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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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das, was in der Vergangenheit passiert ist. Ich war genauso Opfer der Intrigen deines Vaters wie du!«
    »Du warst auch damals schon herzlos!« sagte Meredith, während sie seine Hände abschüttelte und nach ihrer Tasche griff. »Du hast dir kaum die Mühe gemacht, mir aus Südamerika zu schreiben.«
    »Ich habe dir Dutzende von Briefen geschrieben«, sagte er, ihr die Tür aufhaltend. Ironisch fügte er hinzu: »Und ich habe sogar über die Hälfte davon abgeschickt. Und ausgerechnet du hast beim besten Willen keinen Grund, dich in dieser Hinsicht zu beschweren«, fuhr er fort, während sie den mit Teppichboden ausgelegten Gang entlanggingen. »In all den Monaten hast du mir gerade sechsmal geschrieben!«
    Meredith beobachtete schweigend, wie er seine Hand hob, um den Knopf für den Fahrstuhl zu drücken, und dachte nach. Vermutlich log er, was die Briefe anging. Andererseits war da diese Stimme in ihrem Hinterkopf, die sie an jenen Telephonanruf aus Venezuela erinnerte, als er etwas gesagt hatte, was sie damals als Kritik an ihrem Schreibstil aufgefaßt hatte. Du bist keine große Brief schreiberin, wie ...?
    Bevor der Arzt ihr Ruhe verordnet hatte, war sie mit ihren Briefen an Matt selbst zu dem Hausbriefkasten am Ende der Ausfahrt gegangen, aber jeder - ihr Vater, ein Bediensteter -hätte die Briefe anschließend wieder entfernen können, bevor der Postbote kam, um sie mitzunehmen. Die fünf Briefe, die sie von Matt erhalten hatte, waren gekommen, während sie sich in der Nähe des Briefkastens herumtrieb, um die Post vom Briefträger persönlich in Empfang zu nehmen. Vielleicht hatte Matt nur die Briefe bekommen, die sie dem Briefträger persönlich in die Hand gedrückt hatte?
    Ein schlimmer Verdacht stieg in ihr auf, und unwillkürlich sah sie Matt an, unterdrückte jedoch den Impuls, ihm weitere Fragen wegen der Briefe zu stellen. Die Türen des Aufzugs öffneten sich, und er führte sie durch die Lobby hinaus auf die Straße, wo ein metallic-brauner Rolls-Royce wie ein poliertes Juwel im Licht der Straßenlaterne schimmerte.
    Meredith ließ sich auf die cognacbraunen Lederpolster fallen und blickte starr durch die Windschutzscheibe nach vorne, während Matt den Wagen anließ und sich in den fließenden Verkehr einordnete. Der Rolls war traumhaft, aber sie hätte sich eher die Zunge abgebissen, bevor sie etwas Positives über sein Auto gesagt hätte, und außerdem war sie in Gedanken noch immer bei den Briefen.
    Augenscheinlich galt dasselbe für Matt, weil er, als sie an der nächsten roten Ampel hielten, fragte: »Wie viele Briefe hast du nun eigentlich wirklich von mir bekommen?«
    Sie versuchte, nicht zu antworten, wollte ihn einfach ignorieren, aber obwohl sie sich bei einem offenen Streitgespräch in der Regel beherrschen konnte, fiel ihr ein schmollendes Schweigen einfach zu schwer. »Fünf«, sagte sie klipp und klar und starrte auf ihre behandschuhten Hände.
    »Wie viele hast du geschrieben?« bohrte er weiter.
    Sie zögerte, dann antwortete sie achselzuckend. »Am Anfang habe ich dir fast täglich geschrieben, später, als du nie zurückschriebst, nur noch ein bis zweimal die Woche.«
    »Ich habe dir Dutzende von Briefen geschickt«, sagte er mit Nachdruck. »Und nehme an, daß dein Vater unsere Post abgefangen hat. Die fünf, die du bekommen hast, sind ihm offensichtlich entgangen.«
    »Das spielt doch jetzt keine Rolle mehr.«
    »Wirklich nicht?« sagte er mit beißender Ironie. »Mein Gott, wenn ich daran denke, wie ich auf Post von dir gewartet habe und wie ich mich gefühlte, als nie etwas kam!«
    Die Intensität seiner Stimme überraschte sie fast genauso wie die Worte, die er äußerte. Sie sah ihn erstaunt an, weil er damals nie auch nur die kleinste Andeutung gemachte hatte, daß sie ihm menschlich irgend etwas bedeutete. Im Bett, ja, aber nicht außerhalb. Das gedämpfte Licht der Armaturenbeleuchtung ließ die harten Konturen seines Gesichts etwas weicher erscheinen, beleuchtete vor allem den gutgeformten Mund und das energische Kinn. Plötzlich drehte sich die Uhr um elf Jahre zurück, und sie saß neben ihm in dem Porsche und sah zu, wie der Wind sein volles, dunkles Haar zerzauste, wie sein gutaussehendes Gesicht und seine unverblümte Sinnlichkeit sie gleichzeitig anzogen und abstießen. Nach einigen Minuten sagte sie schließlich: »Ist es zuviel verlangt, wenn ich frage, wo du mich hinbringst?«
    Sie sah, daß er lächelte, weil schließlich doch sie das Schweigen gebrochen hatte.

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