Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)
Dragon ungläubig. Vermutlich hatte er genau wie ich an ihrer Existenzgezweifelt. Mein ganzer Körper zitterte, als hätte man mich in ein Kühlhaus gesperrt. Ich hatte meine andere Hälfte verraten.
Der Seher wiegte sich leise vor und zurück, dass das Sofa ächzte. »Interessant ... das eröffnet ganze neue Möglichkeiten.«
Kasia, von der bis zu dem Moment keiner Notiz genommen hatte, legte eine zierliche Hand mit knallrot lackierten Fingernägeln auf seine Schulter. »Es ist wahr. Ich kann spüren, dass er versucht, sie zu finden. Ich hatte bis eben nicht einordnen können, was da an mein Ohr schlug, aber die Suche ist in vollem Gang.«
Der Seher schaute mich an. »Und hat sie ihm geantwortet?«
Kasia warf mir einen mitleidigen Blick zu. »Nein. Sie blockt ihn ab.«
Der Seher tippte sich mit den Fingerspitzen an seine fleischigen Lippen. »Interessant. Das würde ihre Behauptung stützen, dass sie uns gegenüber loyal ist. Vielleicht habe ich zu hart über sie geurteilt.« Dann bemerkte er Tony, der zu seinen Füßen lag. »Schafft den Mann fort und sorgt dafür, dass man sich um ihn kümmert. Er hat seine Sache gut gemacht.«
Tonys Augen öffneten sich flatternd, als er von zwei Männern des Sehers hochgehoben wurde.
»Es tut mir so leid«, flüsterte ich.
Seine müden Augen schlossen sich wieder, ohne dass er mir vergab.
»Also, Phoenix, erzähl doch mal: Wie ist das so, einen Seelenspiegel zu haben?« Der Seher war offenbar aufrichtiginteressiert. Er klopfte auf das Sofakissen neben sich. »Komm und erzähl Daddy alles darüber.«
Ich wünschte mir, er würde wieder anfangen, mich zu quälen. Aber ich hatte schon längst keine Wahl mehr und setzte mich an den Platz, auf den er gezeigt hatte. »Es ist ...«
Furchterregend? Schrecklich? Wundervoll?
»... irgendwie etwas Besonderes.«
»Und würdest du alles für das Wohl deines Seelenspiegels tun?«
Diese Frage war schon sehr viel brenzliger. »Ich ... ich vermute. Ich weiß es nicht. Ich habe ihn erst heute Morgen kennengelernt.«
Er strich sich nachdenklich mit einem Finger über die Lippen. »Und, mag er dich?«
Ich stieß ein ersticktes Lachen aus. »Ob er mich mag? Warum sollte er? Ich hab versucht, ihn zu beklauen; ich bin vor ihm weggelaufen. Ich denke, er hat mittlerweile die Nase gestrichen voll von mir.«
Er lehnte sich nach vorne und tätschelte mir die Wange. »Du unterschätzt dich, Phoenix. Du hast das gute Aussehen deiner Mutter und eine interessante Begabung: Er hat dich ganz bestimmt noch nicht abgeschrieben.«
Ich wünschte mir allerdings, dass er genau das tun würde. Mir gefiel nicht, welche Richtung diese Unterhaltung nahm.
»Du hast es dieses Mal zwar nicht geschafft, die verlangte Information zu besorgen, aber ich frage mich, was er wohl alles tun würde, um mit dir zusammen zu sein? Ob er das Savant-Netzwerk opfern würden, wenn erwüsste, dass das die einzige Möglichkeit ist, seinen Seelenspiegel zu retten? Eine faszinierende Zwickmühle.« Der Seher leckte sich die Lippen, während er über das Ausmaß an menschlichem Elend nachdachte, das sein kleines Experiment, mich als Köder zu benutzen, anrichten könnte.
Ich bezweifelte stark, dass Yves seine Familie und Freunde für mich aufs Spiel setzen würde. Jetzt, da wir uns kennengelernt hatten, war ihm bestimmt klar geworden, dass ich es nicht wert war, trotz unserer Seelenspiegel-Verbindung. Der Legende nach erlangte ein Savant mit seinem Seelenspiegel Vollkommenheit, Zufriedenheit und eine Stärkung seiner Begabung, aber darauf konnte Yves bei mir kaum hoffen; ich war eine wandelnde Katastrophe. Im Dunstkreis des Sehers zu leben war in etwa so, als würde man in unmittelbarer Nähe des defekten Atommeilers in Tschernobyl aufwachsen; ich würde noch jahrelang unter den Folgen der Verseuchung leiden.
Der Seher bot mir Erdnüsse an, aber da er die Schale im Schoß hielt, hätte ich eher noch Skorpione gegessen. »Ich denke, ich werde dich heute Abend mitnehmen«, überlegte er. »Mach dich ausgehfein, meine Liebe. Du und ich werden ein paar Freunde treffen. Sie werden darauf brennen, etwas über unsere interessante Situation zu erfahren.«
»Ausgehfein?« Mir war noch nie zu Ohren gekommen, dass sich der Seher aus seinem armseligen Penthouse herausgewagt hätte, allerdings hatte ich auch nie den Mut gehabt, ihn zu beobachten.
»Ja. Wir gehen ins Waldorf Hotel. Kasia, staffiere sie so aus, dass sie gewaltig Eindruck schindet. Du darfst dafür den Schmuck
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