Schärfentiefe
lag.
Paula öffnete das Kuvert. Blesch hatte an die zwanzig Fotos herausgesucht. Alle waren gestochen scharf und zeigten den Privatmann Urban: Urban auf dem Motorroller, Urban in der Kletterwand hängend, Urban beim Tennisspielen, Urban auf dem Fahrrad. Einige Fotos von Ausflügen oder Festen waren auch dabei, auf denen Blesch und andere Personen zu sehen waren. Wie Paula nicht anders erwartet hatte, war das Foto mit dem Fisch und der blonden Frau nicht dabei.
„Großartig. Vielen Dank, dass Sie mir diese Fotos zur Verfügung stellen. Ich werde viele Ihrer Geschichten in dieBiografie einfließen lassen. Wenn es Ihnen recht ist, möchte ich Sie namentlich zitieren.“
Blesch strahlte, und Paula bat ihn, noch einige Anekdoten zu erzählen, falls er noch welche wusste, damit auch Ada das Vergnügen hatte. Er war auch damit einverstanden, dass sie Ada die Alben zeigte, die sie das letzte Mal angesehen hatten.
Bewusst nahm Paula jenes, in dem sich das Foto mit der blonden Frau befand. Blesch durchschaute ihre List nicht. Er erzählte Ada mit glitzernden Augen von der gemeinsamen, längst vergangenen Zeit mit Urban, von Erlebnissen und Abenteuern. Einige Geschichten kannte Paula schon vom letzten Mal, aber das störte sie nicht. Neue Anekdoten schrieb sie mit, um sie bei Bedarf in die Biografie einzubauen. Als Blesch zum Fischfoto kam, verfinsterte sich seine Miene unmerklich und er wollte weiterblättern.
„Wie sagten Sie, hieß der junge Mann auf dem Foto?“
Paula sah ihn fragend an und bemühte sich, völlig harmlos zu klingen.
„Erinnere ich mich richtig, dass er auch ein Freund von Stefan Urban war?“
Blesch überlegte kurz. „Ja, Urban war kurze Zeit mit ihm befreundet. Er war im Musikgeschäft.“
„Lebt er noch? Meinen Sie, dass ich auch ihn zu Stefan Urban befragen könnte?“
„Ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhält. Ich habe nach dem Streit nie mehr etwas von ihm gehört.“
Dann erzählte er, dass er Manuel Krein, so hieß der Mann, und Stefan Urban eines Tages bei einem wüsten Streit angetroffen habe. Krein hatte eine Holzlatte in der Hand gehabt, mit der er auf Urban losgegangen war. Gerade im rechten Moment sei er, Blesch, aufgetaucht, um seinem Freund beizustehen, und er sei es auch gewesen, der Krein hinausgeworfen habe. Urban habe ihm dann erzählt, dass Krein wegen einerFrau eifersüchtig gewesen sei, die er ihm angeblich ausgespannt hatte.
Blesch blätterte weiter im Album und erzählte eine neue Geschichte.
„Könnte ich mir noch eine Tasse Tee holen?“, fragte Paula. Wie erwartet lehnte Blesch es ab, dass sie sich selbst bediente. Er nahm die Kanne und rollte in die Küche, um Wasser für den Tee aufzustellen.
„Geh in die Küche und leiste ihm Gesellschaft“, raunte Ada Paula zu.
Paula sah sie irritiert an.
„Geh! Erklärungen später“, zischte Ada.
Paula folgte Blesch in die Küche. Sie wusste nicht, was Ada nun schon wieder vorhatte, aber auch wenn einige ihrer Wege bislang ungewöhnlich waren, so hatten sie bislang immer noch zu einem Ziel geführt. Als sie wieder ins Wohnzimmer kam, blinzelte Ada ihr zu und grinste.
„Haben Sie eigentlich gewusst, dass Ihr Freund Stefan Urban ein geheimes Studio hatte, in dem er freizügige Kunstbilder produziert hat?“, fragte Ada harmlos.
Blesch grinste. „Nun ja, diese Art von Kunst hätte seiner Hausverwalterin wahrscheinlich nicht gefallen. Vor allem nicht die häufig wechselnden Damen- oder sagen wir besser Mädchenbesuche. Das hätte so gar nicht in ihre Vorstellung von einem angesehenen und geachteten Fotografen gepasst.“
Er lachte.
„Wir haben uns jedes Mal blendend amüsiert über sein Versteckspiel. Manchmal erzählte er mir seine Erlebnisse mit den kleinen Miststücken. Die kamen schon ohne Höschen in sein Atelier und konnten es gar nicht erwarten, dass er es ihnen besorgte. Wenn das Frau Wex mitbekommen hätte! Eine Welt wäre für sie zusammengebrochen. Ein bisschen so wie im Film ‚Der veruntreute Himmel‘. Kennen Sie den? Jedenfalls ging es daum eine Magd, die ihre ganzen Ersparnisse einem Neffen gab. Dafür sollte er Pfarrer werden, um ihr für alle Ewigkeit einen Platz im Himmel zu sichern. Stellen Sie sich das einmal vor! Die wollte sich einen Platz im Himmel kaufen, indem sie jemanden zwang, als Priester zu leben, der das gar nicht wollte.“
Er trank einen Schluck Tee und sah die beiden an, die nicht so recht wussten, was sie mit der Inhaltsangabe dieses Films anfangen sollten.
„Um es kurz
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