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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Vielleicht aber hat man deinen Bruder absichtlich in eine Falle gelockt und ihn zu dem angestiftet, was er getan hat.« Weinberg schaute Aslan herausfordernd an.
    Leonard spürte die Unruhe, die in ihm aufflackerte. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man mich absichtlich verhaften wollte. Der Bruder des Mädchens, mit dem ich zusammen war, gehört seit kurzem zu den meistgesuchten Terroristen von ganz Russland. Er wird dafür verantwortlich gemacht, dass die friedliche Demonstration, zu der Pater Gapon am 9. Januar aufgerufen hat, in einem Blutbad endete. Glaubst du ernsthaft, die hätten uns nicht schon viel früher geschnappt, wenn auch nur ein leiser Verdacht bestanden hätte, dass er etwas im Schilde führt und wir womöglich dazu gehören?«
    »Du verstehst es nicht«, erwiderte Weinberg mit ruhiger Stimme. »Sie hatten es auf dich abgesehen und haben nur auf einen günstigen Augenblick gewartet. Das Mädchen war gekauft. Selbst Pater Gapon gehört zur Ochrana, das weiß doch jeder, der einigermaßen Verstand im Kopf hat. Denkst du ernsthaft, der Aufstand von Sankt Petersburg hatte etwas mit heiligen Schwüren und Gerechtigkeit zu tun? Großfürst Wladimir Alexandrowitsch steckt dahinter, er und unser Kriegsminister, Alexei Nikolajewitsch Kuropatkin. Die beiden haben den Aufstand anzetteln lassen, um dem Zaren zu beweisen, dass das Land einer noch stärkeren militärischen Hand bedarf. Der Großfürst ist die graue Eminenz hinter dem Zaren. Von Anfang an hat er die heimliche Herrschaft über seinen naiven Neffen und dessen unbescholtene Gattin geführt. Er will das Zarenreich zu einem der mächtigsten Militärdiktaturen der Welt erheben, und wer weiß, vielleicht will er eines Tages seine eigenen Nachkommen an dessen Spitze sehen.«
    Leonard spürte Wut in sich aufsteigen, doch nicht wegen Großfürst Wladimir Alexandrowitsch und dem Kriegsminister, beide waren ihm ziemlich egal. Weinbergs Äußerungen ließen ihn schier aus der Haut fahren. »Jekatherina ist keine Verräterin. Sie wäre beinahe gestorben, draußen auf dem Exekutionshof, mit mir zusammen!«
    |162| »Warum wäre sie gestorben?«, erwiderte Weinberg leise. »Doch nur, weil sie dich von Anfang an belogen hat. Oder wusstest du etwa, was sie und ihr Bruder vorhatten? Dann wärest du nämlich zu recht hier!«
    »Nein.« Leonards Stimme war heiser, und er schaute Weinberg nicht an.
    »Siehst du, mein Junge, das ist es doch, was ich meine. Du kannst niemandem vertrauen, selbst wenn du dir absolut sicher bist.«
    »Und warum hat man sich all die Mühe gegeben und uns ausgerechnet hierher verschleppt?« Pjotr, der die ganze Unterhaltung mit wirren Blicken verfolgt hatte, hoffte anscheinend endlich eine Antwort zu erhalten, die er verstehen konnte.
    Weinberg stieß einen tiefen Seufzer aus und regelte die Gaslampe herunter. »Schlaft jetzt«, sagte er. »Und quält mich nicht weiter. Morgen früh ist noch Zeit genug, um euch in die Machenschaften des Satans und seiner Gehilfen einzuweihen.«

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    12
    Juni 2008, Tunguska – Totenklage
    Am nächsten Morgen fühlte sich Viktoria stark genug, um aufzustehen. Der Oberarzt des Hospitals, Doktor Buckow, ein älterer, korpulenter Mann mit grauem Haar und einem vertrauenswürdigen Lächeln, entfernte die Kanüle aus ihrem Handrücken und versicherte ihr, dass sie keine inneren Verletzungen davongetragen hatte. Die Prellungen an Armen und Beinen würden rasch verheilen. Allerdings habe man bei einer routinemäßigen Blutuntersuchung Rückstände von Drogen in ihrem Körper gefunden.
    »Drogen?« Viktorias Blick verriet Erstaunen und Unsicherheit.
    Buckow wirkte ein wenig verlegen. »Nehmen Sie vielleicht ab und an Ecstasy, oder haben Sie Erfahrung mit psychedelischen Substanzen?«
    Viktoria sah ihn entgeistert an. »Wie soll ich das verstehen?«
    »So wie ich es sage«, fuhr er ungerührt fort. »Nehmen Sie Drogen?«
    »Nein!« Der Ton des Entsetzens spiegelte sich in Viktorias Miene.
    »Dann muss ich eine andere Frage stellen.« Buckow lächelte undurchsichtig. »Hatten Sie in letzter Zeit Kontakt zu Einheimischen?« |163| Der Chef der örtlichen Krankenstation stand in seinem nicht mehr ganz weißen Kittel vor ihrem Bett und schaute sie an, als wäre er ein Vater, der seine Tochter beim Kiffen erwischt hatte.
    »Was meinen Sie mit Einheimischen?«
    »Ewenken oder tungusische Ureinwohner. Man erkennt sie am asiatischen Einschlag. Manchmal bereiten ihre Schamanen spezielle Tees und

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