Saving Phoenix Die Macht der Seelen 2: Roman (German Edition)
da, wo ich herkomme. Familien funktionieren da anders.«
»Du hast noch keine Familie gehabt, Phee, jedenfalls für lange Zeit nicht. Soweit ich weiß, hattest du niemanden.« Sein Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an. »Aber das hat sich seit gestern geändert. Jetzt hast du einen großen Clan mit vielen nervigen Brüdern, die auf dich aufpassen – und einer Schwester, nämlich Sky, sie ist der Seelenspiegel meines Bruders. Und wart’s nur ab, bis meine Mutter erst mal gehört hat, dass deine Mutter nicht mehr lebt. Sie hat sich immer eine Tochtergewünscht und ich glaube, du passt perfekt ins Anforderungsprofil. Ehe du weißt, wie dir geschieht, wird sie dich mit zum Shoppen schleppen und diesen ganzen anderen Mädchenkram mit dir machen.«
Ich lächelte traurig. »Das klingt toll.«
»Es wird genial, wirst sehen.« Yves gab der Kellnerin eine Zehnpfundnote und wartete wieder nicht aufs Wechselgeld. Diesmal protestierte ich nicht. »Dann lass uns mal unseren Plan besprechen.«
Wir standen vom Tisch auf und ich hakte mich bei ihm unter. Wir schlenderten langsam den breiten Bürgersteig am Themseufer hinunter, machten einem Skateboardfahrer Platz, der an uns vorbeiwedelte.
»Ist deine Abschirmung stabil?«, fragte ich; mir war leicht übel, jetzt, da wir aufs Tate zuhielten.
»Klaro. Wenn man in einer Familie von Savants lebt, in der einige Gedanken lesen können, lernt man ganz schnell, stabile Abschirmungen zu errichten.«
»Pass bloß auf, dass unser Anführer nicht in deinen Kopf eindringt. Er ist in der Lage, an den Schaltern im Hirn rumzuspielen. Ich weiß nicht mal, was er mir genau eingepflanzt hat, aber ich schätze, er wollte sich davor schützen, dass sich irgendeiner von uns gegen ihn stellt.«
»Okay. Ich sorge dafür, dass er mich nicht drankriegt. Ich kann dir übrigens auch mit deiner Abschirmung helfen, wenn du mich lässt.«
Er klang für meinen Geschmack einen Tick zu sehr von sich selbst überzeugt. Ob ihm überhaupt klar war, dass seine intellektuellen Fähigkeiten in meiner Welt völlig nutzlos waren? Ich schaute zu, wie ein WassertaxiRichtung Greenwich flitzte und eine Spur von weiß schäumendem Kielwasser hinterließ. Der Tumult der Stadt übertönte fast alle anderen Geräusche; ich konnte kaum das Röhren des Bootsmotors hören. »Wie willst du das denn anstellen?«
»Ich könnte meiner Umgebung Energie entziehen und sie dir zuführen, damit du deinen Schild verstärken kannst.«
»Echt? Klingt super. Aber meine Abwehr zerbröckelt jedes Mal, wenn ich ihm gegenüberstehe, in null Komma nichts.«
»Diesmal nicht. Ich habe schon von klein auf lernen müssen, meine Begabung zu kontrollieren, um nicht alles, worüber ich mich ärgerte, einfach in Flammen aufgehen zu lassen. Mittlerweile bin ich also richtig gut darin, auch unter Druck die Beherrschung zu bewahren.«
»Außer wenn ich in der Nähe bin.«
»Tja, na ja, daran arbeite ich noch. Jetzt mach mal halblang – das ist der erste Tag.«
Ich seufzte. »Es wird ihm nicht gefallen, wenn ich ihn abwehre. Mir wär’s lieber, du unternimmst heute noch nichts, sonst bestraft er mich dafür, dass ich mich ihm vor aller Augen widersetze.« Ich berührte die Schramme an meinem Arm, rief mir wieder seine Machtdemonstration von gestern in Erinnerung.
Meine Handbewegung machte Yves auf die Schnittwunde aufmerksam. »War er das?«
Ich zuckte mit den Achseln. »Indirekt schon. Ich hab nicht übertrieben, als ich sagte, dass er keine Skrupel hat, uns wehzutun, damit wir ihm gehorchen.«
Yves kämpfte die aufsteigende Wut nieder, indem er tief Luft holte. »Okay. Lass uns die Sache langsam angehen. Wenn der Rest meiner Familie da ist, haben wir ausreichend Verstärkung, um dir bei der Abwehr zu helfen. Heute finden wir erst mal heraus, was er eigentlich will.«
»Es wird dir nicht gefallen.«
Er blieb stehen, schlang beide Arme um mich und legte sein Kinn auf meinen Kopf. »Nein, vermutlich nicht.«
»Also, wir gehen da jetzt rein, du hörst dir an, was er zu sagen hat, und dann verschwindest du wieder.« Mein Gesicht war an seiner Brust vergraben und meine Stimme klang gedämpft.
»Ja, so machen wir’s, allerdings mit einer kleinen Korrektur: Wir verschwinden.«
»Das wird er nicht gestatten.«
»Das werden wir ja sehen.«
Ich hatte Angst um ihn, meinen süßen, intellektuellen Seelenspiegel. Er hatte ja keine Ahnung, worauf er sich da einließ, und ich musste ihn davor bewahren, seinen Gegner zu unterschätzen. Ich
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