Schatten der Vergangenheit (German Edition)
überhaupt in irgendeine Schule gegangen?
Lily sah auf die Tafel.
„Halbe Stunde. Wir haben eben einen versäumt.“ brachte sie mit weinerlicher Stimme hervor, so als wäre es ihre Schuld gewesen, dass sie den vorherigen Zug versäumt hatten.
„Ich brauche ohnehin etwas zu Trinken“, sagte Philippe und parkte sein Auto. Er stieg aus, ging auf Lilys Seite, öffnete ihr die Türe und zog sie aus dem Auto, ehe sie protestieren konnte. Er brauchte jetzt etwas Starkes, aber er bezweifelte, dass in der Raststätte etwas nach seinem Geschmack verkauft wurde.
Seine blonde Frau kämpfte mit den Tränen und konnte kaum gehen. Verdammt, das wollte er jetzt auch wieder nicht.
„Lily, es tut mir leid.“ Er sah sie mit seinen türkisfarbenen Augen an und sie musste wieder losheulen.
„Ich habe all die Jahre an dich gedacht“, schluchzte sie. Sie stand mit hängenden Schultern da und ihre großen Augen glänzten voller Tränen. Hoffentlich sah es kein Journalist, dachte Philippe. Das wäre eine Schlagzeile, dass er Frauen zum Weinen brachte und seine eigene Ehefrau wohlgemerkt! Mist, an die Journalisten hatte er überhaupt nicht gedacht. Die lauerten sicher hier irgendwo.
„Lily...“ Er drückte sie an sich und dachte, dass er eigentlich einen wahnsinnigen Durst hatte. Sein Magen knurrte auch. Er hatte noch nichts gegessen, aber das Essen in der Raststätte war, wie in jeder Raststätte, nichts besonderes. Die vielen Touristen mochte er jetzt auch nicht sehen, aber er hatte nun mal Hunger.
Hätte ihm sein Vater das Flugzeug geborgt, dann müsste er jetzt nicht wie Otto Normalverbraucher nach England fahren, sondern hätte sich bequem in das Flugzeug setzten können, alleine mit Lily! Gut, alleine mit Lily war auch nicht witzig, wenn er die letzten Stunden betrachtete. Wie wurde er Lily wieder los? Nein, er musste zusehen, dass diese Ehe funktionierte! Irgendetwas musste er doch in seinem Leben können...
„Glaube mir, ich habe auch immer an dich gedacht, aber du warst so jung und ich so...“ Ihm fehlten die Worte, auch wenn er bei Komplimenten selten verlegen war. Er konnte Frauen immer beeindrucken, gleich wie alt sie waren. Er musste nur herausfinden wie und bei Lily wusste er es nun.
„Dumm?“ fragte sie und sah ihm ins Gesicht. Wie konnte eine Frau noch so schön sein, wenn sie verheult war? Es tat ihm richtig weh, sie mit Tränen zu sehen. Vielleicht liebte er sie doch? Er überlegte kurz - nein nie im Leben! Er kannte diese Frau doch kaum. Da konnte er sich eher in ihren Vater verlieben, denn der hatte mit ihm mehr gemeinsam als seine Tochter.
„Ja, dumm.“ Er grinste und sie lächelte zurück. „Komm, heul nicht, wir bekommen das schon hin. Ich war auch noch nie verheiratet.“ Das hätte dann doch als Kinderehe gegolten, dachte er und musste beinahe darüber lachen. Er legte den Arm um ihre Schultern und sie gingen einige Schritte zum großen Rasthaus.
Auf der Treppe saß ein junges Mädchen mit einer Gitarre, einem großen länglichen Rucksack, der aussah als hätte sie darin lange Stecken, was ihn sofort an seine Mallets erinnerte und sang. Vor ihr stand ein handgeschriebenes Schild mit den Worten „England“.
Eigentlich wollte Philippe schon vorbeigehen. Bettelnde Teenager waren wirklich nicht sein Ding, auch wenn er die Haare des Mädchens, die sehr lang, sehr glänzend und leicht gelockt waren, interessant fand. Das Mädchen sah ihn auch nicht an, sondern Lily.
Lily hingegen blieb stehen. Das hätte er sich denken können, dass seine Frau eine Schwäche für Obdachlose und Bettler hatte. Er seufzte laut und blieb ebenfalls stehen. Philippe hatte auch ein klein wenig Angst, dass Lily wieder heulen würde, wenn er ihrem Wunsch nicht nachkam und weiterging.
Das Mädchen sah auf und in ihrem gebräunten, ovalen Gesicht mit markanten Backenknochen blitzten zwei Katzenaugen – ja Katzenaugen. Das hatte Philippe nicht erwartet. Die Augen waren leicht schräg und tiefgrün. Wow, welch ein Gesicht, dachte er. Sie hat die Augen von Mia...und Angelina Jolies Mund.
Allerdings sang sie französische Liebeslieder, in einer sehr sinnlichen, tiefen Stimmlage, die über ihren Akzent hinwegtäuschte. Woher sie wohl kam? Französin war sie keine, obwohl sie französische Chansons sang und das mit dieser erotischen Stimme, so dass Philippe wieder an Sex, statt an Essen dachte. Er würde eines Tages noch beim Sex verhungern!
„Ach
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