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Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)

Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)

Titel: Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joss Stirling
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verstanden, worauf Sie hinauswollen.«
    Ich drückte eine Serviette auf die Wunde, beschmierte den blütenweißen Stoff mit Blut. Ich schob meinen Stuhl zurück und stand auf. »Entschuldigen Sie mich.«
    Der Seher entließ mich mit einer wegwerfenden Handbewegung. Ich verdeckte die Wunde mit der Serviette und stürmte aus dem Zimmer.
    »Alles in Ordnung, Miss?« Der Kellner fing mich an der Tür ab.
    »Ja, ja, nur ein kleines Missgeschick.« Mein Herz wummerte und ich sah wahrscheinlich aus wie eine Irre. »Wo sind ...?«
    Er verstand, was ich fragen wollte. »Hinter dieser Tür da, Miss.«
    Ich flüchtete mich auf die schicken Nobeltoiletten. Auf der marmornen Ablage stand ein Weidenkorb mit dicken flauschigen Handtüchern, die Wasserhähne funktionierten automatisch auf einen Wink mit der Hand, in der Ecke stand ein prachtvoller Blumenstrauß und auf einem kleinen Sims waren hochwertige Hygieneartikel aufgereiht: Es war alles dermaßen perfekt, dass ich den verrückten Wunsch verspürte, das Klo nie wieder zu verlassen, um in meine schmuddelige Welt zurückzukehren. Neuerdings schien ich viel Zeit mit derartigen Versteckspielchen zu verbringen. Ich trat ans Becken heran und hielt meine Schnittwunde unter den Wasserstrahl, rieb kurz mit etwas Seife darüber, um sie zu säubern. Es war zwar nur ein oberflächlicher Kratzer, aber es brannte. Der Hauch von Vorfreude, den ich noch vorhin beim Anblick des Hotels empfunden hatte, versickerte zusammen mit dem rot gefärbten Wasser im Ausguss. Ich warfür den Abend zwar aufgehübscht worden, aber ich war trotzdem bloß ein Werkzeug des Sehers, gefertigt, um Yves zu zerstören. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ich dazu benutzt werden würde, ihm wehzutun.
    Kasia kam herein und stellte sich neben mich, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie blickte mit gerunzelter Stirn auf die Wasserspritzer auf meinem Kleid. »Ich bin geschickt worden, um nach dir zu sehen.«
    »Mir geht’s gut«, log ich. Ich begegnete nicht ihrem Blick im Spiegel.
    »Es bestand keine Notwendigkeit für Dragon, das zu tun.« Kasia nahm mein Handgelenk und untersuchte den Schnitt. »Das verdirbt den ganzen Look. Glaubst du, dass es noch mal anfangen wird zu bluten?«
    Ich fragte mich, ob sie sich um mich oder um ihr weißes Kleid sorgte. »Ich glaub nicht.«
    »Vermutlich ist es das Beste, die Wunde einfach in Ruhe zu lassen. Ein Verband wäre sehr auffällig.«
    »Und er würde den Look verderben«, sagte ich matt.
    Sie drückte mir kurz die Hand. »Du musst dem Seher gefällig sein und darfst ihn vor seinen Geschäftspartnern nicht dumm dastehen lassen, das ist wichtig!«
    Daran hätte er denken sollen, bevor er Dragon befohlen hatte, vor aller Augen an mir herumzuschnitzen.
    »Warum bist du mit ihm zusammen, Kasia?«, sprudelte es plötzlich aus mir heraus. Sie schien im Grunde ihres Herzens ein lieber Mensch zu sein, was um alles in der Welt hatte sie in diesen Kreisen verloren?
    Sie lächelte mich im Spiegel an, mit fiebrig glänzendenAugen. »Der Seher ist der wundervollste Mann, den ich kenne. Das wirst du mit der Zeit auch noch begreifen.«
    Mir war klar, dass er ihr diese Ansicht eingepflanzt hatte. Sie war bemitleidenswert, weil sie nicht erkannte, dass sie in Wahrheit eine Gefangene war genau wie ich, wenn auch aus anderen Gründen. Hätte ich zwischen beidem wählen müssen, ich hätte mich immer für meine Form der Knechtschaft entschieden. Während ich meinen Arm trocken tupfte, fragte ich mich, ob meine Mutter auch dieses falsche Vertrauen in den Seher gesetzt hatte; meine Erinnerung an sie war zu stark verblasst und ich wusste nicht mehr, was sie wirklich gedacht hatte, aber ich konnte sagen, dass sie nie ein schlechtes Wort über ihn verloren hatte. Sie hatte mir kurz vor ihrem Tod zugeredet, dass ich versuchen sollte, in der Community zu bleiben, und es hatte geklungen, als wäre das meine einzige Option auf ein Zuhause. Und ich hatte auf ihre Worte vertraut. Noch eine falsche Hoffnung, die gesät worden war, diesmal unabsichtlich von jemandem, der mich sehr geliebt hatte. Als ich das verschmutzte Handtuch in den Abfalleimer warf, kam mir der Gedanke, dass sie der einzige Mensch war, der mich je geliebt hatte. Selbst Yves würde nie wahre Liebe für mich empfinden können, denn uns verband vor allem das Schicksal oder die Gene oder irgendwas in der Art. Schon richtig, ich könnte mich in ihn verlieben, in seine sanfte Art, seine Intelligenz und zugegebenermaßen in sein

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