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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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den Rücken hinunter. Sie schaute ihm fragend ins Gesicht, aber er hob nur die Augenbrauen und schwieg.

8
    Lustlos durchstöberte Meredith ihren Schrank nach dem Kleid, das sie zu dem Ball zur Feier des Unabhängigkeitstages anziehen wollte. Sie nahm es heraus, warf es über das Bett und zog ihren Bademantel aus. Dieser Sommer, der mit einem Begräbnis angefangen hatte, war zu einem fünfwöchigen Kampf mit ihrem Vater eskaliert - der Streit ging darum, welches College sie im Herbst besuchen würde -, und er war gerade gestern in einen regelrechten Krieg ausgeartet. Bislang hatte Meredith ihrem Vater immer nachgegeben. Wenn er unnötig streng gewesen war, hatte sie das mit seiner Liebe und Besorgnis entschuldigt; wenn er sie besonders barsch behandelt hatte, waren ihrer Meinung nach geschäftliche Ärgernisse darum schuld. Jetzt jedoch, da sie gerade noch rechtzeitig erkannt hatte, daß seine Pläne die ihren durchkreuzen würden, war sie fest entschlossen, nicht um des lieben Friedens willen nachzugeben.
    Seit sie ein kleines Mädchen war, hatte sie angenommen, daß ihr eines Tages die Möglichkeit offen stünde, in die Fußstapfen ihrer Vorfahren zu treten und ihren rechtmäßigen Platz bei Bancroft & Company einzunehmen. Viele Generationen lang hatte ein Bancroft nach dem anderen seinen Weg durch die Geschäfts-Hierarchie angetreten: vom Abteilungsleiter über die verschiedenen Rangstufen bis zum Vizepräsidenten und schließlich zum Vorstandsmitglied. Zuletzt, wenn es so weit war, die Geschäftsleitung an den Sohn zu übergeben, wurde man Präsident des Unternehmens. Nicht ein einziges Mal in fast hundert Jahren war ein Bancroft von dieser Laufbahn abgewichen, und nicht ein einziges Mal in dieser ganzen Zeit war ein Bancroft von der Presse oder von Mitarbeitern des Hauses als unfähig bezeichnet worden oder hatte sich seines Postens unwürdig gezeigt. Meredith glaubte, nein, sie wußte, daß auch sie sich würdig erweisen würde, wenn man ihr nur die Gelegenheit dazu bot. Und sie wollte und erwartete diese Gelegenheit, nichts weiter. Der einzige Grund, warum ihr Vater ihr dies verweigerte, lag darin, daß sie nicht genügend Weitblick besessen hatte, ein Junge zu werden!
    Den Tränen nahe, stieg sie in das Kleid und zog es hoch. Unter Verrenkungen schloß sie den Reißverschluß am Rücken, ging zur Frisierkommode und schaute in den darüberhängenden Spiegel. Völlig desinteressiert begutachtete sie das schulterfreie Cocktailkleid, das sie schon vor Wochen für diesen vierten Juli gekauft hatte. Das Oberteil war nach Art eines indonesischen Gewandes an den Seiten gerafft, ab der schmalen, betonten Taille fiel der regenbogenfarbige Seidenchiffon dann fließend bis zu ihren Knien. Sie nahm die Haarbürste zur Hand und fuhr automatisch durch ihr langes Haar. Ohne sonderliche Mühe auf eine bestimmte Frisur zu verwenden, bürstete sie es zurück, schlang es zu einem Knoten und zupfte nur vor den Ohren ein paar Strähnen heraus, um nicht allzu streng zu erscheinen. Der rosefarbene Topasanhänger hätte hervorragend zu dem Kleid gepaßt, aber ihr Vater würde heute abend ebenfalls in Glenmoor sein, und sie hatte nicht vor, ihm den Gefallen zu tun, sein Geschenk zu tragen. Statt dessen wählte sie ein Paar große Goldohrclips mit rosa Steinen und ließ Dekollete und Schultern ungeschmückt. Die Frisur verlieh ihr den gewissen Schick, und ihre leichte Bräune sah zu dem trägerlosen Kleid besonders gut aus. Aber auch wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte es Meredith heute abend nicht gestört und sie hätte sich auch nicht mehr umgezogen. Ihre Aussehen war ihr vollkommen gleichgültig. Daß sie überhaupt zu dem Ball ging, lag nur daran, daß der Gedanke, den Abend allein zu Hause zu verbringen, noch frustrierender war. Außerdem hatte sie Shelly Fillmore und dem Rest von Jonathans Clique versprochen, daß sie kommen würde.
    Sie setzte sich an ihre Frisierkommode und schlüpfte in ein Paar altrosa Seidenpumps, die sie passend zu dem Kleid gekauft hatte. Als sie sich wieder aufrichtete, fiel ihr Blick auf die gerahmte Ausgabe einer älteren Nummer des Wirtschaftsmagazins Business Week, die sie aufgehängt hatte. Das Titelblatt der Zeitschrift zeigte ein Bild von Bancroft's Stammhaus, vor dessen Haupteingang livrierte Portiers standen. Das vierzehnstöckige Gebäude gehörte als Wahrzeichen zum Stadtbild von Chicago, und die Portiers symbolisierten den Wert, den man bei Bancroft's auf erstklassige Ware und

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