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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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mit einer roten Schleife um
den Hals. Eine verschlossene schwarze Metallschachtel. Eine
Sonnenuhr, deren in den Stein gemeißelte Ziffern so alt
waren, daß sie im starken Sonnenschein beinahe unsichtbar
waren. Ein Zelt voller Ziegen. Silberne Bierkrüge auf einer
polierten Anrichte…
    Die Bierkrüge waren George III. Und sie
gehörten… sie gehörten…
    Verdammt. Was war bloß mit seinem Kopf los? Er
konnte jetzt nicht schlappmachen, nicht, wo Hattons Gorillas da
draußen waren und Mallies Vermögen irgendwo in einer
Höhle hier in der Gegend auf ihn wartete. Und Caroline
würde so beeindruckt sein…
    Caroline? Welche Frau, die er kannte, hieß Caroline?
    Caroline Herschel, Caroline Calarco, Caroline von
Braunschweig-Wolfenbüttel, Carolyn Thompson, Caroline
Matilda, Caroline Spurgeon, Caroline Chin…
    Robbie fuhr den Luftwagen rückwärts unter den
Bäumen heraus. Er schwitzte in der kalten Luft. Er ging auf
achtzehn Meter und aktivierte das Bodenradar. Kein Licht; es gab
zu viele Möglichkeiten, damit gesehen zu werden. Er starrte
auf den Bildschirm, der ihm zeigte, was unter ihm und vor ihm
war, und begann, vorsichtig und frustrierend langsam zwischen den
Kämmen, den Bergen und Hügeln hindurch, über die
Schluchten und unsichtbaren Seen hinweg in der Dunkelheit nach
Südosten zu fliegen.
     
    Es war fast schon Mitternacht, als er einen Highway erreichte,
ein dünnes Band harter Glätte auf seinem Radarschirm.
Ein Scheinwerferpaar raste darauf entlang. Robbie, dem die Augen
brannten und die Muskeln in Schultern und Rücken weh taten,
erhöhte seine Geschwindigkeit, um dem Bodenwagen zu folgen.
Er blieb hundert Meter hinter und zwanzig Meter über ihm, im
Blindflug. Der Highway schlängelte sich in rasantem Tempo
über den Schirm.
    Schließlich fand er, was er vor Müdigkeit kaum noch
erkennen konnte: eine einsame Ansammlung verstreuter Lichter mit
leuchtendem Neon in der Mitte. Nicht einmal ein Holo, sondern
bloß altmodisches Neon. Flächen tieferer Dunkelheit
lagen im Westen: Wälder.
    Er landete am fernen Waldrand, ein gutes Stück vom
Highway entfernt, fuhr den Wagen ganz langsam unter die
Bäume und verschloß ihn. Robbies Taschenlampe war
stark, aber die stille Schwärze des Waldes ging ihm auf die
Nerven. Er fühlte etwas Weiches unter seinem linken
Fuß quatschen und beschloß, die Lampe nicht nach
unten zu schwenken und nachzusehen. Gerüche stiegen um ihn
auf, Gerüche, die er in der Stadt nicht kennengelernt hatte,
und sie desorientierten ihn noch mehr: feuchte Blätter,
Pinien und der starke, süße Geruch von Verwesung.
Einmal stolperte er und fiel der Länge nach über einen
kleinen Stamm, der so morsch war, daß er völlig
lautlos unter ihm zerbröselte. Als er bei dem Motel ankam,
war er erleichtert.
    Das Büro war ein einzelner Raum mit sich ablösender
Tapete und einem Tresen, einem durchgesessenen Lehnsessel, dem
eine Armstütze fehlte, und einem uralten Terminal, das wie
eine schmutzige Plastikkiste aussah. Eine verschossene
Indianerdecke hing vor einem Durchgang hinter dem Tresen, auf dem
nur eine Glocke stand. Robbie klingelte.
    Eine junge Frau mit langen schwarzen Zöpfen schob die
Decke beiseite. Sie trug Jeans und ein weites Hemd, war jedoch
nicht geschminkt und trug auch kein Stirnband. Ihr Gesicht war
völlig ausdruckslos.
    »Ein Zimmer, bitte«, sagte Robbie. »Mein
Wagen hat auf dem Highway den Geist aufgegeben. Und ich
möchte gleich bezahlen.«
    Die Frau musterte ihn wortlos.
    »Wieviel?« fragte Robbie zu laut. Er hatte
Probleme mit der Decke an der Wand. Die verblaßten Muster
bewegten sich zu stark.
    »Fünfundsiebzig«, sagte die Decke, oder
vielmehr die Frau. Robbie fummelte an seiner Geldbörse
herum. Ein fleckiges Buch erschien vor ihm: ein Gästebuch.
Sein Name. Sie wollte, daß er ihn hineinschrieb. Er tat
es.
    »Soll ich einen Abschleppwagen holen?«
    Robbie sah sie an. Die Decke wich zurück, kam wieder
näher und wich erneut zurück; sie wollte ihm etwas
sagen.
    »Für den Wagen«, setzte sie hinzu.
    »Oh. Nein. Doch. Morgen früh.«
    »Soll mir recht sein. Sie haben ihre Kontonummer nicht
angegeben.«
    »Ich habe doch bar bezahlt.«
    »Falls Sie was kaputtmachen.«
    »Hab ich in Liberia nie gebraucht«, sagte Robbie
entweder zu der Frau oder zu der Decke und wartete.
    Sie zuckte die Achseln. »Soll mir recht sein. Ich soll
danach fragen, ich hab gefragt. Zimmer vier, zur Tür raus
und dann

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