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Schaerfer als Wasabi

Schaerfer als Wasabi

Titel: Schaerfer als Wasabi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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hatte nicht so lange Urlaub bekommen und würde bereits in drei Tagen wieder hier sein.

    Erst als es an seiner Zimmertür klopfte, wurde Nick bewusst, dass er eine ganze Weile starr an die Wand geblickt hatte.
    „Nick?“ Vanessa stand in der offenen Tür und sah ihn fragend an. „Bist du soweit? Wenn ihr eure Züge erwischen wollt, müssen wir jetzt fahren.“
    Hinter ihr erschien Katsuro im Türrahmen. Als sich ihre Blicke trafen, hatte Nick einen Augenblick das Gefühl, als würde Katsuro hinter seine Fassade blicken können und genau wissen, was mit ihm los war. Schwarze Augen musterten ihn eingehend, und er runzelte die Stirn.
    „Alles in Ordnung, Nick?“
    „Was?“ Er fuhr sich hektisch durch das Haar und schüttelte den Kopf, als müsse er sich besinnen. „Ja, nein … also, ich hab mich total vertan mit dem Zug. Meiner geht erst um achtzehn Uhr und nicht um sechzehn Uhr. Keine Ahnung, wie mir das passiert ist.“ Er zuckte mit den Schultern und versuchte möglichst überzeugend zu wirken. „Ich nehme dann die U-Bahn.“
    „Oh“, machte Vanessa. „Ich hätte dich gerne mitgenommen.“ Sie kam näher und umarmte ihn. Nick schloss kurz die Augen, seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen. Könnte er Vanessa doch sagen, wie es in ihm aussah. Doch sein Stolz machte ihm einen Strich durch die Rechnung, und er wollte kein Mitleid.
    „Kein Problem, Süße“, sagte er mit brüchiger Stimme und räusperte sich. Katsuro trat hinter Vanessa und streckte ihm die Hand hin.
    „Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr, Nick. Ich hoffe, du hast eine schöne Zeit bei deiner Familie.“
    Nick löste sich von Vanessa und ergriff zögerlich Katsuros Hand. Sie war warm und er besaß einen überraschend sanften Händedruck.
    „Danke, ebenfalls“, erwiderte er so neutral wie möglich, dann wandte er sich wieder Vanessa zu. „Grüße deine Familie und ein schönes Weihnachtsfest.“
    „Mach ich, Nick. Bis bald.“ Sie schloss ihn erneut in die Arme und küsste ihn auf die Wange.
    Als die Tür hinter den beiden ins Schloss fiel, war Nick, als hätten sie die Luft zum Atmen mit hinausgenommen. Wie betäubt stand er im Flur und glaubte, seine Beine würden ihm jeden Moment den Dienst versagen. Er fühlte sich, als hätte ihm jemand mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen. Seine Brust zog sich zusammen, er versuchte den anschwellenden Knoten in seinem Hals hinunterzuschlucken. Seine Atmung wurde schneller und keuchender, dann griff er nach dem nächsten Gegenstand, den er zu fassen bekam – eine Vase – und schleuderte sie gegen den Garderobenschrank. Die Scherben flogen durch die Gegend, Holz splitterte von der Tür des Schranks ab.
    „Scheiße, verflucht noch mal!“ Nick sank zu Boden und blickte auf das Chaos, das er verursacht hatte. Die Stille in der Wohnung war unerträglich, noch nie hatte er sich so einsam und verlassen gefühlt, wie in diesem Moment. Sogar Katsuro fehlte ihm, wie er verzweifelt feststellte. Nick hasste seine Mutter in diesem Moment so sehr, dass er sich wünschte, sie wäre damals mit seinem Vater fortgegangen. Er wusste nicht, wie lange er dort wie gelähmt gesessen hatte, doch als er aus seinem Dämmerzustand erwachte, war es stockfinster in der Wohnung. Lediglich aus dem Wohnzimmer drang fahles Licht hervor und warf Nicks Schatten an die gegenüberliegende Wand. Seine Beine fühlten sich an wie Blei, als er aufstand und ins Wohnzimmer hinüberging. Er nahm sich eine Flasche Wodka aus der Bar und ließ sich damit auf dem Sofa nieder. Nick schwamm im Selbstmitleid, und er wollte noch mehr leiden.
    Seine Kehle war von den aufsteigenden Tränen so eng, dass ihm das Schlucken wehtat, als er einen kräftigen Zug aus der Flasche nahm. Der Alkohol breitete sich warm und flau in seinem Körper aus, seine Beine begannen zu kribbeln. Gut so – er wollte sich betäuben und vergessen ... Alles einfach vergessen. Wenigstens bis morgen. Nach ein paar weiteren geradezu gierigen Schlucken fühlte er sich jedoch noch schlechter.
    Nick stellte sich Katsuro im Kreise seiner Familie vor, lachend und glücklich. Warum dachte er jetzt ausgerechnet an ihn? Schnaubend stellte er die Flasche auf dem Tisch ab und sank vom Sofa auf den Boden hinunter. Die Stimme seiner Mutter hallte durch seinen Kopf.
    „Oder du kannst gleich wieder gehen. Stefan ist mein Freund, und wir wohnen gemeinsam hier. Du hast kein Recht, ihn anzugreifen. Du solltest wirklich anfangen, dein eigenes Leben zu leben.“
    Nick knirschte

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