn man etwas verspricht, muss man es auch halten«, maulte Cecile. »Aber ich bin ja die Kleinste. Mich kann man ja belügen und betrügen, wie es einem gefällt …«
    An der Seite von Doktor Pik drehte Kim eine Runde über die Wiese. Er musste sich bewegen und etwas fressen, zumindest ein wenig Kohl und Salat. Viel hatte Brunst allerdings nicht übrig gelassen, und an die Körnermischung, die Haderer ihnen jeden Abend hingestellt hatte, hatte keiner gedacht. Die Hoffnung, dass Dörthe noch kommen würde, hatte Kim jedenfalls aufgegeben. Der Ziegenbart war noch da; er war der Einzige, der sich ausgiebig über das Essen hergemacht hatte, das die beiden weiß gekleideten Männer auftrugen. Mit lächelnder Miene hatte er sich von ihnen bedienen lassen, als wären sie allein seinetwegen gekommen. Dörthe, die neben ihm saß, hatte nur ein Glas mit einer roten Flüssigkeit vor sich stehen. Alle anderen Menschen hatten den Hof fluchtartig verlassen.
    »Ich weiß nicht, wie man fliegt«, erwiderte Kim unwirsch. »Schweine können nicht fliegen. Es reicht nicht, mit dem Schwanz zu wedeln. Um fliegen zu können, braucht man Flügel, wie Vögel sie haben. Musst nur in den Himmel gucken!«
    »Dann hast du also gelogen!« quiekte Cecile und schrie mit schriller Stimme: »Kim ist eine Lügnerin!«
    Irgendwie hatte Kim das Gefühl, als lächele Doktor Pik stumm

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