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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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seinen telekinetischen Fähigkeiten sollte er einen Energiestrahl erzeugen, der das unter Aslans Anleitung hergestellte Lithium-Uran-Gemisch zur Explosion brachte.
    »Es tut mir leid, Aslan«, bemerkte Weinberg mit einem ironischen |303| Kopfschütteln, »wenn ich dir nicht ganz folgen kann. Selbst wenn der Zauberer mitspielen und tatsächlich in der Lage sein sollte, ein solches Wunder zu vollbringen, kannst du ihn wohl schlecht mit einem Luftschiff nach Japan schicken, damit er dort eine Bombe entzündet. Ich dachte, das Flugobjekt soll unbemannt und in großer Höhe fliegen. Wenn du einen Schamanen in die Kanzel setzt, kannst du auch gleich einen Piloten dazusetzen. Warum sollte sich Leonard dann die Mühe mit einer automatischen Steuerung machen?«
    »Weinberg, du kapierst es nicht!« Der Turkmene sah seinen jüdischen Mitstreiter aufgebracht an. »Es ist nur ein Versuch. Bei Leonards Genesung durfte jeder von uns miterleben, über welch außergewöhnliche Fähigkeiten der Tunguse verfügt.
    Sein Sohn behauptet, er könne sogar auf Kommando einen Blitz erzeugen. Wenn es uns gelingt, die Sprengladung mit Hilfe einer elektrischen Funkenentladung in einer Feldstärke von vier bis fünf Millionen Volt pro Meter zu zünden, und das bei einer Stromstärke von vielleicht zweihunderttausend Ampere, weiß ich wenigstens, ob die Energie zur Zündung ausreichen kann oder nicht. Unser Leben und das unserer Angehörigen hängt davon ab, ob wir den Großfürsten und seinen Neffen mit diesem Theater beeindrucken können. Danach bleibt immer noch Zeit, nach Alternativen zu suchen. Im Augenblick habe ich leider keine Idee, wie ich unter den bekannten physikalischen Gesetzen etwas erzeugen sollte, das eine höhere elektrische Ladung besitzt als ein Blitz und in der Lage ist, die vorhandenen Komponenten derart zu fusionieren, dass es zu einer Kaskade von Explosionen kommt, die alles bisher da Gewesene in den Schatten stellt.«
    Weinberg runzelte die Stirn und warf einen fragenden Blick auf die Aufzeichnungen, die auf Aslans Arbeitstisch lagen.
    Der Turkmene bemerkte die Skepsis im Blick des Professors.
    »Und was sagt Kommandeur Lobow dazu? Immerhin müsste er seine Erlaubnis zu einem solchen Experiment geben.«
    »Kommandeur Lobow hat bereits seine Zustimmung erteilt. Er meinte, der Zar sei solchen Maßnahmen gegenüber aufgeschlossen. Man habe sich erst kürzlich mit einem gewissen Grigori Jefimowitsch Rasputin einen begabten Geistheiler an den Hof geholt, der wahre Wunder vollbringe und in allerhöchsten Kreisen geschätzt werde. Du |304| siehst also, sogar in Regierungskreisen vertraut man auf übersinnliche Kräfte. Also warum nicht auch wir?« Aslan setzte ein entwaffnendes Lächeln auf, dem Weinberg nichts entgegenzusetzen hatte.
    »Und was geschieht, wenn deine Überlegungen zutreffen und die Explosion stärker ist als erwartet?«
    »Wir werden uns absichern müssen. Aber bis dahin ist es noch ein harter Weg. Mir ist klar, dass ich bei Lobow und seinen Leuten einiges an Überzeugungsarbeit leisten muss. Immerhin haben sie den Schamanen noch einmal ins Lager eingeladen.«
     
    Am nächsten Mittwoch kam Tschirin, der junge Tunguse, um die Antwort seines Vaters zu überbringen. Lobow hatte ihn – neben Weinberg und Aslan – in sein Büro beordert, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen.
    Mit schmalen Lidern ließ der Kommandant sein Augenmerk über den Brief schweifen. Offenbar war die Antwort negativ ausgefallen, wie die Anwesenden aus seiner düsteren Miene herauslesen konnten. Als er aufsah, traf sein Blick den hochgewachsenen, schlaksigen Tungusen.
    Die dunklen Augen Tschirins ruhten furchtsam auf den groben Händen des Kommandeurs, der die ganze Zeit über einen Bleistift in seinen Händen gerollt hatte und ihn nun mit nur zwei Fingern in der Mitte zerbrach.
    Lobow winkte einen der zwei Soldaten heran, die an der Tür Wache gestanden hatten, und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Einen Moment später wurde Tschirin von zwei Soldaten überwältigt, um ihm Handfesseln anzulegen. Aslan und Weinberg waren überrascht zur Seite getreten und verfolgten fassungslos, wie Lobows Schergen den jungen Tungusen zu fesseln versuchten. Obwohl Tschirins Glieder schlank und grazil erschienen, war er kein Schwächling. Breitschultrig wie sein Vater und geübt im Schlittenlenken und Holzhacken, verfügte er über eine natürliche Kraft, die es nicht zu unterschätzen galt. Daher kämpfte er nach einem kurzen Moment der Überraschung wie

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