Schadensersatz
war ich weg.
Angeborene Vorsicht veranlasste mich, die Treppenaufgänge und den Gehsteig einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen, bevor ich mich auf die Straße begab. Ich stieg sogar erst dann ins Auto, nachdem ich einen Blick auf den Rücksitz und unter die Motorhaube geworfen hatte, um sicherzugehen, dass sich niemand daran zu schaffen gemacht hatte. Smeissen ging mir immer noch nach.
Auf dem Kennedy Expressway herrschte der übliche Montagmorgen-Verkehr, bereichert durch jene Nachzügler, die erst in allerletzter Minute von ihrem Wochenende auf dem Lande heimwärts pilgerten. Als ich den stadtauswärts führenden Edens Expressway erreichte, hatte ich die Straße jedoch beinahe ganz für mich allein. Ich hatte Jill Thayer meine Karte hauptsächlich zugesteckt, um ihr das Gefühl zu vermitteln, dass sich jemand um sie sorgt, und nicht etwa deshalb, weil ich einen SOS-Anruf erwartete. Der Teil meines Kopfes, der nicht wachsam auf Radarfallen achtete, beschäftigte sich mit der Frage, was wohl den Hilferuf ausgelöst haben konnte. Ein Teenager aus der Provinz, noch nie mit dem Tod konfrontiert, war leicht durch alles aus der Fassung zu bringen, was damit irgendwie zusammenhing. Allerdings war sie mir durchaus vernünftig vorgekommen. Ich fragte mich, ob ihr Vater wohl endgültig durchgedreht haben mochte.
Ich war von Lottys Wohnung um 7 Uhr 42 abgefahren, und um 8 Uhr 03 bog ich in die Willow Road ein.
Guter Schnitt für fünfundzwanzig Kilometer, besonders wenn man berücksichtigte, dass fünf Kilometer davon durch den dichten Verkehr der Addison Street geführt hatten. Um 8 Uhr 09 traf ich an der Toreinfahrt des Thayerschen Hauses ein. Weiter kam ich nicht. Was immer auch geschehen sein mochte - es hatte phänomenale Aufregung verursacht. Die Einfahrt wurde blockiert von einem Polizeifahrzeug mit Blaulicht aus Winnetka, und auf dem Grundstück - soweit ich es einsehen konnte - befanden sich weitere Fahrzeuge und eine Menge Polizisten. Ich setzte den Chevy ein wenig zurück und parkte am Rande des Kieswegs.
Erst als ich den Motor abgestellt hatte und ausstieg, bemerkte ich den glänzenden schwarzen Mercedes, der am Samstag noch die Auffahrt flankiert hatte. Aber er stand nun nicht mehr dort, sondern lag quer im Straßengraben. Elegant und glänzend war er auch nicht mehr. Die Vorderreifen waren platt, die Windschutzscheibe bestand nur noch aus unzähligen Glassplittern, die einen Strahlenkranz um kreisrunde Löcher bildeten. Ich vermutete, dass das eine ziemliche Anzahl von Geschossen angerichtet hatte.
In meiner Gegend hätte es bei einem solchen Anlass einen Auflauf gaffender und lauthals diskutierender Menschen gegeben. Hier, am Nordufer, hatte sich ebenfalls ein Grüppchen versammelt, das aber bezüglich Größe und Lautstärke keinen Vergleich mit Straßen wie der Halsted Street und der Belmont Avenue zuließ. Die Leute wurden von einem schlanken jungen Polizisten mit Bärtchen auf Distanz gehalten.
»Mann, die haben Mr. Thayers Wagen ganz schön erwischt«, sagte ich beim Heranschlendern zu dem jungen Mann.
Wenn das Unheil seinen Lauf nimmt, ist die Polizei stets darauf bedacht, alle Informationen schön für sich zu behalten. Sie sagen nie, was passiert ist, und sie geben niemals Antwort auf gezielte Fragen.
Winnetkas Elite machte hier keine Ausnahme. »Was wollen Sie hier?«, fragte der junge Mann misstrauisch.
Ich war gerade im Begriff, ihm freimütig die Wahrheit zu sagen, als mir klar wurde, dass ich damit niemals an der Herde in der Auffahrt vorbeigelangen würde. »Mein Name ist V. I. Warshawski«, erklärte ich mit einem - wie ich hoffte - unschuldigen Lächeln. »Ich war früher Jill Thayers Gouvernante. Als das Theater heute Früh anfing, bat sie mich telefonisch, herzukommen und ihr beizustehen.«
Der junge Polizist runzelte die Stirn. »Haben Sie Papiere bei sich?«
»Natürlich«, meinte ich wahrheitsgemäß. Ich fragte mich zwar, inwieweit ein Führerschein geeignet war, meine Geschichte zu belegen, zog ihn jedoch entgegenkommenderweise hervor und reichte ihn dem jungen Mann.
»In Ordnung«, befand er, nachdem er ihn so lange angeschaut hatte, dass er inzwischen die Nummer auswendig gelernt haben musste, »Sie können mit dem Sergeant reden.«
Er verließ seinen Posten, um mich zum Einfahrtstor zu begleiten. »Sarge!«, dröhnte er. Einer der Männer in Türnähe blickte auf. »Hier ist die Gouvernante der kleinen Thayer!«, rief er, wobei er seine Hände wie einen Trichter vor
Weitere Kostenlose Bücher