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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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hatte ich schon seit zu vielen Jahren nicht mehr gedacht. Der Knall einer Waffe, die Schreie der Verletzten.
    Viel zu einfach. Auf Menschen zu schießen, meine ich. Leichter als einen Hirsch zu erlegen, jedenfalls meistens. Aber danach wurde man irgendwie seltsam. Jedes Mal etwas weniger menschlich, aber mit dem Wissen, dass man es tun konnte, wenn es nötig war.
    Ich dachte daran, wie ich vor der Bar gestanden hatte. An die Arbeit, die ich ins Haus gesteckt hatte. An jeden Geldschein, den ich nach Hause getragen und neben der Eiche vergraben hatte.
    Maggie hatte mich reingelegt, aber ich hasste sie dafür nicht. Kein Stück. Ich hasste mich selbst, weil ich in eine Routine verfallen war, ein Gefühl der Zufriedenheit und erschöpften Resignation. Ein Pesthauch des Lebens, der es ihr leichtgemacht hatte, mir so etwas anzutun.
    Etwas kam nicht zu jemandem, der wartete, der im Müll herumkramte und hoffte, einen Schatz zu finden. Es kam zu jenen, die zugriffen.
    Doch dann fragte ich mich, ob es die gleiche Haltung war, die dazu geführt hatte, dass die Welt ihre Ressourcen verbrannte und uns den Bodensatz überließ.
    Viele Eventualitäten summten in meinem Hinterkopf herum. Ich brachte sie mit einem Schlag zum Schweigen. Ich hatte eine Entscheidung getroffen. Ich wollte mein verdammtes Geld haben.
    Danach würde ich mir überlegen, was ich als Nächstes tun wollte.
    Ich lief zum Edgewater-Gebäude und pochte gegen die Tür, bis ein misstrauischer S. Whatten kam und mich durch die Gitter und den Maschendraht betrachtete.
    »Was, zum Teufel, wollen Sie noch, Stratton?«
    »Der Anwalt, wer war das?«
    Whattens mitleidiger Blick triefte vor Verachtung. »Hören Sie auf, Stratton. Wir wissen den Namen dieses Anwalts nicht. Und tun Sie nicht so, als wären Sie noch nie einem Anwalt begegnet und wüssten nicht, wie so etwas läuft.«
    Ich wusste, wie es lief. Seit der Verabschiedung des Anwaltschutzgesetzes traten Anwälte nicht mehr unter ihrem Namen, sondern unter verschlüsselten Chiffres auf, um ihre Identität zu schützen. Zu viele waren irgendwann mit einer Schlinge um den Hals an Straßenlampen aufgehängt worden. »Seine Chiffre, geben Sie mir seine Chiffre.« Aber es konnte auch jemand gewesen sein, der geinstet worden war, um einen Anwalt in Realzeit zu vertreten, der über einen Knopf im Ohr Anweisungen erhielt, was er wann sagen sollte – oder ein geinsteter Auszubildender eines Anwalts oder vielleicht auch der Anwalt persönlich.
    Heutzutage war das schwer zu sagen. Es war ein riskanter B eruf.
    »Ist längst abgelaufen. Stratton, was soll das?«
    »Sie schulden mir Geld. Ich will bezahlt werden. Ich habe ihn draußen an der Brücke gesehen, wo er sich in einem Obdachlosenlager versteckt hat. Wer hat mein Bußgeld bezahlt, vielleicht wissen Sie das?« Irgendetwas mussten sie doch in der Hand haben.
    Whatten rückte näher an den Maschendraht heran. Aber er berührte ihn nicht. Das Metall stand unter Strom. »Wollen Sie wirklich diesen Anwalt zu fassen kriegen?«
    Ich verschränkte die Arme und nickte.
    »Okay«, sagte Whatten. »Wir wollen ihn auch. Wir wollen wissen, was, zum Teufel, hier vor sich geht. Wenn Sie ihn finden oder irgendwas rausfinden, werden wir Sie sofort für diese Information bezahlen.«
    Sie wollten verzweifelt mehr wissen, auch wenn es nur ein Krümel war. Während sie sich in ihrer Festung verbarrikadiert hatten. Ich spürte, wie mir ein kalter Schauder über den Rücken lief.
    »Ich will nur, dass Sie mich auszahlen. Wenn ich sonst etwas erfahre, gebe ich es an Sie weiter.«
    Whatten wackelte mit dem Kopf, als er überlegte, ob er mir vertrauen konnte. Ich sah die kleine Wolke der Verzweiflung, die über ihm hing.
    Er sackte in sich zusammen. »Ich werde Ihnen einen Mietwagenchip geben. Und einen Cash-Bonus.« Er nannte eine Summe.
    Eine gute Summe.
    Die Jungs hatten wirklich große Angst.
    Ich nahm es an. »Was wissen Sie?«
    »Ihr Bußgeld wurde von Raumschiff Detroit bezahlt, einer nicht-kommerziellen Organisation.«
    Das klang seltsam. »Wer, zum Teufel, sind diese Leute?«
    Whatten wusste es nicht.
    »Was macht diese Organisation?«
    Auch das wusste Whatten nicht.
    Aber es war immerhin etwas. Ich kehrte ihm den Rücken zu.
    Raumschiff Detroit. Sie würden mich bezahlen. Oder mir einen anderen Job beschaffen. Ich würde mich für großes Geld verprügeln lassen.
    Aber ansonsten konnte ich es da draußen spüren. Etwas bewegte sich in der Stadt. Etwas Großes. Und ich wollte mir ein

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