Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
medizinische Nutzen ist zweifelsfrei erwiesen: Das Risiko, an Depression und Herzleiden zu erkranken, verringert sich, dafür verbessert sich das Konzentrationsvermögen.
Ich lernte Meditation in einem Zen Center in Greenwich Village, als ich für einen Artikel über Uni-Tasking recherchierte – die Kunst, sich stets mit nur einer Sache zu beschäftigen. Seit einigen Monaten meditiere ich ein paarmal die Woche. Wenn Julie schlafen gegangen ist, setze ich mich im Wohnzimmer auf den Boden und starre zehn Minuten lang die Wand an.
Doch neuerdings möchte ich möglichst jeden Tag meditieren. Aufgrund meines straffen Tagespensums läuft dieser Vorsatz häufig auf etwas hinaus, das ich als »kontextuelle Meditation« bezeichne: Ich meditiere, wann und wo immer ich fünf Minuten Zeit habe – im Bus, in der U-Bahn, an einer roten Ampel.
Und damit bin ich nicht allein. Auf einer Wellness-Website fand ich eine Anleitung für Meditationsübungen in einer lauten Umgebung. Ich probierte die Anleitung aus, als ich neulich eine Magnetresonanztomografie ( MRT ) über mich ergehen lassen musste (und zwar weil ich auf einmal alles nur verschwommen sah, aber das entpuppte sich als harmlos und verschwand auch bald wieder). Für alle, die noch nie ein MRT erlebt haben: Diese Untersuchungstechnik ist laut, geradezu lachhaft laut. Man bekommt zwar Ohrstöpsel, aber die können den Lärm höchstens ansatzweise dämpfen. MRT s haben ein Klangrepertoire, das – in ungeordneter Reihenfolge – in etwa diesen Geräuschen ähnelt: dem »Falsche-Antwort«-Signalton von Gameshows; heftigem Klopfen; dem Sound eines Modems aus den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts; dem Knurren eines angriffslustigen Grizzlys; und einer männlichen Reibeisenstimme, die »Malerkuhle« oder etwas in der Art brüllt.
Der Trick besteht darin, die Geräusche durch den Kopf hindurchgleiten zu lassen, anstatt sich krampfhaft darum zu bemühen, sie mental auszublenden oder aber sie festzuhalten und mit Bedeutung zu versehen. Lassen Sie sie interessiert und distanziert zugleich an sich vorüberziehen. Die Website empfiehlt, nicht über den Ursprung der Geräusche nachzudenken, sondern seine Aufmerksamkeit einzig und allein auf die Töne und Schwingungen zu richten. »Ma-ler-kuh-le. Ma-ler-kuh-le.«
Ein ziemlich gewöhnungsbedürftiges Geräusch. Aber es störte mich nicht. Nie zuvor habe ich ein dermaßen entspannendes MRT erlebt.
Eine Nase voll frische Luft
Es ist Mittwoch. Julie und ich besuchen meinen Großvater zum Mittagessen. Wie immer liegt er in seinem Ruhesessel, diesmal in einem roten, langärmeligen Hemd. Er sieht älter aus. Seine Handgelenke sind dünn wie Besenstiele, und seine Augen sind wässrig. Er atmet schwer. Kein Wunder, mit zunehmendem Alter lässt die Lungenleistung nach. Die Anzahl kleiner Blutgefäße verringert sich, die Trennwände zwischen den einzelnen Lungenbläschen bilden sich teilweise zurück, das Zwerchfell wird schwächer, und die Lungenfasern verlieren ihre Elastizität.
Julie beugt sich über ihn und gibt ihm einen Kuss.
»Tag, Liebes«, sagt er zwischen zwei Atemzügen.
Er erkundigt sich nach unseren Kindern, aber ich merke, dass er sich nicht mehr an ihre Namen erinnern kann.
»Woran arbeitest du gerade, A. J.?«, fragt er.
Ich erzähle ihm, dass ich mich derzeit mit der Lunge beschäftige. »Du hast den New Yorker Lungen ziemlich geholfen, wusstest du das?«, sage ich.
»Ach ja?«, sagt er.
»Ja, diese ganzen Projekte im Bereich öffentliche Verkehrsmittel, mit denen du zu tun hattest. Du hast wirklich geholfen, die New Yorker Luft zu verbessern.«
»Wirklich?«
Er wirkt erfreut, aber auch verwirrt. Ich erinnere ihn an seine kühne Vision: Großvater, immer schon ein leidenschaftlicher Verfechter öffentlicher Verkehrsmittel, entwickelte vor ein paar Jahren die Theorie, Bussen und U-Bahnen müssten zukünftig kostenlos sein, wie Luft und Wanderwege. Dann gäbe es weniger Autos auf den Straßen, folglich weniger Smog – und auf wirtschaftlicher Ebene wäre eine deutlich erhöhte Effizienz die Folge. Also gründete Großvater eine Stiftung und begann, den Bürgermeister zu bearbeiten.
»Bald ist es so weit, du wirst sehn«, sagt er. Optimismus in Reinkultur, wenn auch möglicherweise etwas exaltiert. »Hoffentlich«, sage ich.
Die Luftverschmutzung in New York ist beträchtlich, könnte jedoch noch wesentlich dramatischer sein. Auf einer kürzlich von der American Lung Association veröffentlichen Liste der
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