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Schatten der Vergangenheit (German Edition)

Schatten der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schatten der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fromwald
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dicht war? Es sah so uralt aus, wie ein altes Museum vor einer großen Renovierung.
     
    „Tut mir leid, aber die Beleuchtung ist defekt“, entschuldigte sich Alessandro.
     
    Das hatte David auch schon gesehen oder eben nicht gesehen. Es war dunkel, bis auf einige Laternen, die am Weg aufgestellt waren, die aber nur sehr schwach leuchteten und gerade mal den Weg zum Eingang wiesen.
     
    Alessandro öffnete die große Eingangstür – ohne sie aufzusperren. Wahrscheinlich war auch hier das Schloss kaputt. Die Gitarre hatte er wieder in der Hand. Die alte Holztüre knarrte laut. Irgendjemand sollte sie mal ölen, dachte David und strich über das dicke, alte Holz.
     
    „Hast du keine Angst vor Einbrechern?“ fragte David erstaunt.
     
    „Oh, ich habe vergessen, dass du von der Angst anderer lebst“, neckte ihn Alessandro. 
     
    War das ein Scherz? Alessandro machte das Licht an und David kam sich nun endgültig wie in einem Film vor. In der dunklen Eingangshalle hingen Bilder, die wie von Rembrandt aussahen. Sie waren dunkel und finster. Die Männer auf den Bildern trugen altmodische Kleider und einige sogar Perücken, manche sahen wie Henry VIII aus. David hatte keine Ahnung von Kunst, aber er sah, wenn etwas alt war und hier war alles alt, auch der Boden und die Teppiche, die staubig erschienen – oder einfach nur abgetreten waren.
     
    Die würden auch mal eine gute Reinigung brauchen. Wenn das seine Mutter sehen würde, die würde hier nur noch putzen. Eine Frau gab es hier wahrscheinlich nicht, so staubig wie alles war. Der Staub lag auf dem dicken, dunkelbraunen Holzgeländer der Treppe, auf den Kommoden und wer weiß wo sonst noch.
     
    Einige Hunde bellten in der Ferne, sonst war nichts zu hören, nur das Knirschen der Holzdielen, auf denen die beiden Männer gingen.
     
    „Hast du noch Hunger?“ fragte Alessandro und öffnete eine Türe, die scheinbar in eine Küche führte.
     
    In dieser Küche hätte auch eine Hexe erscheinen können und David wäre auch nicht mehr erstaunt gewesen. Ob die überhaupt einen Geschirrspüler hier kannten? Er würde sich morgen doch eine andere Bleibe suchen. Diese hier war zwar gratis und er sagte nie nein, wenn etwas umsonst war, aber sollte der Rest des Hauses auch so gruselig sein, dann würde er Albträume bekommen.
     
    „Das Haus ist wohl sehr alt?“ fragte er vorsichtig und sah sich in der Küche um.
     
    Immerhin gab es einen Kühlschrank, den jetzt Alessandro öffnete und eine Wurst herausnahm.
     
    „Chorizo?“ fragte er statt einer Antwort.
     
    „Hast du die eingeschmuggelt?“ fragte David und sah auf das Etikett, das die Wurst als argentinisch auswies. War das überhaupt gesetzlich. 
    „Nicht ich.“
     
    Er säbelte – und nichts anderes tat er mit dem stumpfen Messer – einige Stücke ab und schob sie David hin, der nun auf einem alten, wackeligen Hocker Platz genommen hatte. Hatte David etwas anderes erwartet?
     
    Alessandro kaute auch an einem Stück und nahm eine Flasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit aus einem Schrank.
     
    „Das habe ich mitgenommen: Grappa.“  „Grappa? Aber gibt es den nicht in Italien?“ fragte David und lies sich ein Glas einschenken.  Wozu schleppte man Grappa aus Argentinien mit, wenn es diesen in jedem Supermarkt hier gab. „Ja schon, aber auch in Argentinien.“
    David kaute die Wurst.
     
    „Nicht schlecht...“ Aber scharf... Wow, dachte David und trank einen großen Schluck des Grappas – und der gab ihm den Rest. „Mein Gott, das ist ein Teufelsgetränk!“ rief er aus.
     
    „Der heißt auch so: El Diablo“, erklärte Alessandro und grinste das erste Mal wirklich. Mein Gott, wenn er lächelt, dann ist er wirklich ein hübscher Kerl, dachte David. Der sollte mehr lächeln.
     
    „Ich zeige dir dein Zimmer“, sagte Alessandro und stand abrupt auf.
     
    David folgte ihm die breite, knarrende Treppe in den ersten Stock hinauf. Noch mehr alte Bilder hingen an den Wänden.
     
    „Viele Bilder…“ murmelte David. „Ach, ja...“ Alessandro machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wie alt ist das Haus?“ fragte David wieder.
     
    „Fünfhundert Jahre oder so…“
     
    „WAS?“ David dachte, er hätte schlecht gehört.
     
    „Wurde irgendwann zu Henry VIII. gebaut oder davor. Wenn dich das genauer interessiert, musst du in der alten Bibliothek nachsehen“, erklärte Alessandro desinteressiert.
     
    Nein, es interessierte ihn nicht. Seine Phantasie ging ohnehin schon mit ihm durch.

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