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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bergius C.C.
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Droschkenfahrer auf.
    »Ich unterstelle doch nur«, beruhigte ihn Pawel Bobak. »Keineswegs behaupte ich, daß es so war. Um meine Geschichte aber zu Ende zu bringen, unterstelle ich jetzt auch noch, im bezeichneten Korb habe sich ein Toter befunden – ein Mann, der von den beiden Fahrgästen umgebracht worden war.«
    Der Alte bekreuzigte sich.
    »Nun kommt meine Frage: Was würde mit den beiden Kutschern geschehen, wenn sie, dem Geständnis ihrer Fahrgäste zum Trotz, weiterhin leugneten, die Fahrt durchgeführt und viel Geld dafür bekommen zu haben?«
    »Der will uns fertigmachen!« schrie der junge Droschkenfahrer.
    »Was sollte ich für ein Interesse daran haben?« entgegnete Kriminalmeister Bobak so ruhig wie möglich. »Gerade das Gegenteil ist der Fall. Ich will euch vor einer Riesendummheit bewahren! Was ich unterstellt habe, ist nämlich Tatsache! Die Patres Rochus und Markus haben gestanden!«
    »Jessuss, Maria und Jósef!« stöhnte der Alte und sank in die Knie. »Ich hab' gewußt, daß es rauskommen wird.«
    Pawel Bobaks Züge entspannten sich. Er zog den Alten zu sich hoch und wandte sich an den anderen. »Und was sagen Sie?«
    »Diese Schweine! Uns haben sie schwören lassen, selbst dann nicht zu reden, wenn wir eingesperrt werden sollten. Beim Leben unserer Angehörigen und unter Anrufung des Allmächtigen, der Schwarzen Madonna und aller Heiligen haben wir schwören müssen! Stimmt's, Stanislaw?«
    Der Alte zitterte am ganzen Leib. »Hinknien haben wir uns müssen. Beten und schwören haben wir müssen. Immer wieder beten und schwören, daß wir an Gott glauben, an die Muttergottes und an ihren Sohn. Und daß die Heilige Dreieinigkeit uns auf der Stelle töten solle, wenn wir reden würden.«
    »Und was habt ihr für die Fahrt bekommen?« fragte Pawel Bobak mit kalter Stimme.
    Beide senkten den Kopf.
    »Heraus mit der Sprache! Vor Gericht werdet ihr ohnehin Farbe bekennen müssen.«
    »Wir kommen vor Gericht?«
    »Glaubt ihr etwa, man würde euch nicht vernehmen? Was hat man euch also gegeben?«
    »Zweihundert Rubelchen«, flüsterte der Alte.
    »Jeder von euch hat zweihundert Rubel bekommen?«
    »Ja.«
    Der Kriminalist holte Luft. Eine solche Summe verdiente er in vier Monaten. »Gebt mir eure Namen«, sagte er nach kurzer Überlegung. »Und redet in eurem eigenen Interesse mit niemandem über die Sache. Ich müßte euch sonst einsperren lassen.«
    Die beiden sahen ihn flehend an.
    »Werden Sie uns anzeigen?« Zunächst einmal werde ich zum Kloster gehen, dachte Pawel Bobak. Er hätte sich jetzt wie ein Sieger fühlen können, hatte aber nicht mehr das Verlangen, Sieger zu sein. Ihn interessierte nur noch, wer der Mörder und wer der Ermordete war.
    Kriminalmeister Bobak wappnete sich mit Kälte. Es widerstrebte ihm, den Vorsteher des Ordens in eine peinliche Rolle drängen zu müssen. Ihm blieb jedoch keine andere Wahl. Er mußte den letzten Zipfel des Schleiers lüften, der sich über das Verbrechen gelegt hatte.
    Als er beim Durchqueren des Rittersaales die großen Gemälde in den Rundbögen sah, mußte er unwillkürlich denken: Wieviel Tote mögen die hier dargestellten Herrscher auf dem Gewissen haben! Und dennoch werden sie verherrlicht. Sogar von der Kirche. Ein paar Stiftungen, Brosamen der Fürsten, genügen vollauf, um Raubzüge in Marksteine nationalen, gottgefälligen Heldentums umzuwandeln.
    Angesichts der in demütigen Posen dargestellten Gewaltmenschen schien es ihm fast widersinnig, einen Übeltäter wegen eines einzigen Mordes zu verfolgen. Auf den Bildern schaute die Schwarze Madonna wohlgefällig auf bluttriefende Schlachten herab. Und der Heilige Geist segelte in Gestalt einer Taube über den Kämpfenden dahin. War hier nicht aus Gottesfurcht Gotteslästerung geworden? Oder war, in Umkehrung des Bibelwortes, das Fleisch willig und der Geist schwach gewesen? Pawel Bobaks Auflehnung schwang noch in ihm nach, als er vom Pförtner des Officiums zum Ordensvorsteher geführt wurde.
    Prior Rejman empfing ihn äußerst reserviert. Er blieb an seinem rotbraunen Schreibtisch sitzen und forderte ihn mit einer vagen Handbewegung auf, Platz zu nehmen. Neben ihm stand der wohlbeleibte Pater Bonaventura mit undurchdringlicher Miene.
    Pawel Bobak setzte sich. Das Aussehen des Ordensvorstehers überraschte ihn. Er hatte sich einen zierlichen älteren Pater mit grauem Bart vorgestellt und sah sich nun einem Mann gegenüber, der eher in eine Ritterrüstung paßte, als in das Gewand eines

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