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Scharade der Liebe

Titel: Scharade der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Er tat so vertraut. Was hat er damit gemeint, dass ich von der Haxe wachse? Ich bin doch groß genug.«
    »Ich glaube nicht, dass wir das Thema weiter vertiefen sollten. Den Tanten wäre es sicherlich nicht recht. Außerdem weiß ich nicht, ob sie es überhaupt verstehen würden, also vergiss es am besten.
    Soll ich dem Wirt sagen, dass ich ein Baron bin und dass er sich vor mir verbeugen und mir Respekt erweisen und mir zweimal so viel wie gewöhnlich berechnen muss?«
    Sie lachte. »O nein. Er könnte sicher nicht das Gleichgewicht halten mit seinem dicken Bauch. Ach du meine Güte, haben wir überhaupt genug Geld, um das Essen zu bezahlen?«
    »Wenn du nicht zu viel isst, sollte es reichen.«
    »Das ist gut - du siehst nämlich zu schmutzig und zerknittert aus, um ein Baron zu sein.« Sie kicherte hinter vorgehaltener Hand, einer sehr weißen Hand mit langen, schlanken Fingern. Gray sah, dass ein anderer Mann, der in einer Ecke saß und ein Glas Ale trank, bei dem Geräusch die Nase rümpfte.
    »Sei still«, sagte er zu ihr. »Jungen kichern nicht hinter der vorgehaltenen Hand, während ihre Augen vor Bosheit funkeln. Halt den Kopf gesenkt und den Mund zu.«
    Eigentlich, dachte er, brauchte man nur einen Blick auf ihr Gesicht zu werfen und sah sofort, dass sie kein Mann war.
    Der Wirt brachte eine Platte mit gebackenem Hähnchen und einer Schweinshaxe für den hübschen kleinen Hahn, einen ganzen Laib Brot, der noch warm vom Ofen war, und zwei große Gläser Ale. Jack machte sich über das Hähnchen her, noch bevor der Wirt sich auch nur zwei Schritte vom Tisch entfernt hatte.
    »O Gott, das ist das beste Hähnchen, das ich je in meinem Leben gegessen habe«, sagte sie und ließ einen Knochen auf ihren Teller fallen. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass Hähnchen so köstlich schmecken können. Und das lederne Ding da ist eine Haxe? Das habe ich noch nie gesehen.« Sie hob die Haxe vorsichtig an und legte sie auf seinen Teller. »Wenn ich das essen muss, um stark zu werden, dann lasse ich das lieber.«
    Er lachte, ergriff sein Besteck und zerlegte die Haxe in mundgerechte Stücke. »Ich habe gerade gemerkt, dass ich vor Hunger am liebsten ins Tischbein gebissen hätte«, meinte er. Er aß die Haxe und die andere Hälfte des Hähnchens. Sie trank einen Schluck Ale und wischte sich anschließend den Mund mit dem Handrücken ab. Gray musste unwillkürlich wieder lachen.
    »Wenn du nicht so verdammt hübsch wärst, würde ich dich für einen Jungen halten. Wie du dir den Mund abgewischt hast, war gut.«
    »Ich habe beobachtet, wie Remie das getan hat, nachdem er eine Zofe geküsst und dann gehört hat, dass Quincy die Treppe hinaufkam. Remie ist sehr männlich, weißt du. Und ich fand, das Mundabwischen nach dem Trinken macht mich glaubwürdiger.«
    »Nun, trink nur nicht zu viel Ale. Es ist stark. Du hast das Glas schon fast ausgetrunken. Könnte es sein, dass du schon nicht mehr so klar aus den Augen schaust?«
    »Natürlich nicht.« Ihr war nur ein ganz kleines bisschen schwindlig, und vielleicht war sie ein wenig beschwipst, aber es ging ihr sofort besser, als sie sah, dass noch ein Stück Brot übrig war. Sie schnappte es ihm vor der Nase weg.
    Gray lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände über dem Bauch. »Das war hervorragend. Und du, bist du auch satt? Es ist Zeit, dass wir zurück nach London reiten. Vielleicht erzählst du mir auf dem Weg dorthin freundlicherweise, wer du bist und warum du als Kammerdiener der Tanten auftrittst. Und wenn dir dann immer noch nach Reden zumute ist, kannst du mir ja vielleicht auch erzählen, warum du Durban stehlen und nach Folkstone reiten wolltest.«
    Sie saß ganz still auf ihrem Stuhl, wie der Mann drei Tische weiter, der sie nachdenklich anstarrte.
    »Wenn du es mir nicht erzählst, dann sage ich den Tanten, dass das Spiel vorbei ist. Und ich schicke Quincy los, damit er Sir Henry Wallace-Stanford sucht.«
    »O nein«, erwiderte sie. »Bitte nicht, Gray. Das würdest du doch nicht wirklich tun.« Dann blinzelte sie, legte den Kopf schräg, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Ihr Kopf sank genau auf ihren Teller.
    Gray blickte zu den rauchgeschwärzten Balken an der Decke des Schankraumes. »Warum passiert das gerade mir?«, sagte er zu niemand Bestimmtem.
    Sie war nicht betrunken. Sie war krank, und er war zu Tode erschrocken - und wütend. Er hatte doch sein Bestes getan, ihr sogar zu essen gegeben, bis die Knöpfe an ihren Breeches beinahe

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