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Schaerfer als Wasabi

Schaerfer als Wasabi

Titel: Schaerfer als Wasabi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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einen Hammer auf den Kopf geschlagen.
    „Aber … wie? Warum?“, krächzte er.
    „Sie hatte einen Blinddarmdurchbruch. Es ging alles so schnell. Die Ärzte mussten sie Notoperieren, aber dann verschlechterte sich ihr Zustand, und sie bekam noch höheres Fieber als zuvor.“ Tobis Stimme zitterte. „Und jetzt wird sie ein zweites Mal operiert, weil sich im Bauchraum anscheinend etwas entzündet hat.“ In einer verzweifelten Geste strich er sich durch sein kurzes Haar und stieß ein schweres Seufzen aus. „Hör zu, Nick, ich muss weiter machen, auch wenn ich am Liebsten sofort wieder ins Krankenhaus fahren würde. Aber ich bin im Moment natürlich alleine hier.“
    Nick fühlte sich benommen. „Ja … ja, natürlich. Ich danke dir, Tobi. Ich fahre zum Krankenhaus. Wenn etwas ist, melde ich mich sofort, ja?“
    Tobi berührte Nicks Schulter.
    „Katsuro wird froh sein, dich zu sehen, Nick. Es geht ihm gar nicht gut, er wird einen Freund brauchen.“
    Nick schluckte und wusste nicht, was er antworten sollte, also nickte er nur zum Abschied. Seine Beine fühlten sich taub an, und er begann zu zittern. Bei seiner letzten Begegnung mit Mitsuko hatte er sie angeschrien. Was, wenn sie nun …?
    Er presste die Handflächen gegen seine Schläfen und schüttelte den Kopf. Dann stieß er die Tür der Karateschule auf und machte sich eilig auf den Weg ins Krankenhaus.

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    Die Wände in der Kinderstation waren in hellen Farben gehalten, an den Türen klebten bunte Zeichnungen und Bilder. Trotzdem war der typische Krankenhausgeruch nach Desinfektionsmitteln und abgestandener Luft genauso allgegenwärtig, wie im gesamten Gebäude. Nick schluckte hart. Seine Oma war im Krankenhaus gestorben. Dieser Geruch brachte die Erinnerung zurück, als wäre es erst gestern gewesen. Als er noch klein war, hatte sie ihm abends oft Geschichten vorgelesen. Davor hatten sie Kekse gebacken und diese dann zusammen genascht. Als sie vor vier Jahren an Krebs erkrankte und nicht einmal ein Jahr nach Ausbruch der Krankheit verstarb, war für Nick eine Welt zusammengebrochen.
    Nicks Brust verengte sich, und sein Herz machte einen Satz, als er Katsuro vor der Tür zur Intensivstation auf einer Bank sitzen sah. In nur einem einzigen Moment, der solange andauerte wie ein Blitzeinschlag, wurde ihm bewusst, was er für ihn empfand. Katsuro war ihm vertraut und seinem Herzen so nah … er verkörperte all das, wonach sich Nick so lange gesehnt hatte: Zuneigung, Vertrauen, Glück … Er war sein Gegenstück, sein Seelenverwandter … er liebte ihn. Spielte es da noch eine Rolle, was für ein Geschlecht er hatte? Katsuro gehörte zu ihm – zu ihm allein. Gerade jetzt, wo er ihn vielleicht am dringendsten brauchte, sollte er bei ihm sein. Nicks Schritte beschleunigten sich, er flog förmlich durch den Flur. Katsuro hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und verbarg das Gesicht in seinen Handflächen. Nick blieb vor ihm stehen, sein Puls raste.
    „Katsuro.“ Oh Mann, er krächzte wie ein Hahn mit Vogelgrippe im Endstadium. Katsuro zuckte zusammen und hob ruckartig den Kopf. Seine geröteten Augen besaßen einen leeren Ausdruck, er musste seit vielen Stunden nicht mehr geschlafen haben. Am liebsten hätte Nick ihn sofort in seine Arme geschlossen, doch er war nicht sicher, wie Katsuro reagieren würde. Ein paar Sekunden starrten sie sich nur an, die Zeit schien stillzustehen. Schließlich nahm Nick neben ihm Platz.
    „Wie ... geht es ihr? Weiß man schon etwas?“
    Katsuro schüttelte müde den Kopf. „Ich hab solche Angst, dass sie nicht mehr aufwacht“, flüsterte er schwach. Seine schwarzen Augen schienen geradewegs durch Nick hindurchzublicken. Trotz seiner kraftvollen Ausstrahlung wirkte Katsuro mit einem Mal sehr zerbrechlich.
    „Kat ...“, sagte Nick leise. „Ich bin da.“ Er streckte die Hand aus und legte sie vorsichtig auf Katsuros Unterarm. Da erwachte Kat endlich aus seiner Starre und blickte Nick beinahe überrascht an. Seine Lippen begannen zu beben.
    „Ich hab solche Angst“, wiederholte er flüsternd, ein panisches Aufblitzen flackerte in seinen Augen.
    Nick drückte seinen Arm fester, ein dicker Knoten steckte in seiner Kehle fest.
    „Ich weiß“, antworte er. Katsuros Furcht war geradezu greifbar, Nick spürte das Zittern, das seinen Körper schüttelte.
    „Wir hatten Streit. Ich hab Mitsuko gesagt, dass sie mich nervt“, stieß Katsuro plötzlich erstickt hervor und zuckte hilflos mit den Schultern. In diesem Moment

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