Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
eine Kopfschmerztablette? Ich brauch dringend ein Aspirin.«
*
»Ich brauch dringend Zucker«, stöhnte
Amalie Bachmaier und hielt sich keuchend am Türrahmen fest. Der Aerobic-Kurs war
furchtbar anstrengend gewesen, die Trainerin hatte nicht gelogen. Zuerst hatten
sie eine halbe Stunde ohne Pause herumlaufen und -hüpfen müssen, dann hatten sie
eine komplizierte Choreografie mit Drehungen und Verrenkungen eingeübt, dass Amalie
schwindlig geworden war. Seit Dr. Petutschnig ihr Zucker und Fett verboten hatte,
verließen ihre Kräfte sie schnell.
»Karl? Ich
bin zu Hause«, schrie Amalie mit letzter Kraft und schleppte sich in die Küche.
»Karl?«,
rief sie noch einmal und stellte ihre Sporttasche auf den Küchenstuhl. Sie setzte
Teewasser auf. Karl war offenbar immer noch nicht nach Hause gekommen. Nicht, dass
es Amalie gestört hätte, aber normalerweise blieb er nicht so lange weg. Anderthalb
Tage waren ungewöhnlich. Sie goss den Tee auf und suchte im Schrank nach Süßstoff.
Als das
Telefon klingelte, verdrehte sie die Augen. Das war garantiert Karl, der ihr die
kleine Teepause vermiesen wollte.
»Frau Bachmaier?«,
fragte jedoch eine unbekannte Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Hier spricht
Harald Moschik, ein Arbeitskollege ihres Mannes.«
Von dem
hatte Karl ihr erzählt. Er hatte von ihm nur als ›ungeheures Arschloch‹ gesprochen.
Amalie dagegen fand diesen Moschik auf Anhieb sympathisch.
»Mein Mann
ist gerade nicht da«, erklärte sie und versuchte, aus dem Süßstoffspender eine Tablette
zu drücken. Das widerspenstige Ding weigerte sich, seinen Inhalt freizugeben. Amalie
klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter und zog am Deckel. Irgendwie musste
sie an das Zeug kommen.
Herr Moschik
gestand ihr derweil umständlich, dass er tatsächlich mit ihr sprechen wollte und
nicht mit Karl. »Wissen Sie, es ist nämlich so«, begann er, nur um ganz anders fortzufahren.
»Also, ich weiß gar nicht genau, wie ich das erklären soll«, stotterte er schließlich
und Amalie schaltete ab. Dieses Süßstoffding musste doch aufzukriegen sein!
»Kurz und
gut: Ihr Mann ist ermordet worden.«
Vor Schreck
entglitten Amalie Telefonhörer und Süßstoffspender. Scheppernd landete beides auf
dem Boden. Der Deckel sprang auf, die kleinen Tabletten kullerten durch die Küche.
»Oh.« Amalie
musste sich erst einmal setzen. Langsam hob sie den Hörer auf und hielt ihn wieder
ans Ohr. »Sind Sie sich da sicher?«, fragte sie zögerlich.
»Ich habe
es mit eigenen Augen gesehen«, lautete die Antwort. Amalie musste schlucken. Sie
brauchte dringend Zucker – nicht diesen Süßstoffkram. Sie merkte, dass sie anfing
zu zittern.
»Ich … also
… danke für die Information«, sagte sie. Sie legte den Hörer auf, dann sah sie die
gegenüberliegende Wand an. Dort hing das gerahmte Hochzeitsfoto ihrer kirchlichen
Trauung. Eine der Süßstofftabletten rollte um Amalies großen Zeh.
»Es hilft
ja nichts«, sagte sie. Sie stellte die Teekanne auf den Küchentisch, um an den Schrank
zu gehen. Irgendwo musste eine Notration Zucker sein. Sie runzelte die Stirn. In
der Zuckerdose war weißes Zeug. Hatte sie die nicht geleert? Und wieso war der Zucker
in einem Plastikbeutel? Wahrscheinlich war das eine Sparpackung, die Karl aus dem
Restaurant mitgebracht hatte, weil er keinen Süßstoff mochte. Amalie schaufelte
sich vier Löffel davon in ihre Tasse, bevor sie sich an den Küchentisch setzte.
Vorsichtig schlürfte sie den heißen Tee und verzog angewidert den Mund. Bei diesen
Billigprodukten wurde offenbar nicht nur an der Packung gespart. Der Zucker süßte
überhaupt nicht.
Was hatte
sich Karl da wieder andrehen lassen? Bei dem Gedanken an Karl fiel ihr das Telefongespräch
mit Harald Moschik wieder ein und sie schaufelte sich noch zwei Löffel Zucker in
den Tee.
Karl war
tot. Ermordet. Amalie war davon überzeugt, dass sie sich in einem Schockzustand
befand. Kleine schwarze Punkte bildeten sich vor ihren Augen. Sie nahm einen weiteren
Schluck Tee, der zwar nach wie vor nicht süß schmeckte, aber hoffentlich gegen den
Schwindel half. Und warum war ihr plötzlich so heiß?
*
Johann Mühlbauer war furchtbar heiß.
Er brauchte dringend das Auto seiner Mutter. Aber sie wollte immer die genauen Gründe,
wenn sie ihm den Wagen lieh. Deshalb fragte er normalerweise nicht. Um eine Leiche
im Schlosshotel abzuholen, schien ihm auch kein geeignetes Argument zu sein. Mit
fehlenden Transportmitteln musste Bruce
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