Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)
attraktives Aussehen, aber was sollte er schon an mir liebenswert finden?
Kasia wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum und riss mich aus meinen Gedanken. »Hallo! Erde an Phee.«
»Ja, ich komme.« Ich schaute noch einmal zu dem eleganten Mädchen im Spiegel mit dem entstellenden Kratzer am Arm. Es fühlte sich nicht so an, als ob ich das wäre. Aber andererseits hatte ich keine Ahnung, wie sich mein Ich eigentlich anfühlte.
Kapitel 10
Im Auto hielt ich mich aus der analytischen Nachbetrachtung des Treffens, die der Seher und seine zwei Söhne voller Eifer betrieben, heraus. Sie freuten sich darüber, wie die Sache gelaufen war, und gratulierten unserem Anführer dazu, wie er die anderen auf ganzer Linie ausmanövriert hatte, indem ich von ihm so unerwartet als seine Wunderwaffe präsentiert worden war. Ich blendete ihr Geschwätz aus und dachte stattdessen daran, was für eine Riesenverschwendung das Essen auf meinem Teller gewesen war. Ich hatte nichts angerührt außer dem Beilagensalat, Gemüse und Brot, mit dem mich der Kellner in rauen Mengen versorgt hatte, sodass ich nicht hungrig hatte bleiben müssen. Die Männer hatten entschieden, das Dessert ausfallen zu lassen, und waren direkt zu Kaffee und Brandy übergegangen. Hätte ich sie nicht ohnehin schon aus tiefster Seele verabscheut, wäre spätestens der Verzicht auf meinen Lieblingsgang ein ausreichender Grund dafür gewesen. Immerhin hatte ich es geschafft, zu meinem Latte macchiato ein paarhandgemachte Pralinen zu ergattern, insgesamt war mein erster Besuch in einem Fünf-Sterne-Restaurant eher enttäuschend gewesen.
Mir war klar, dass ich mich mit dermaßen belanglosen Gedanken bloß von dem eigentlichen Knackpunkt des Abends ablenken wollte. Der Seher hatte versprochen, mich als Köder für Yves zu benutzen, und ich hatte keine Eile herauszufinden, was genau er darunter verstand.
Zurück in unserem ›trauten Heim‹, folgte ich dem Seher hoch in den fünften Stock, in der Hoffnung, dass damit der Abend zu Ende sein würde. Pustekuchen.
»Phoenix, ich hab noch ein Wörtchen mit dir zu reden«, hechelte der Seher, oben am Kopf der Treppe angelangt. Er wischte sich mit einem roten Seidentaschentuch den Schweiß von der Stirn.
Sein Tross wartete im Wohnzimmer auf ihn; die versammelten Frauen gerieten angesichts seiner eleganten Erscheinung alle ins Schwärmen. »Meine Damen, bitte gebt uns einen kurzen Moment«, verkündete er und bedeutete ihnen, den Raum zu verlassen.
Als ich ihnen hinterhersah, wie sie ohne zu murren im Gänsemarsch den Raum verließen, ging mir auf, dass er eine Horde von weiblichen Robotern geschaffen hatte, die seine jeweiligen Bedürfnisse befriedigten, genau wie diese ... wie hießen die gleich noch mal? Ach ja, die Frauen von Stepford. Es war abscheulich. Der Seher ließ sich an seinen Lieblingsplatz auf dem Sofa sinken. »Ich bin mir sicher, dass du verstanden hast, was wir von dir erwarten.«
Ich zuckte mit den Schultern, schlang mir die Arme um die Taille. »Ich ... ich denke schon.«
»Du wirst dich morgen mit deinem Seelenspiegel verabreden. Sag ihm, dass er ohne seine Brüder kommen soll. Er muss allein sein oder es wird dir mächtig leidtun, verstanden?«
Drohungen, Drohungen und noch mehr Drohungen. »Ja, ich hab verstanden. Wo soll ich mich mit ihm treffen?«
Der Seher rieb sich das Kinn. Ich hoffte, das waren die ersten Anzeichen von richtig üblem Zahnweh. »An der Millennium Bridge. So können wir am besten sehen, ob er auch wirklich allein ist.«
Das war eine Fußgängerbrücke, die sich über die Themse spannte und die Tate Modern und die St Paul’s Cathedral miteinander verband – ein gut gewählter Ort für ein heimliches Treffen.
»Und was dann?«
»Bring ihn ins Tate. Wir treffen uns dann in der Turbinenhalle.«
»Sie ... Sie werden dort sein?« Ich konnte meinen Widerwillen nicht verhehlen.
»Natürlich. Ich habe mit deinem jungen Mann etwas zu regeln.« Er verlagerte sein Gewicht auf die andere Seite und rülpste. »Ach, da fällt mir ein ... Er wird von dir verlangen, dass du ihm erzählst, was Sache ist. Du wirst kein Wort darüber verlieren, was du heute Abend gehört hast. Was ihn angeht, trefft ihr euch nur, weil er dein Seelenspiegel ist.«
Ich nickte, was wie Zustimmung aussah, aber ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte. Ich war total verwirrt.
Er winkte mich näher zu sich heran und packte meinen Arm mit der Schnittverletztung. Du wirst ihm nichts von alldem
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