Schatten Blut
wirklich unter Waffenlizenz gestellt! Insbesondere, wenn sie eine halbe Nummer zu klein waren!
Frech schmunzelnd schloss ich zur Probe das Sakko. Warum nicht zeigen, was man hat? Abgesehen davon wollte Peter mich seinem Sohn vorstellen und da konnte ich unmöglich in Jeans und T-Shirt erscheinen, oder?
Ich legte das Sakko wieder ab, rubbelte mit dem Handtuch nochmals über meine Mähne und ging zurück ins Bad. Mein Ziel, das perfekte Make-up, fest im Auge. Ich traf Julie auf der Toilette an, sie lächelte mir zu und trollte sich dann wieder ins Bett. Ein Blick auf die Uhr, ich hatte noch eine knappe halbe Stunde, bevor ich los musste. Als Erstes steckte ich die Haare hoch. Kein leichtes Unterfangen bei dieser Mähne. Aber schließlich hatte ich es geschafft und der strenge Knoten saß. Dann etwas Make-up auf Gesicht und Hals, besonders auf die beiden leicht bläulichen Flecken. Herzlichen Dank dafür, Mr. Unbekannt! Einen perfekten Lidstrich gezogen, Wimpern tief schwarz getuscht, einen hauchzarten Akzent von Rouge gesetzt und das Ganze dann dezent ab gepudert. Perfekt!
Sakko übergeworfen, die schwarzen, 5 cm hohen Stöckel mit Blockabsatz an die Füße. Zwei kleine Brillantohrstecker rundeten das Bild ab. Fertig! Ich war zufrieden.
Da klingelte es schon an der Tür und Ernestine stand lächelnd davor.
»Donnerwetter.« entfuhr es ihr erstaunt. »Gehst du zu einem Brunch oder auf Männerfang.«
»Beides.« witzelte ich zurück und bat sie einzutreten. Sie tat es und schüttete dann einen Halbkreis aus Salz vor die Eingangstür. »Sicher ist sicher«, erklärte sie dabei und sah sich dann um. »Wo ist deine Schwester?«
»Julie hat sich wieder hingelegt.«
»Gut, ich werde sie schon etwas aufmuntern. Und nun sieh zu, dass du loskommst. Du möchtest die Herren doch nicht warten lassen.«
D as Wetter war dem Anlass entsprechend perfekt. Sonne pur und ein wolkenloser, blauer Himmel! So fuhr ich mit einem Kopftuch als Frisurschutz und einer großen Sonnenbrille auf der Nase im dunkelblauen 1975er VW Käfer Cabriolet durch London und ließ mich aus dem Radio von Nora Jones beschallen. Vor gut zehn Jahren hatte ich diesen Käfer schrottreif vor der Schrottpresse gerettet und ihn liebevoll restaurieren lassen. Fast meine gesamten Ersparnisse steckten in dem heutigen Prachtstück, das sein Dasein in der zum Appartement gehörenden Tiefgarage fristete, bis ich es bei schönem Wetter aus- und vorführte.
Ich genoss die Fahrt bis New Maiden, einem Außenbezirk im Süden Londons in der Nähe von Wimbledon, wo Peter und Gloria ein schönes Haus mit Garten besaßen. Meinen Käfer parkte ich direkt hinter einem knallroten, offenen 1959er Austin Healey 3000 Mkl BN7, den ich beim Vorbeigehen eingehend bewunderte. Mit Blumenstrauß und Karte bewaffnet, betätigte ich den Klopfer an der Haustür, die sogleich von einer strahlend lächelnden Gloria geöffnet wurde.
»Faye.« rief sie überrascht aus. »Ich hätte dich ja fast nicht erkannt! Komm rein! Peter, Faye ist da.«
Schon befand ich mich in einer herzlichen Umarmung. Ich konnte ihr gerade noch die Blumen und das Geschenk überreichen, als auch schon Peter mit einem jungen, dunkelhaarigen Mann im Schlepptau erschien. Ich ahnte bei der Ähnlichkeit der beiden Männer sofort, wer das sein konnte.
»… zu viel versprochen«, vernahm ich noch Peters Worte, dann landete ich auch schon in seinen Armen und erhielt einen Begrüßungskuss auf die linke Wange. »Darf ich dir meinen Sohn Daniel vorstellen, Faye? Daniel, das ist Faye McNamara. Die junge Frau mit dem scharfen Blick, von der ich dir erzählt habe.«
Wenn er mich verlegen machen wollte, hatte er es geschafft. Ich lächelte Daniel McKean zaghaft und Peter danach grimmig an.
»Es ist mir eine Freude, Faye.« Blaue Augen funkelten mich vergnügt an und ich brachte ein »Freut mich ebenso« etwas tonlos hervor.
Ich war mehr als dankbar, dass Gloria nun resolut eingriff und mich vor den Beiden rettete. »Versprüht euren Charme doch bitte auch auf meine anderen Gäste, ihr Zwei! Ihr macht das Mädchen ja ganz unsicher.« Sie hakte sich bei mir ein und zog mich durch die Küche hinaus in den Garten. Auf dem Rasen waren überall kleine Tische verteilt, an denen bereits viele Gäste Platz genommen hatten. Einige von ihnen standen in kleinen Gruppen zusammen und unterhielten sich angeregt, andere wiederum schlichen um das Buffet herum, um sich die Lage der besten Happen einzuprägen. Mehrere livrierte Angestellte des
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