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Saure Milch (German Edition)

Saure Milch (German Edition)

Titel: Saure Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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herangekommen?«, wollte Sprudel wissen.
    »Ich hab in den letzten zwei Tagen dreimal den Bürgersteig sauber
gekehrt und exakt fünfunddreißig Zaunlatten gestrichen«, erklärte Fanni. »Ich
war gerade bei der zweiunddreißigsten Latte, da hat Frau Kundler ihre Mülltonne
aus der Garage gerollt. Sie wollte die Tonne am Straßenrand bereitstellen, und
dazu musste sie auf zwei Meter an mich heran. Ich bin ein Stückchen zur Seite
gehüpft, schon war die Distanz überbrückt, und wir haben ein bisschen
geplauscht.«
    Sprudel zwinkerte beifällig, und Fanni fuhr fort. »Kundler fährt
regelmäßig zu solchen Tagungen, das habe ich im Lauf der Unterhaltung erfahren.
Er setzt sich dafür ein, dass Bairisch als spezielles Fach an den Schulen
unterrichtet werden soll. Das hält sogar seine Frau für ziemlich verstiegen.
Aber seit er in Pension ist, braucht er halt eine Aufgabe, die ihn beschäftigt,
meint sie. Übrigens hat es gut eine halbe Stunde gedauert, bis ich Frau Kundler
beim Thema hatte, und dann noch mal eine halbe, bis ich sie wieder losgeworden
bin. Dafür wissen wir jetzt, dass Kundler nicht in Frage kommt, weil er ein
Alibi hat.«
    Sprudel antwortete nicht. Sie sah ihn an und sagte trübsinnig: »Von
dieser Seite aus betrachtet, wäre es vernünftig, mit der Suche nach einem Täter
aufzuhören, weil sowieso jede unserer Spuren in einer Sackgasse endet.«
    »Fanni«, sagte Sprudel ernst, »wir können nicht mehr zurück. Das
hast du mir vorhin selber klargemacht.« Er überlegte einen Moment und fügte
dann hinzu: »Lass uns mal rekapitulieren, was bisher geschehen ist.«
    Sie waren bei der Bergwachthütte angekommen, die – wie immer
unter der Woche – verschlossen und zugeknöpft dastand. Fanni setzte sich
auf die abgewetzte Holzbank vor dem Eingang. Sprudel blieb vor ihr stehen.
    Er hob die Hände, als wollte er den Tannenzapfen und den Bucheckern
um ihn herum seinen Segen erteilen. »Vor knapp drei Wochen«, sagte er, »als wir
die Ergebnisse der DNA -Untersuchungen in der Hand hatten
und die Aussagen der Nachbarn alle auf Der Alte war es hinausliefen, da schien der Fall klar. Wir haben in voller Überzeugung den
Bauern Klein verhaftet. Noch am selben Tag hast du mir eine Theorie entwickelt,
die mir überhaupt nicht in den Kram gepasst hat. Ich war wirklich skeptisch.
Und ich war nicht im Mindesten daran interessiert, nach einem Täter zu suchen,
den ich schon hatte, in einem Fall, der schon auf dem Tisch meines Nachfolgers
lag. Anfangs hat es mir, ehrlich gesagt, bloß gefallen, dir zuzuhören. Mit der
Zeit hat mir das, was du gesagt hast, zu denken gegeben, und irgendwann hat es
mich gepackt. Ich muss weitermachen, Fanni, bis ich den richtigen Täter
gefunden habe oder bis sämtliche Spuren endgültig im Sande verlaufen. Und
heute«, fügte er nach einer kleinen Pause hinzu, »hat sich eine Verwicklung
gezeigt, die mich zwingt, meine Anstrengungen zu verdoppeln.«
    Sprudel neigte sich zu Fanni und legte seine Hände auf ihre
Schultern. »Bitte, Fanni, hilf mir ein bisschen!«
    Dann setzte er sich neben sie hin, und Fanni holte die Thermoskanne
und die Becher aus ihrer Tasche.
    »Es gefällt mir wirklich, dieses Suchen und Ausleuchten und
Herumfragen«, sagte sie, »aber unsere Chancen stehen mehr als schlecht. Es ist
mir peinlich, dass ich etwas angezettelt habe, das sich am Ende als große
Pleite herausstellen wird. Vielleicht zweifelt ja der Staatsanwalt inzwischen
selbst an der Schuld des Alten, aber noch mehr zweifelt er daran, dass sich
neue Spuren auftun, sonst hätte er Mirza gestern nicht zur Beerdigung
freigegeben.«
    Sie blieb eine Weile still. In ihrem Kopf hämmerte es. Kommst du
jetzt endlich zur Vernunft, Fanni, höchste Zeit aber auch. Geh nach Hause, pack
ein paar Sachen ein, steig in den Zug und fahr für eine Woche zu Vera. Kümmer
dich um deine Enkelkinder, anstatt hier eine Karikatur von Miss Marple
abzugeben.
    Und außerdem bist du in Klein Rohrheim in
Sicherheit, falls dir wirklich hier jemand nachstellen sollte.
    Sprudel setzte zum Sprechen an, doch Fanni unterbrach ihn.
    »Was bleibt uns denn, wenn wir jetzt Bilanz ziehen?«, fragte sie und
gab gleich selbst die Antwort. »Eine Liste von Verdächtigen, auf der außer
›Meiser‹ schon alle Namen gestrichen sind. Und Meiser ist zwar ein falscher
Fünfziger, aber vernünftig betrachtet ist er genauso verdächtig wie der
Kirschkuchen da auf deinem Teller.«
    Sprudel machte den Mund auf, aber sie unterbrach ihn wieder.
    »Ja, ja,

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