Schatten der Angst (German Edition)
geschieden, Mandy.« Er drehte sich zu ihr herum. »Inzwischen weiß ich, dass es so das Beste war.«
Mandy? Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, als sie den vertrauten Kosenamen, den ihre Familie für sie verwendet hatte, aus seinem Mund hörte. Ihre Freude wurde gedämpft durch die unwillkommene Vorstellung, wie er einer anderen Frau einen Ehering über den Finger streifte und gelobte, sie zu lieben und vor allem Übel zu bewahren.
»Möchtest du, dass ich dir von ihr erzähle?«, fragte er.
»Nein. Ja.«
Er lachte verhalten.
»Hast du sie geliebt?«, fragte sie und bereute die Frage sofort.
»Ja, ich habe sie geliebt. Das ist eine lange Geschichte. Bist du sicher, dass du sie hören möchtest?«
Er hatte sie geliebt. Ein unbehagliches Gefühl breitete sich in Amandas Magengrube aus, doch sie hatte damit angefangen. Sie würde jetzt keinen Rückzieher machen. »Ich bin sicher.«
Er seufzte tief. »Als mein Vater gestorben ist, hinterließ er eine saftige Versicherungspolice und ziemlich viel Geld, das er in einem steuerbegünstigten Rentenfonds angelegt hatte. Meine Mutter erhielt bereits eine ganz anständige Pension, deshalb bestand sie darauf, dass meine Schwester und ich uns das Geld von der Versicherung und aus dem Fonds teilen sollten. Ein Drittel von dem Geld legten Madison und ich für meine Mutter auf ein Sparkonto, für den Fall, dass sie es sich anders überlegte. Den Rest haben wir investiert.«
Er grinste trocken. »Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Investitionen sich als sehr lukrativ erwiesen haben. Madison strebte nach Höherem, und das Geld ebnete ihr den Weg in die besten Gesellschaftskreise New Yorks; mich und Mom versuchte sie dort ebenfalls zu integrieren. Wenn sie uns lange genug zugesetzt hatte, besuchten wir gelegentlich eine ihrer Partys, und dort habe ich sie dann auch kennengelernt.«
»Wie heißt sie?«
»Victoria. Und falls du sie jemals kennenlernst, sag bloß nie Vicki zu ihr. Jedenfalls nicht, wenn du nicht möchtest, dass sie dir dein hübsches Gesicht zerkratzt.«
Das indirekte Kompliment ließ ihr die Hitze in die Wangen steigen. »Das klingt so, als wäre sie ein ziemlicher Snob.«
Er lachte. »Eigentlich nicht. Sie lebt gern auf großem Fuß. Ich verliebte mich rettungslos in sie, und schon wenige Monate später haben wir geheiratet.« Sein Blick schweifte wieder über das dunkle Wasser. »Ich wünschte mir Kinder. Da sie nicht schwanger wurde, ließen wir uns untersuchen. Bei uns beiden war alles in Ordnung, abgesehen davon, dass sie die Pille nicht abgesetzt hatte. Es stellte sich heraus, dass sie zwar Kinder wollte, aber nicht mit mir.«
Er wollte Kinder. Sie dachte daran, was er über Adoption gesagt hatte, und fragte sich, ob er ein Mann war, der auch ohne eigene Kinder glücklich werden konnte. »Was ist aus ihr geworden?«
Er runzelte die Stirn und trommelte mit den Fingern auf seinen Oberschenkeln. »Sie hat einen anderen Polizisten geheiratet. Das Letzte, was ich von ihr gehört habe, war, dass sie zwei Kinder bekommen hat und in einen Außenbezirk von New York gezogen ist.«
»Hast du New York aus diesem Grund verlassen? Um nicht mehr in ihrer Nähe zu sein?«
»Das war einer der Gründe.«
Sie räusperte sich und zupfte einen imaginären Fussel von ihren Shorts. »Es wird spät. Wir sollten jetzt nach Hause gehen.«
Stille breitete sich zwischen ihnen aus, doch Amanda weigerte sich aufzublicken, da sie Angst hatte, dass er die Sehnsucht in ihren Augen bemerken würde. Wenn sie ihn sich als Ehemann und Vater vorstellte, ging ihr alles Mögliche durch den Kopf, Gedanken, auf die sie kein Anrecht hatte. Er hatte alles, was sie sich jemals unter einem perfekten Mann vorgestellt hatte, aber sie wusste, dass sie nicht die perfekte Frau für ihn war. Sie war wie beschädigte Ware. Sie hatte mehr als nur äußerlich sichtbare Narben, und es war töricht auf etwas zu hoffen, das niemals sein konnte.
Schließlich startete er den Motor und steuerte das Boot zur Anlegestelle. Als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, erleuchtete er mit einer Taschenlampe den Pfad vor ihnen und führte sie durch den Wald zurück zum Haus.
Als sie die Fußgängerbrücke überquerten, spürte Amanda, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. In wenigen Minuten würden sie wieder im Haus sein und das Gefühl der Nähe, der Intimität war dahin. Er würde in sein Arbeitszimmer gehen und weiter an dem Fall arbeiten. Sie würde einen weiteren Abend allein
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