Schaenderblut - Thriller
Schulterzucken.
»Wir müssen trotzdem mit Ihnen sprechen. Es dauert nur einen Moment. Dürfen wir hineinkommen?« Montgomery schob den Fuß in den Türspalt, aber Miles stellte sich ihm in den Weg.
Der große schwarze Polizist und sein noch imposanteres Gegenüber starrten sich für einige angespannte Sekunden in die Augen. Die Luft knisterte vor Feindseligkeit. Lionel Miles musste Mitte 50 sein, befand sich aber in hervorragender körperlicher Verfassung. Adern traten an seinem Hals und den Unterarmen hervor, als ein Ruck durch seinen Körper ging. Er taxierte den ungebetenen Besucher noch einen Moment länger, drehte sich dann wortlos um und stapfte ins Haus zurück. Die Tür ließ er offen stehen.
»Also, was wollen Sie über meinen Jungen wissen?«
Die Polizisten sahen sich an und stießen erleichtert die Luft aus. Kurz waren sie davon überzeugt gewesen, dass es zu Handgreiflichkeiten kommen würde, und der Ausgang eines solchen Kampfes wäre schwer abzuschätzen gewesen.
»Ihr Sohn ist möglicherweise ein wichtiger Zeuge in einem Mordfall, deshalb müssen wir ihn dringend finden.«
Die Augen des Mannes verengten sich misstrauisch. »Sie meinen, Sie verdächtigen ihn?«
»Warum sagen Sie das?«
»Warum sonst sollten zwei Bullen an meiner Tür auftauchen und sich mit mir anlegen, nur um herauszufinden, ob der Junge sich hier versteckt hält oder was auch immer?«
»Wir hätten nicht ...«
»Sparen Sie sich das Gerede um den heißen Brei. Wir wissen alle, was passiert wäre.«
»Okay, also ... ist der Junge hier?«
»Ich habe es Ihnen doch gesagt. Seit er das College besucht, gibt es keinen Kontakt mehr. Wir stehen uns nicht sonderlich nah.«
»Dann wird es Ihnen sicher nichts ausmachen, wenn wir uns im Haus ein wenig umsehen?«, fragte Volario und ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen.
Es war spärlich möbliert, aber sauber. Ein riesiger 52-Zoll-Flachbildfernseher quetschte sich zusammen mit einem Dolby-Surround-System und einem DVD-Player in die Schrankwand. Gegenüber standen ein Ledersofa und ein riesiger Fernsehsessel. Nur wenige Bilder hingen an der Wand. Keine Familienfotos. Kein einziges Bild vom Sohn. Nicht einmal ein Hochzeitsfoto. Dafür gab es eine beeindruckende Waffensammlung. Ein Samuraischwert, einen britischen Säbel, ein schottisches Breitschwert und sogar ein indisches Khukuri. Montgomery nahm es wortlos zur Kenntnis.
»Wenn Sie sich ausgiebiger umsehen wollen, sollten Sie sich einen Durchsuchungsbeschluss besorgen. Sonst müssten Sie mich schon zusammenschlagen.«
»Ganz ruhig, großer Mann. Nur noch ein paar Fragen, und wir sind wieder weg.«
»Meine Aufmerksamkeit haben Sie. Also stellen Sie Ihre Fragen.«
»Sie scheinen nicht sonderlich überrascht zu sein, dass wir hier sind. Gibt es einen Grund für Sie, anzunehmen, dass Ihr Sohn in eine Straftat verwickelt sein könnte?«
»Na, dazu müssten Sie mir erst einmal verraten, was er angeblich getan haben soll.«
»Wir haben eine Bibliothekarin aus seinem College ermordet aufgefunden. Verstümmelt und sexuell missbraucht. Er war der Letzte, der sie lebend gesehen hat, bevor sie verschwand.«
Die Polizisten waren erschrocken über den Ausdruck, der sich explosionsartig auf dem Gesicht des Mannes ausbreitete. Seine Brust schwoll an und es war offensichtlich, dass er sich bemühte, ein Lächeln zu unterdrücken. Zuerst war Montgomery verblüfft. Dann wurde ihm klar, was sich in der Miene des Mannes abzeichnete. Stolz.
»Nein, meine Herren. Es gibt keinen Grund für mich, zu glauben, dass mein Junge zu so etwas in der Lage sein könnte. Joe war schon immer verweichlicht. Er hat ins Bett gemacht, als er ein Kind war. Dass er als Mörder durch die Gegend zieht, halte ich für ausgeschlossen. Lassen Sie sich nicht von seinen Muskeln täuschen. Seine Mutter hat ihn gründlich verzogen. Es wundert mich, dass er nicht zu einer dieser Schwuchteln geworden ist, die man überall in der Stadt knutschend und Händchen haltend rumlaufen sieht. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden ... Die Dame des Hauses müsste jeden Moment vom Einkaufen nach Hause kommen und sie hält nicht sonderlich viel von Besuch.«
»Also dann, vielen Dank für Ihre Mithilfe«, sagte Volario mit enttäuschtem Gesicht.
Die Beamten verließen das Haus und wunderten sich nicht, als die Tür hinter ihnen mit einem lauten Knall zugeschlagen wurde.
»Mann, der Typ ist echt gruselig. Ich finde, wir sollten lieber Nachforschungen über ihn anstellen.
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