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Savannah

Savannah

Titel: Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Rolle.«
    Pres stieß einen tiefen Seufzer aus. Zum einen wusste er ja nicht, wo Mrs. Johnson im Wald lebte, und zum anderen hatte er kein Pferd, da er seinen Hengst in Choteau beim Spiel gesetzt und verloren hatte - was nur ein weiterer Beweis für seine traurige Situation war. Pres war wütend auf sich selbst, haderte mit dem Schicksal und verfluchte insbesondere Jacob McCaffrey, da er ihm die Schuld an seiner Lage gab.
    »Ich führe Sie morgen zu der Hütte«, fuhr Jacob fort, als Pres nicht antwortete. »Vorausgesetzt natürlich, dass hier in der Station alles unter Kontrolle ist.«
    »Wenn ich zustimme, wäre es dann zu viel verlangt, dass Sie mir mein Geld zurückgeben?«, erkundigte sich Pres.
    »Viel zu viel«, antwortete Jacob, aber seine Stimme klang mitfühlend und verständnisvoll. »Es dauert lange, bis man hier in der Gegend so viel Geld verdient. Selbst wenn Sie hier als Arzt arbeiten, werden Sie nur selten Bargeld sehen. Ein Huhn vielleicht oder einen Korb Bachforellen, eine Kiste Rüben oder einen kleinen Sack Kartoffeln. Ja, Sir, es wird wohl eine ganze Weile dauern, bis Sie das Geld zusammenhaben, Springwater wieder mit der Kutsche zu verlassen. Außerdem müssen June und ich Ihnen natürlich Miete für Kost und Logis berechnen, aber das können Sie hier auf der Station abarbeiten, indem Sie sich um die Pferde kümmern. Ich werde ja auch allmählich älter und meine Knochen wollen nicht mehr so wie früher.«
    Der Doktor presste seine Zähne so fest zusammen, dass die Backenmuskeln hervortraten. Es kostete ihn seine ganze Willenskraft, diese Muskeln wieder zu entspannen. Es störte ihn nicht, dass er seinen Lebensunterhalt durch seiner Hände Arbeit verdienen sollte - das hatte er auf die eine oder andere Weise getan, seit er von zu Hause weggegangen war, um das medizinische College zu besuchen. Es machte ihn jedoch rasend, dass er Jacobs ruhige Art nicht durchschaut hatte, dass er diesem Mann wie ein Greenhorn auf den Leim gegangen war. Jetzt fühlte er sich wie ein Fuchs, der in der Falle saß und aus Verzweiflung seinen eigenen Schwanz jagte. Weder hatte er dieses Lazarus-Syndrom, denn seine Nerven lagen blank, da er sich so lange weder um den Zustand seines Körpers noch um den seiner Seele gekümmert hatte. »Das kann ich tun«, erwiderte er. »Ich werde allerdings im Stall auf dem Heuboden schlafen und nur wenig essen.«
    Jacob betrachtete die schlanke Figur des Mannes, bevor er ihm wieder in die Augen schaute. »Der Heuboden ist immer noch warm genug, dass ein Mann dort schlafen kann. Aber das wird sich ändern, wenn die ersten Frostnächte kommen - und das kann hier in Montana auch schon im Spätsommer sein. Was das Essen betrifft, so ist es eine Tatsache, dass der Mensch nicht darauf verzichten kann, wenn er bei Kräften bleiben will. So wie eine Dampfmaschine Wasser und Kohlen braucht, brauchen wir Nahrung - und ich schätze mal, die ist bei Ihnen in letzter Zeit vor allem aus der Flasche gekommen. Zeit, dass Sie damit aufhören.« Von sich aus hätte Pres nie so ein persönliches Thema angeschnitten und er hätte sich auch von keinem anderen Menschen in so ein Gespräch verwickeln lassen, aber in diesem Moment hatte er gar keine andere Wahl. Er war ein gebrochener Mann, der gar nicht mehr tiefer fallen konnte. Kein Geld und kein Pferd, kein Billett für die Kutsche und kein spezielles Ziel, wo er hätte hingehen können. Ob es nun hier in Springwater mit ihm zu Ende ging, war letztlich egal.
    »Vielleicht werden Sie es eines Tages noch bedauern, dass Sie mich zum Bleiben gezwungen haben«, sagte er mit so viel Würde, wie er noch aufbringen konnte.
    Jacob verzog die Mundwinkel, was bei einem Gesicht, das weniger e rn st war, vielleicht wie ein Lächeln gewirkt hätte. »Das glaube ich kaum«, sagte er freundlich. »Und jetzt kommen Sie mit, damit ich Ihnen den Heuboden zeigen und Ihnen erklären kann, was Ihre Arbeiten sein werden, während Miss June unser Abendessen fertig macht. Morgen früh nach Sonnenaufgang sehen wird dann zuerst mal nach Granny Johnson.«
    Pres verspürte den Wunsch, nach etwas Schwerem zu greifen und etwas zu zertrümmern, aber er beherrschte sich und gab diesem Impuls nicht nach. Statt dessen folgte er Jacob hinaus auf den Hof der Station und weiter in den Stall, wo er — wie es aussah - für den Rest seines Lebens schlafen und arbeiten würde.
     
    Rachel hatte für Savannahs Besuch ihre Spitzentischdecke aufgelegt. Dünne Wachskerzen flackerten in den

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