Schakale Gottes
Fedor abfällig. Für ihn gab es keinen Zweifel mehr. Ganz offensichtlich tauschte der Pauliner Edelsteine größten Kalibers gegen Imitationen aus und gelangte so zu einem beträchtlichen Vermögen. Wenn Pater Rochus aber glaubte, in ihm einen dummen Helfer gefunden zu haben, dann sollte er sich wundern. Er würde den Zettel als Beweisdokument aufbewahren und beim nächsten Besuch in Czenstochau herausfinden, an welchem Kunstwerk der Tausch vorgenommen worden war. Und dann würde er sich ein Steinchen aussuchen und dafür sorgen, daß er ein eigenes Geschäft gründen konnte. Natascha würde seine Frau werden und – für weiteren Nachschub sorgen.
Es gelang Fedor Zadek, die gewünschte Imitation innerhalb von vierundzwanzig Stunden zu beschaffen.
Pater Rochus strahlte über das ganze Gesicht, als ihm der Goldschmied den Stein übergab. »Dafür werden Sie viel bezahlt haben.«
»Gezahlt habe ich noch nichts«, bekannte Fedor in aller Offenheit. »Aber ich habe fünfzig Rubel versprochen.«
»Geben Sie hundert«, sagte der Pauliner und reichte ihm fünfhundert Rubel.
Fedor schwor sich, von Pater Rochus nicht nochmals Geld anzunehmen. Eher würde es umgekehrt sein.
Der Stolz geht voran, die Schande hinkt hintendrein.
Es war, als sei der Teufel in Pater Rochus gefahren. Sein Geldhunger wurde so grenzenlos, daß er sich vornahm, beim Austausch des Saphirs gegen die erhaltene Imitation nochmals tief in den Tresor zu greifen. Außerdem gedachte er von einem großen Rubin die Maße zu nehmen. Ein Rubin sollte es sein, weil Fedor Zadek beiläufig erwähnt hatte, daß sich das Rot dieses Edelsteines für die Anfertigung von Nachahmungen besonders gut eigne.
Und noch etwas nahm Pater Rochus sich vor: er wollte nicht mehr mit dem Ordensbruder Markus zusammenarbeiten. Dies in erster Linie, um künftig ohne Mitwisser zu sein, dann aber auch, weil er erkannte, daß er auf die Dauer nicht daran vorbei kam, Pater Markus' Geheimnis für sich auszunutzen. Ihm setzte die Tatsache, daß er trotz seiner Verfehlungen gegen das Zölibat weiterhin die Messe las, mächtig zu, und er sah nur eine Möglichkeit, sich von dem Druck zu befreien: er mußte mit Pater Bazil sprechen. Der stellvertretende Custos verstieß ebenfalls gegen das sechste Gebot, hatte aber einen Weg gefunden, für seine Vergehen die Absolution zu erlangen. Zunächst jedoch tauschte Pater Rochus in einer Nacht den für Pater Markus bestimmten Saphir gegen die Imitation ein, wobei er sich gleichzeitig, ohne daß sein Ordensbruder es richtig bemerkte, mit weiteren zwanzigtausend Rubeln versorgte. Wurde der Juwelendiebstahl aufgedeckt und durch neue Gegenmaßnahmen für die Zukunft unterbunden, dann besaß er wenigstens eine beachtliche Reserve. Die Diebstähle belasteten sein Gewissen nur wenig, und als der Juwelentausch nach drei Wochen noch nicht bemerkt worden war, faßte er den Entschluß, von dem nach gewissenhafter Prüfung in Aussicht genommenen Rubin die Maße zu nehmen. Dies gelang ihm sogar, ohne heimlich in die Schatzkammer einzudringen. Er ließ einfach an einem Tag, an dem er mit der Führung der Pilger durch die Schatzkammer beauftragt war, die Menschen eine Viertelstunde länger vor dem Eingang warten und nutzte diese Zeit, um eine exakte Zeichnung anzufertigen.
Wenige Abende danach begab er sich zu Pater Bazil und lud ihn zu einem Spaziergang ein.
»Willst du wieder etwas von mir?« fragte der Ordensbruder mißtrauisch.
»Ja«, antwortete er. »Diesmal aber kein Geld und auch sonst nichts. Ich brauche lediglich deinen Rat.«
Wer sich ratsuchend an Pater Bazil wandte, hatte ihn schon für sich eingenommen. »Um was geht es denn?«
»Darüber möchte ich ganz ungestört mit dir sprechen.«
Zehn Minuten später gingen sie über den Festungswall auf eine Bank zu, die unterhalb des Kordecki-Denkmals stand. »Nun schieß mal los«, forderte ihn der neugierig gewordene Ordensbruder auf, als sie Platz genommen hatten.
Nüchterne Überlegung veranlaßte Pater Rochus, sich dem stellvertretenden Custos gleich restlos auszuliefern. »Ich habe eine Geliebte«, erklärte er frei heraus.
Pater Bazil zuckte zusammen.
»Und deshalb suche ich deine Hilfe. Ich möchte beichten.«
»Bei mir?«
»Nein, in die Verlegenheit werde ich weder dich noch mich bringen. Ich denke an den Priester, den du zu deinem Beichtvater auserkoren hast.«
»Ich …?«
»Wenn ich mich nicht täusche, wohnt er in Myszkow, wohin du seit einigen Jahren des öfteren fährst.«
Der
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