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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Dinge. Alkoholismus im fortgeschrittenen Stadium.
Tumore, die direkt aufs Gehirn drücken. Wir wissen sogar wo,
und zwar so genau, daß wir Korsakow wahrscheinlich
künstlich auslösen könnten.«
    »Wir wissen genau, wo Korsakow sitzt«, sagte
Caroline bitter, »und überhaupt nichts darüber,
wo das Seuchenvirus sitzt. Wie viele Menschen sind jeweils
betroffen?«
    Joe antwortete nicht. Jason wartete beim Luftwagen. Als sie
einstiegen, sagte Joe: »Nicht alle Korsakow-Patienten sind
so. Einige behalten gewisse Dinge wochenlang im Gedächtnis,
bevor die Erinnerungen verblassen. Und manche sind brillant,
besonders beim Theater und solchen Sachen, wo es darauf ankommt,
so zu tun, als ob, und dann an das zu glauben, was man spielt.
Ich habe mal eine Aufführung von Heinrich IV. in
einem Bundesgefängnis gesehen, mit einem Falstaff, der
Korsakow hatte. Dabei habe ich eine Gänsehaut bekommen. Er war Falstaff, auf eine tiefgründige Weise, die kein
normaler Schauspieler je kopieren könnte.«
    »Unterschätzen Sie die Selbsttäuschungskraft
des normalen Schauspielers nicht«, sagte Caroline
trocken.
    Der Luftwagen hob ab. Als sie das Dach von Catherines Wohnheim
hinter sich ließen, erkannte Joe plötzlich, was die
Kleine mit ihren Legosteinen gebaut hatte, was sie immer wieder
mit ihnen bauen würde, für den Rest ihres Lebens: eine
ebene Fläche, eine kurze Treppe, ein Proszenium und eine
Versenkung. Eine Puppenbühne.
     
    Es war fast schon Mitternacht, als der Luftwagen auf der
Auffahrt des Instituts landete. Pater Shahid wartete in der
Eingangshalle. Joe erhaschte einen Blick auf die nervöse
Miene des Priesters, als dieser Carolines Gesicht rasch musterte,
bevor sich sein eigenes wieder entspannte.
    »Morgen, Patrick«, sagte Caroline brüsk.
»Das kann warten.«
    »Wenn Sie meinen, es kann warten, dann ist es so«,
sagte Shahid leise. »Aber Caroline – schalten Sie
sich heute nacht nicht mehr in die Netze ein. Heute nacht
nicht.«
    Caroline antwortete nicht. Ihre Absätze klapperten
über den Fußboden. Im Fahrstuhl sagte Joe sanft:
»Ich wußte nicht, daß Sie katholisch
sind.«
    Sie warf ihm einen belustigten Blick zu. »Bin ich nicht.
Wir sind Freunde.«
    Joe brauchte einen Moment, um das zu verdauen. Er hatte sich
in Gegenwart des Priesters/Historikers nie wohlgefühlt und
war nie bereit gewesen, sich zu fragen, woran das lag.
»Warum hat er das mit den Netzen gesagt?«
    Caroline machte eine wegwerfende Geste, eine rasche Drehung
des Handgelenks, bei der Licht über die dünnen Knochen
blitzte. »Ich suche häufig im Karnie-Datennetz herum.
Zu häufig, meint Shahid.« Joe riß seinen Blick
von ihrem Handgelenk los.
    Aber an ihrer Tür legte sie ihm auf einmal die Hand auf
den Arm. »Bleiben Sie heute nacht bei mir, Joe.«
    Das kam völlig unerwartet. Skepsis keimte in ihm auf. Sie
stand da, die andere Hand am Türknopf; das gedämpfte
Flurlicht lag weich auf ihrem braunen Haar, und sie hatte ihr
müdes Gesicht zu seinem erhoben. Er hatte keine Ahnung, was
er dort sah. Wollte sie mit ihm schlafen? Wo war Brekke? Ihre
Hand lag sanft und zaghaft auf seinem Arm, aber ihr Lächeln
hatte nichts Zaghaftes. »Sie sollten Ihr Gesicht sehen,
Joe. Nein, wir müssen uns nicht lieben. Oder auch nur
miteinander schlafen, wenn Sie nicht wollen. Ich weiß,
daß Sie nicht viel von mir halten. Und keine hysterischen
Szenen, das verspreche ich. Ich will nur nicht… allein
sein.«
    Er reagierte auf das Stocken in ihrer Stimme und griff nach
ihr, als sie plötzlich zurückwich und ihn angrinste,
wobei ihre Augen nervös und schalkhaft aufblitzten.
»Und ich kann ja wohl kaum Patrick bitten, zu mir aufs
Zimmer zu kommen und mich die ganze Nacht in den Armen zu
halten.« Der Schalk in ihren Augen verschwand. Sie stand
ruhig da und wartete. Er dachte, daß er noch nie einem
Menschen begegnet war, der ihn derartig vor Rätsel gestellt
und gleichzeitig so argwöhnisch gemacht hatte. Die Haut
unter ihren Augen war schlaff vor Müdigkeit und ließ
sie endlich so alt aussehen, wie sie sein mußte, um eine
Tochter in Catherines Alter zu haben. Die Schulternaht ihrer
teuren Lederjacke, die wahrscheinlich mehr gekostet hatte als der
größte Teil seiner ganzen Garderobe zusammen, hatte
einen winzigen Riß. Das Ausmaß seiner Erektion war
ihm peinlich.
    »Was ist mit Brekke?« fragte er.
    Das schien sie nicht durcheinander zu bringen. »Der ist
weg. Und es war sowieso

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