Schatten Blut
zu erschrecken, du Unhold!« schimpfte ich und traktierte ihn weiter mit leichten Schlägen. »Ich habe fast einen Infarkt bekommen!«
»Es war einfach zu verlockend«, gab er lachend zurück, fing meine Hände schließlich ab und zog mich an sich heran. »Ich wollte doch mal schauen, ob du mir aufs Wort gehorchst.«
»Oh, du!« In seiner Umarmung gefangen, konnte ich nur noch die Füße einsetzen, deren Tritte er jedoch geschickt auswich. »Mach das nie wieder, verstanden?«
»Beruhige dich, Schatz.« Er drückte mir einen Kuss auf den Mund und schaffte es so, mir die Luft zum Schimpfen zu nehmen. Dann stellte er mich sanft zurück auf den Boden und sah mich fragend an. »Bist du mir wieder gut?«
»Na, mal sehen«, gab ich vage zur Antwort und schielte an ihm vorbei auf die Truhe. »Da ist das Kleid drin?«
Er nickte. »Das, und noch einiges Anderes.«
»Noch mehr?«
»Oh, Faye, bitte. Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich lediglich ein simples Kleid in einer Truhe dieser Größe verwahre und zudem mit einem solchen Schutz versehe.«
»Wenn das Kleid simpel wäre, Darian, hätte Thalion es nicht gezielt erwähnt! Also muss es wertvoll sein.«
Ungerührt griff Darian in die Truhe, schlug ein paar Tücher beiseite und zog anschließend ein matt funkelndes, helles Stoffstück heraus. Dieses drückte er mir in die Hand. »Wenn du von den aufgenähten Diamanten absiehst, ist es wirklich nichts Besonderes. Schau, ob es dir passt.«
Verschreckt hielt ich das zerknüllte Etwas hoch und entfaltete es sehr behutsam. Trotz des nur spärlich eindringenden Lichts, begannen die winzig kleinen Steine zu funkeln und blitzen und eine Ahnung dessen, was dieses Kleid letztendlich ausmachte, stieg in mir auf.
Es war bodenlang, hatte lange Ärmel, war am Hals sehr hoch geschlossen und wurde am Rücken mit vielen, kleinen Diamantknöpfen verschlossen. Als ich es anhielt, machte ich mir ernsthaft Sorgen, ob ich es überhaupt tragen konnte. Die eigentliche Trägerin dieses Kleides musste ungefähr meine Größe gehabt haben, dafür war sie wohl eine wahre Salatblattgazelle gewesen. Ich warf Darian einen zweifelnden Blick zu.
»Nimm es mit und probiere es in aller Ruhe an.« Damit entnahm er der Truhe ein Leinensäckchen, sowie einen schmalen, kurzen Gegenstand, der ebenfalls in Leinen eingewickelt war und ließ den Deckel zufallen.
Nachdem sich der Staub gelegt und mein Niesen abgeklungen war, blickte ich Darian verstimmt an und erntete ein scheeles Schmunzeln. Dann machten wir uns auf den Rückweg. Vor dem Bild meiner Großmutter blieb ich einen Augenblick stehen und hielt gedanklich Zwiesprache. Schließlich wandte ich mich ab und folgte Darian den schmalen Gang entlang, und die Treppe vom Dachboden hinunter.
»Ich werde es vor dem Anziehen waschen«, entschied ich und sah es mit Verblüffung in Darians Händen landen. »Nicht nötig, Faye. Ich übergebe es Jason. Er wird sich darum kümmern.«
»Aber –«
»Kein aber, Faye«, erstickte er meinen Protest. »Jason weiß es zu handhaben. Er hält es nicht das erste Mal in Händen.«
Diesmal nickte ich ergeben. Ich hätte auch das wissen sollen.
– Kapitel Zweiundfünfzig –
M iss McNamara, das Kleid«, machte Jason sich nach dem Anklopfen bemerkbar und betrat mit einem schwarzen Wäschesack über dem rechten Arm die Bibliothek.
»Ah, wunderbar, Jason. Danke.« Darian umrundete den Tisch und trat auf Jason zu, um ihm den Sack abzunehmen. Ich selbst schaute nur von dem Buch mit alten Formeln vor mir auf und sah ihm entgegen.
»Haben die Herrschaften noch einen Wunsch? Einen Kaffee für Sie, Miss McNamara?«
Allein bei dem Gedanken an Kaffee drehte sich mir beinahe der Magen um, doch ich lächelte tapfer. »Danke, Jason. Ich hätte doch lieber einen Tee.«
»Tee?« echote Darian verblüfft, während Jason knapp nickte. »Sehr wohl, Miss McNamara.«
»Seit wann trinkst du Tee, Liebes?« fuhr Darian fort und trat mit dem Kleid neben mich.
»Miss McNamara hat gestern über eine leichte Magenverstimmung geklagt, Sir«, erklärte Jason statt meiner und erntete von mir einen finsteren Blick. Er quittierte ihn mit einem Lächeln.
»Dir geht es nicht gut? Warum weiß ich nichts davon?« bohrte Darian weiter und ich stieß laut die Luft aus. »Weil du nicht da warst, Schatz. Was vermutlich der Grund für eben jene Magenverstimmung ist! Können wir weitermachen?«
»Und anscheinend auch für andere Arten von Verstimmung«, meinte er trocken, legte den Wäschesack neben
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