Schatten der Vergangenheit (German Edition)
Und irgendjemand hatte ihn mal als nicht schreckhaft bezeichnet! „Gehört dir das Haus?“ fragte David. Keine Antwort.
Alessandro öffnete eine Türe und ließ David in einen dunklen Raum treten. War das jetzt die Folterkammer? Alessandro suchte den Lichtschalter und David war erstaunt, dass das Licht überhaupt funktionierte. Er hatte schon eine Kerze erwartet.
Im Raum stand ein breites Himmelbett mit grünen Vorhängen. Das Bett sah sehr kurz aus. Seine Beine würden ein gutes Stück heraus hängen. Heinrich VIII. hatte darin sicher nicht geschlafen, denn selbst David wusste, dass der alte englische König ein großer Mann von 1,90 m gewesen war.
„Mhm, wenn du dich schräg hinlegst, müsste es von der Länge in Ordnung sein. Meine Ahnen waren etwas kürzer!“ stellte Alessandro mit der Hand am Kinn kritisch fest.
Kürzer? David sah Alessandro von oben nach unten an. Dem Mann wäre das Bett auch zu kurz. Wer schlief denn hier zuletzt?
„Wer hat da zuletzt drin geschlafen, Heinrich VIII. persönlich?“ Es gab auf diese Frage natürlich keine Antwort.
„Ich besorge noch Bettwäsche, warte einen Moment. Es gibt gleich am Flur gegenüber eine Dusche. Die funktionierte vorhin zumindest noch.“
Wie beruhigend, dachte David und sah Alessandro nach, der aus einer Truhe, die in dem Raum nebenan stand weißes Leinen heraussuchte.
„Tut mir leid, aber ich habe nicht mit mehr Gästen gerechnet.“ „Mehr? Ist noch jemand hier?“ Zum Beispiel Dracula?
Alessandros weiße Zähne blitzten kurz, als er grinste. „Ja, einige für die Pferde.“ „Die Pferde?“ „Die sind aber hinten in den Stallungen. Keine Angst, die riechst du hier nicht.“
Wie beruhigend. Sah er so aus, als hätte er Angst vor Pferden oder Pferdegeruch? War der Typ ein Bauer oder Pferdezüchter? Hier war alles seltsam, auch dieser gefallene Engel vor ihm, der noch immer eine Baseballkappe trug.
„Im Bad findest du noch neues Rasierzeug und eine Zahnbürste. Ich gehe noch zu den Pferden.“
Ach ja, man ging ja abends in den Stall. Davids Vorfahren hatten das sicher auch gemacht, irgendwo im Gelobten Land. Vielleicht waren es dort auch nur Esel gewesen – oder Kamele. So genau wusste das David nicht.
„Danke für alles.“ Das war jetzt einfach nur höflich. „Kein Problem...“ Alessandro ging zur Türe, drehte sich kurz nochmal um und sagte mit ernstem Gesicht: „Wenn du nachts Schreie hörst, dann musst du keine Angst haben.“
David schluckte und wusste jetzt nicht, ob das die Art von Humor von Alessandro war oder ob er tatsächlich in einem Gruselfilm gelandet war. Wer sollte hier schreien? Die Gefolterten aus dem Kerker? Den hatte er noch nicht gesehen und legte auch zu dieser Stunde keinen Wert darauf. Kein Wunder, dass hier niemand einbrechen wollte. Der Einbrecher würde sich vor Angst in die Hose machen.
„Das war ein Scherz!“ rief Alessandro aus und lachte laut.
„Sehr witzig“, murmelte David und knallte die Türe zu, so dass eines der alten Bilder, die in dem Schlafzimmer hingen, herabfiel. „Tut mir leid, Opa“, entschuldigte sich David bei dem Mann auf dem Bild und wollte es hochheben, gab es aber auf, da es zu schwer war und die Befestigung mit von der Wand gefallen war. Was für ein Haus!
David stellte fest, dass die Dusche einwandfrei funktionierte, er sie aber auch mit Alessandro teilte – oder einem anderen Gast, denn einige benutzte spanische Kosmetikartikel standen im Bad. Er hatte allerdings einige Mühe, in dem kleinen Bett seine Beine unterzubringen. Schräg ging es dann doch und er war hundemüde. Sein letzter Blick ging dann noch auf sein Mobiltelefon und er stellte fest, dass die Batterie leer war. David seufzte nur noch, denn so etwas beunruhigte ihn heute nicht mehr. Vielleicht zauberte der Besitzer dieses Geisterschlosses auch ein Ladegerät hervor? Wer weiß.
Gewieher und spanische Schreie weckten ihn morgens. David rieb sich die Augen und sah sich um. Es war dunkel im Raum, aber durch einen Schlitz zwischen den schweren Vorhängen fiel Licht. Wo war er nur? Der Pub, die Musik, langsam kam ihm die Erinnerung. David setzte sich auf und stieß sich den Arm an einer der Säulen.
„Scheiße!“ rief er aus und rieb sich den Arm. Er tapste nackt zum Fenster und zog die Vorhänge auseinander. Er sah in einen alten Hof, auf dem Pferde wild kreuz und quer liefen. David war kein Pferdekenner, aber
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