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Schakale Gottes

Titel: Schakale Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bergius C.C.
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Spitzendeckchen versehenen Salonwagen zu fahren, hatte etwas Berauschendes für sie. In Czenstochau würde Pater Rochus zusteigen; sie hoffte, er werde die schwarze Soutane tragen, die nicht ganz so auffällig war. Klarheit hierüber hatte er ihr nicht gegeben. Er hatte nur darum gebeten, ihn im Zug nicht gleich zu begrüßen und so zu tun, als kenne sie ihn nicht.
    Natascha fieberte, als sie die Fahrt endlich antreten konnte. Babuschka ließ es sich nicht nehmen, sie zur Bahn zu begleiten und ihr auf dem Perron nochmals alle Empfehlungen nahezubringen, die sie ihr in den letzten Tagen schon vielfach gegeben hatte. Fedor spielte den Grandseigneur und reichte ihr eine hübsche Bonbonniere ins Abteil. Das Wetter war mild, und alles deutete auf einen guten Fahrtverlauf hin. Dies um so mehr, als ein nobel gekleideter Herr dezent hackenklappend an Natascha herantrat, sich verneigte und um die Genehmigung nachsuchte, in ihrem Abteil Platz nehmen zu dürfen. Gleich nach Abfahrt des Zuges kam sie mit ihm in eine lebhafte Unterhaltung, in deren Verlauf er sich als Staatsanwalt beim Oberlandesgericht Petrikau vorstellte. Dies ermunterte Natascha, eine erfundene Geschichte von einer vermögenden Wiener Freundin zum besten zu geben und zu behaupten, sie trage sich mit dem Gedanken, mit ihr nach Rom weiterzufahren. Im übrigen verstand sie es geschickt, im Gespräch immer wieder auf Babuschka zurückzukommen, und sie stellte dem Herrn Staatsanwalt anheim, ihrer Tante beim nächsten Aufenthalt in Warschau seine Aufwartung zu machen. Es wäre doch nett, wenn man sich wiedersehen und vielleicht einmal zusammen ein Konzert besuchen oder ins Theater gehen könnte.
    Natascha war der Auffassung, daß nicht das Schicksal das Leben des Menschen, sondern der Mensch das Schicksal seines Lebens bestimme. Zufälle mochten hinzukommen. Man dürfe es aber nicht bei ihnen belassen, müsse sie aufgreifen und etwas daraus machen. Ihre Reise nach Wien schien ihr ein Beweis dafür zu sein. Der Zufall hatte Fedor und Pater Rochus zusammengeführt. Hätte Fedor nicht den Entschluß gefaßt, sich mit Hilfe des Pauliners hochzuarbeiten, dann wäre sie niemals mit ihm nach Czenstochau gefahren, würde sie den sympathischen Mönch nicht kennengelernt haben, verliefe ihr Leben nach wie vor in eingleisiger Bahn, säße sie jetzt nicht in einem Abteil Erster Klasse und wäre ihr keine Gelegenheit gegeben, anderweitig interessante Fäden zu knüpfen. Daß der Herr Staatsanwalt nur bis Petrikau mitfuhr, war für Natascha auch ein segensreicher Zufall.
    Auf der Weiterfahrt genoß sie das Alleinsein. Beim Anblick der Hügel des Krakau-Czenstochauer Juras schlug ihr Herz höher. Nicht lange mehr konnte es dauern, dann würde Pater Rochus ihr die ersten hohen Berge ihres Lebens zeigen.
    In Czenstochau entdeckte sie schon beim Einlaufen des Zuges, daß er in der weißen Kutte gekommen war. Ein Laienbruder trug seinen Koffer, und sie begriff, weshalb er ihr empfohlen hatte, ihn beim Zusteigen nicht zu begrüßen.
    »Sie gestatten?« fragte er, ohne mit der Wimper zu zucken als er die Tür des Abteils aufschob.
    »Bitte sehr«, antwortete sie, fast ohne aufzublicken.
    Der Laienbruder hob den Koffer ins Gepäcknetz.
    Pater Rochus dankte ihm und verabschiedete sich mit den Worten: »Der Herr sei mit dir!« Dann wandte er sich an Natascha. »Ist der Fensterplatz frei?«
    Sie nickte.
    Als der Zug den Bahnhof verlassen hatte, lachten beide hellauf.
    »Großartig, daß wir allein sind«, sagte Pater Rochus. »Da kann ich mich umziehen, noch bevor der Kondukteur kommt.« Er schlug die Vorhänge zu. »Warte auf dem Gang, bis ich dich rufe.« Seine unerwartete Reaktion verwirrte Natascha. Aber sie war froh, daß er die Kutte ablegen würde. Sie hatte schon sehr bedauert, daß er nicht die Soutane trug.
    Wenige Minuten später glaubte sie, ihren Augen nicht trauen zu dürfen. Pater Rochus hatte nicht das Gewand eines Geistlichen, sondern einen typisch englischen Reiseanzug angelegt.
    »Gefalle ich dir?« fragte er und breitete übermütig die Arme aus.
    Sie holte tief Luft. »Weißt du, wie du aussiehst? Wie König Edward!«
    »Der hat bestimmt nicht das Glück, mit einer so charmanten Dame verreisen zu können.«
    Sie deutete einen Knicks an. »Ein echter Gentleman.«
    Er bot ihr den Arm. »Darf Monsieur Dabrow die gnädige Frau zum Essen bitten?«
    Natascha tat einen kleinen Freudenschrei. »Wir gehen in den Speisewagen?«
    »Hast du geglaubt, ich lasse dich

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