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Schalom

Titel: Schalom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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jungen Frau.
    Ja, sie kenne Gil. Nein, er sei gerade nicht im Altersheim. Natürlich hatte sie von dem Busunglück gehört, aber warum hätte Gil ausgerechnet diesen Bus nehmen sollen? So schrecklich sich das anhöre, sie machten sich keine Sorgen, Gil habe seine Nachtschicht erst vor fünf Stunden beendet. Sie hatte nicht mit ihm gesprochen, aber sie hatte ihn weggehen sehen, als sie gekommen war. Vermutlich hatte er sich schlafen gelegt. Außerdem wusste sie, dass Gil heute eine Reise unternehmen wollte, er brauchte bestimmt vorher ein bisschen Schlaf, um sich zu erholen. Nein, sie hatte keine Ahnung, wohin er fahren wollte, aber sie wusste, dass er eine Reise mit einem Freund plante, der die Frühschicht in einem anderen Altersheim hatte, und sie planten, erst nach Schichtende des Freundes loszufahren.
    Jaki dankte ihr und beeilte sich, Anna zu beruhigen.
    Er versuchte, Sicherheit in seine Stimme zu legen. »Gil hat die ganze Nacht gearbeitet, warum sollte er heute Morgen in den Norden fahren? Nach solch einer Schicht gibt es nur einen Ort, wo man hingeht: ins Bett!«
    Als er sich von Anna verabschiedete, wusste er, dass es ihm nicht gelungen war, sie zu beruhigen, im Gegenteil, auch er war durch irgendetwas beunruhigt. Lange überlegte er, was er tun konnte. Schließlich rief er bei Avri an. Von ihm würde er Einzelheiten erfahren, die man hier über dieses Unglück nicht bekannt gab. Machte er sich Sorgen? Die Frau im Altersheim hatte doch gesagt, Gil sei schlafen gegangen. Trotzdem wollte er genau wissen, was dort passiert war.
    Er wartete auf die Klingeltöne, doch dann legte er auf, bevor die Verbindung hergestellt war. Es war nicht das erste Mal, dass es in Israel ein Unglück oder einen Anschlag gegeben hatte, und er hatte nie angerufen, um zu fragen, ob alle unversehrt waren, oder sich erklären zu lassen, was tatsächlich passiert war. Wie würde das jetzt aussehen, wenn er sich plötzlich erkundigte, nur weil Gil dort war. Als hätte es bisher niemanden gegeben, um den man sich Sorgen machen musste.

14
    Als Avri die gequälte Stimme seines Sohnes hörte, wusste er, dass Vicky wieder einmal recht behalten hatte mit dem Gefühl, dass zwischen Guy und Noemi »etwas nicht stimmt«. Er verstand, dass es bereits aus war, trotzdem konnte er es Guy nicht ersparen, das selbst zu formulieren.
    Danach schwieg er kurz, bevor er fragte: »Hat dich das überrascht?« Er bemühte sich, Guy nicht spüren zu lassen, dass seine zittrige Stimme ihn erschreckt hatte. Guy hatte angerufen, um seinen Kummer loszuwerden, und vielleicht auch, um ein bisschen ermuntert zu werden, doch bestimmt nicht, um zu hören, dass sein Vater Mitleid mit ihm hatte.
    »Guy?«, sagte er, als die Stille auf der anderen Seite der Leitung zu lange dauerte.
    Wieder hörte er die zitternde Stimme. »Weißt du was? Ich kann nicht sagen, dass ich das erwartet habe, aber wenn ich über deine Frage nachdenke, muss ich zugeben, dass es vermutlich Zeichen gab, die ich nicht sehen wollte.«
    Vicky war erst vor ein paar Minuten zur Arbeit gegangen, er musste das jetzt allein durchstehen. Er fragte sich, ob Guy diesen Zeitpunkt absichtlich gewählt hatte oder ob es Zufall war. Vielleicht wusste Guy ja, dass Vicky ihn mit Fragen überschüttet hätte.
    Guy erzählte, wie schwer es Noemi gefallen sei, mit ihm zu sprechen. Deshalb habe er es ihr erspart und selbst die Frage gestellt, sodass sie nur noch nicken musste. Avri hörte zu und murmelte nur ab und zu ein »Ja«.
    »Vater«, sagte Guy, »du musst doch bestimmt schon zur Arbeit gehen …«
    Avri sagte, er habe es nicht so eilig, sie könnten ruhig weiter sprechen, doch dann begriff er, dass Guy eine Ausrede gesucht hatte, um das Gespräch zu beenden.
    »Bleib tapfer, mein Sohn«, sagte er, »und ruf uns heute Abend noch mal an!« Sofort dachte er, dass er etwas Dummes gesagt hatte.
    »Ich bin in Ordnung, Vater«, sagte Guy, »macht euch keine Sorgen.«
    Avri tat das Herz weh, als er losfuhr und sich vorstellte, wie Guy Noemi half, indem er das, was sie nicht zu sagen wagte, selbst aussprach. Bestimmt hatte er den Ernst der Lage nicht gleich begriffen und erst mal übertrieben, nur um dann die Übertreibung zurücknehmen zu können. Wie musste er erschrocken sein, als Noemi mit einem Nicken seine Worte bestätigt hatte.
    Er konnte sich nicht mehr zurückhalten, er rief Vicky an, noch bevor er die Ausfallstraße erreichte. Aber Vicky war wahrscheinlich noch nicht angekommen. Er fuhr Richtung Norden. Durch

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