Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten Blut

Schatten Blut

Titel: Schatten Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
Vom Netzwerk:
zwischen meinen Beinen stand die Tasse. Auf dem rechten Oberschenkel lag ein Wörterbuch, das ich in einem der Regale gefunden hatte, auf dem linken Bein ein Block mit Kugelschreiber, den ich aus meinem Zimmer geholt hatte.
    Je mehr ich übersetzte, desto mehr wuchs das Wissen, dass es sich hierbei um eine Art Tagebuch handelte. Allerdings eines, das aufgrund von Beobachtungen niedergeschrieben worden war. Auffallend war, dass diese Beobachtungen gleichzeitig einen recht detaillierten Reisebericht wiedergaben, der die Ereignisse von vor rund 90 Jahren widerspiegelte. Clansnamen wie Lasombra, Ventrue und Brujah wurden erwähnt, das Haus der Tremere mit Hauptsitz in Wien beschrieben. Wenn ich meiner Übersetzung soweit vertrauen konnte, waren diese Clans untereinander verfeindet und B. Sinclair schien daran nicht ganz unbeteiligt gewesen zu sein. Wohl auch nicht daran, dass sich die Tremere ganz oben auf den Abschusslisten der anderen genannten Clans befanden. Spielte er oder sie die Clans mit List und Tücke doch gegeneinander aus. Fast schon bedauerte ich es, diesem B. Sinclair für diese heroische Tat nicht mehr persönlich die Hand schütteln zu können.
    Ich war dermaßen in meine Recherchen vertieft, dass ich vor Schreck den Kugelschreiber quer durch den Raum warf, als eine Stimme ertönte: »Also hier haben Madame Zuflucht gesucht. Ich wurde gesandt Ihnen auszurichten: Der Herr bittet Sie zu sich in den roten Salon.«
    »Danke Jason«, gab ich leicht gepresst zurück und angelte halb liegend, halb sitzend nach dem Kugelschreiber schrägt vor mir.
    »Darf ich Ihnen behilflich sein, Madame?« Schon schwebte der Kuli in Jasons Hand vor meiner Nase.
    Mit einem dankbaren Lächeln nahm ich ihn entgegen. Ich legte Block und Stift beiseite und faltete langsam meine Beine auseinander. Jason stand bereits wieder neben der Tür und hielt sie hilfsbereit für mich auf. Zwar versuchte ich aufzustehen, aber die Gefühllosigkeit in meinen Beinen vereitelte dieses Vorhaben. Sie kennen sicherlich das Gefühl eingeschlafener Gliedmaßen? Dann wissen Sie aus eigener Erfahrung, was nun folgt.
    So blieb ich sitzen und wartete auf das Unangenehmste, was noch kommen sollte: Das Kribbeln und Stechen, wenn die Blutzirkulation wieder in Gang kommt. Und prompt setzte es ein! Verflixt, tat das weh!
    »Madame?« Ich fing Jasons fragenden Blick auf und winkte schnell ab. »Komme gleich. Meine Beine sind eingeschlafen, ich muss erst mal den Wecker stellen.«
    »Wenn Sie erlauben, Madame, werde ich Sie in den roten Salon tragen.«
    Mach keinen Quatsch, Junge! Ich hatte gerade noch Zeit, die Augen weit aufzureißen. Da war Jason bereits neben mir, schob seinen Arm unter meinen Beinen hindurch, den anderen hinter meinen Rücken und schon befand ich mich eine Etage weiter oben. Mit einem leisen Panikschrei warf ich ihm die Arme um den Hals.
    »Ich bin viel zu schwer, lassen Sie mich runter, Jason!«
    »Die Sorge bezüglich Ihrer Last erweist sich als unbegründet, Madame. Die monatliche Lieferung der Kartoffelsäcke ist erheblich gewichtiger.«
    »Danke, dieser Vergleich entlastet mich moralisch immens, Jason!«
    Wir hatten den Salon erreicht und Jason stellte mich vor der Tür wieder auf meine eigenen Beine. Dann klopfte er an, öffnete und verkündete: »Sir, Miss Faye McNamara befand sich, in Studien vertieft, in der Bibliothek.«
    »Und ist nun da.« Lächelnd schob ich mich an ihm vorbei und tätschelte seine Schulter. »Danke für’s Tragen, Jason. Sie haben etwas gut bei mir.«
    »Sehr wohl, Madame.« Damit schloss er die Tür.
    Darian stand neben einem der beiden Fenster und seine hochgezogene Braue stellte eine unausgesprochene Frage.
    »Tragen oder Studien, Darian?«
    »Beides?« antwortete er ruhig.
    »Nun ja.« Ich tänzelte barfuss auf einen Sessel zu, ließ mich darauf fallen und warf die Beine über die Armlehne. »Meine Beine waren eingeschlafen. Jason wollte dich wohl nicht so lange warten lassen und hat mich hergetragen. Und was die Studien betrifft, so habe ich in dem alten Sekretär ein paar Schriftstücke gefunden, die ich mir doch etwas genauer anschauen musste.« Ich wartete auf eine Reaktion. Da sie ausblieb, hakte ich nach: »Wer ist B. Sinclair?«
    Kam es mir nur so vor oder war er wirklich leicht zusammengezuckt? Hatte ich unwissentlich einen wunden Punkt bei ihm erwischt? Das wollte ich sicher nicht.
    »Dad nicht da?« erkundigte ich mich, sofort das Thema wechselnd.
    »Er hat in London einige Dinge zu erledigen.«

Weitere Kostenlose Bücher