Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
sich, warum man sie
hereingelassen hatte. Man wußte nie, wie die örtliche
Politik aussah. Während der Luftwagen langsam nach unten
sank, sah er, daß die meisten einen Mann umringten, in
dessen Gesicht die Müdigkeit zu vieler Wiederholungen von
Informationen gegenüber Leuten stand, die etwas anderes
hören wollten.
    Caroline riß die Tür auf, noch bevor Jason ganz
gelandet war, sprang hinaus und lief zum intakten Ende des
zerstörten Gebäudes. Ein Nationalgardist rief ihr nach:
»He, Miss, kommen Sie her –
Sicherheitskontrolle!« Caroline beachtete ihn nicht. Der
Cop rief sie erneut, sein Gesicht wurde rot, und er lief ihr
nach. Joe fing ihn ab.
    »Sie ist eine Mutter. Ihr kleines Mädchen war in
diesem Wohnheim. Catherine Long. Das Heim hat sie von dem
Anschlag benachrichtigt, und sie ist hier, um nach ihrer Tochter
zu sehen.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ihr Anwalt. Brauchen Sie einen Ausweis?«
    Der Cop ignorierte ihn und wiederholte alles, was Joe ihm
erzählt hatte, für das Mikro an seinem Handgelenk. Auf
der Uniform des Nationalgardisten waren Rußflecken, und
Ruß zog sich in langen Streifen über seine Wange. Eine
Frau kam über den Rasen auf Caroline zugelaufen und
führte sie zu einem anderen Gebäude am jenseitigen Ende
des Geländes.
    Als der Cop sein Gespräch mit dem Sicherheitsterminal
beendet hatte, fragte Joe: »Angriff vom Boden
aus?«
    »Aus der Luft.«
    »Irgendwelche Bekennerbriefe oder Anrufe?«
    »Ist das noch nötig?« erwiderte der Cop.
»Der dritte allein in diesem Staat in den letzten drei
Monaten.«
    »Mhmmm«, sagte Joe abwartend. Bei Cops gab es zwei
Möglichkeiten, was ihre politische Einstellung betraf. Viele
von ihnen waren gegen die Steuererhöhungen, die die Seuche
so sicher mit sich gebracht hatte wie die kürzlich isolierte
DNA.
    »Diese miesen Hurensöhne. Ich würde am
liebsten das ganze Hauptquartier dieser >Amerikaner für
ein sauberes Land< wieder in das Klo zurückbombardieren,
aus dem sie rausgekommen sind.« Er sah Joe direkt an.
»Ich hab einen Bruder, der die Seuche hat.«
    In diesem Fall gab es in bezug auf die politische Einstellung
nur eine einzige Möglichkeit. Wenn es einen selbst traf,
dann traf es einen wirklich.
    »Irgendeine Ahnung, warum gerade dieses Heim?«
fragte Joe. »Es ist privat und kriegt keine
Unterstützung aus Steuermitteln.« Aber der Cop wandte
sich mit der kalten, finsteren Miene eines Mannes ab, der bereits
zuviel gesagt zu haben glaubte. Joe folgte Caroline in das andere
Wohnheim.
    Im Foyer ging es zu wie im Irrenhaus. Die eleganten
grünen Stühle waren allesamt von Patienten, Verwandten
und geplagten Schwestern besetzt. Joe kam an einer älteren
Frau in einem zerrissenen, rauchgeschwärzten Bademantel
vorbei, die energisch einen nicht vorhandenen Kuchenteig in einer
nicht vorhandenen Schüssel anrührte. Sie summte
glücklich vor sich hin, ohne das geronnene Blut an ihrem Arm
zu beachten. Eine jüngere Frau hing schluchzend über
ihr. Die ältere Frau schaute nicht von ihrem Kuchenteig
auf.
    »Catherine Long, bitte.«
    »Zimmer 247«, sagte die Empfangsdame und wandte
sich einem Mann zu, der auf sie zugerannt kam und nach seinem
Sohn fragte.
    Das Treppenhaus stammte aus dem letzten Jahrhundert, die
Bauweise noch aus dem Jahrhundert davor: breite, gebogene Stufen,
ein poliertes Geländer. Joe dachte wieder an Schwester
Margaret. Er hoffte, daß sie die Mittel bekommen hatte, um
ihre Wohlfahrtspatienten zu verlegen.
    Caroline war in Zimmer 247, und sie weinte nicht. Sie
saß mit steinerner Miene auf einem tiefen Fensterbrett am
anderen Ende des großen Zimmers, rauchte und hörte
einer Frau in einem teuren Schneiderkostüm zu. Joe hatte
Caroline noch nie rauchen sehen. Bei ihnen stand ein großer
Mann mit einem Mantel über dem Arm, der Joe den Rücken
zukehrte. Es waren noch zwei weitere Leute in dem Zimmer, das
zwei separate Zimmer hätte sein können, so scharf wurde
der Raum von einem hellblauen Teppich geteilt.
    Die von dem Teppich bedeckte Hälfte des Zimmers war mit
Spielzeug und Kindermöbeln angefüllt: ein weißes
Korbbett, eine Kommode, ein Schaukelstuhl, Regale, ein kleiner
Schreibtisch mit einem populären Computermodell, das mitten
in einem Computerspiel eingefroren war. Das Terminal sang leise.
Mitten auf dem Teppich saß ein kleines Mädchen mit
einem schmalen, ernsten Gesicht und baute mit einer viel zu
starken Konzentration für sein Alter Legosteine

Weitere Kostenlose Bücher