Schatten der Liebe
»Wir sind schon da«, sagte er, schaltete den Blinker ein und bog in die Tiefgarageneinfahrt unter seinem Apartmenthaus ein.
»Ich hätte wissen müssen, daß du das versuchst«, brach es aus ihr heraus, und sie bereitete sich darauf vor, sobald er hielt, aus dem Auto zu springen und notfalls zu Fuß nach Hause zu laufen.
»Mein Vater will mit dir reden«, sagte Matt ruhig und lenkte den Rolls in eine Parklücke direkt neben dem Aufzug, zwischen eine Limousine mit kalifornischen Kennzeichen und ein nachtblaues Jaguar-Cabriolet, das so neu war, daß es noch eine Zollnummer hatte. Widerwillig einverstanden, mit nach oben zu kommen, wenn sein Vater da war, stieg Meredith aus.
Matts bulliger Chauffeur öffnete ihnen die Tür, und hinter ihm kam Patrick Farrell schon die Stufen zum Foyer herauf, ein aufrichtiges Lächeln im Gesicht.
»Hier ist sie«, teilte Matt seinem Vater mit grimmigem Humor mit, »geliefert wie bestellt und wie ich es dir gesagt habe - gesund, munter und verdammt sauer auf mich.«
Patrick streckte strahlend seine Arme nach Meredith aus, und sie begrüßte ihn, ohne Matt auch nur eines Blickes zu würdigen. Den Arm um ihre Schulter gelegt, drehte er sie zu dem Chauffeur. »Meredith«, sagte er, »das ist Joe O'Hara. Ich glaube, ihr beide seid euch noch nie offiziell vorgestellt worden.«
Meredith brachte ein schwaches, verlegenes Lächeln zustande, als sie an die beiden Szenen dachte, deren Zeuge der Chauffeur gewesen war. »Guten Abend, Mr. O'Hara.«
»Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen, Mrs. Farrell.«
»Ich heiße Bancroft«, entgegnete Meredith fest.
»Richtig«, sagte er und grinste Matt herausfordernd an.
Sie setzten sich, und der Abend nahm einen Verlauf, wie ihn Meredith nicht erwartet hatte. Die Stunden vergingen. Das Verständnis, das ihr der Vater Matts entgegenbrachte, beruhigte sie, und als sie sich schließlich verabschiedete, schwankte sie mehr denn je zwischen Ablehnung und Zuneigung.
Joe brachte sie nach Hause, und während der Fahrt war sie sich nur über eines im klaren: Irgendwie war es, als seien sie und Matt dazu geschaffen, Freunde zu sein. Sie konnte ihn beim besten Willen nicht wirklich hassen.
Seufzend stand sie in ihrer Wohnung, dreht das Licht aus und ging in ihr Schlafzimmer. Sie wollte gerade ihrer Bluse ausziehen, als sich die Worte, die er ihr beim Abschied zugeflüstert hatte und die sie sich verzweifelt zu verdrängen bemühte, wieder in ihren Hinterkopf schlichen: Wenn du wieder mit mir ins Bett gehst, lege ich dir die Welt zu Füßen. Aber wenn du mit mir zusammenlebst, werde ich dir das Paradies schenken. Alles, was du dir erträumst. Ich gehöre allerdings auch dazu. Es ist ein Pauschalangebot.
37
»Morgen, Matt«, sagte Joe, als Matt am nächsten Morgen um Viertel nach acht im Fond der Limousine Platz nahm, dann blickte er beunruhigt auf die zusammengefaltete Zeitung in Matts Hand und fügte hinzu: »Ist - ist alles in Ordnung? Mit dir und dieser Frau, meine ich?«
»Nicht ganz«, erwiderte Matt trocken. Die Chicago Tribune, die er gewöhnlich morgens auf der Fahrt ins Büro zu lesen pflegte, ungeöffnet neben sich, streckte Matt seine langen Beine aus und blickte aus dem Seitenfenster. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, als die Limousine sich in den Verkehr einreihte und seine Gedanken zu Meredith wanderten. Mehrere Minuten vergingen, bevor Matt auffiel, daß sein Wagen heute morgen nicht die gewohnten gewagten Überholmanöver machte. Verwirrt blickte er auf und sah, wie Joe ihn durch den Rückspiegel beobachtete. »Hast du was?« fragte Matt.
»Nein, warum?«
»Du hast eben die Chance verpaßt, den Lieferwagen da zu schneiden.« Wortlos wandte Joe seine Aufmerksamkeit der Straße zu, und Matts Gedanken kehrten wieder zu Meredith zurück. Als sie bei Haskell's ankamen und in die Tiefgarage einbogen, mußte Matt sich zwingen, an die Arbeit des bevorstehenden Tages zu denken.
»Guten Morgen, Eleanor«, sagte er grinsend, als er durch das Büro seiner Sekretärin kam. »Sie sehen heute morgen sehr gut aus.«
»Guten Morgen«, brachte sie verblüfft hervor. Gemäß ihrem allmorgendlichen Ritual folgte sie ihm in sein Büro und stellte sich, Notizblock in der einen, die Post und Telephonmitteilungen in der anderen Hand, neben seinem Schreibtisch auf. Matt bemerkte, wie ihr Blick von der Zeitung abprallte, als er sie auf seinen Schreibtisch warf, aber sein Interesse galt gänzlich dem dicken Bündel Telephonnotizen, die sie in der
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