Schatten der Vergangenheit (German Edition)
dass Ana abgereist war, aber die Köchin flüsterte ihm zu, dass Ana und ein junger Mann im Innenhof saßen und Frühstück wollten. Ein junger Mann? Er orderte daraufhin an, dass sein Frühstück auch in den Innenhof gebracht wurde, damit er diesen jungen Mann in Augenschein nehmen konnte.
Er war ein wenig enttäuscht, als er sah, dass es nur Angelo Monteverdi war. Monteverdi kam zwar aus guter Familie, die aber so bettelarm war, dass er natürlich auch auf das Geld von Ana aus war. Im Grunde hatte er immer gehofft, Ana würde ihre große Liebe finden, einen Mann, der sie nicht nur nimmt, weil sie seine Tochter ist.
Aber besser als nichts, dachte er dann wieder. Und wenn sie wegen einem Polista blieb, sollte es ihm Recht sein. Er würde dem Typen hundert Pferde kaufen, wenn er seine Tochter im Lande hielt und sie von dem Gedanken abbrachte, in seiner Firma zu arbeiten.
„Guten Morgen, Papa, schon so früh wach?“ „Ja, sieht man...“
„Senior Alvarez.“
Angelo war aufgestanden, als er Alvarez sah und gab Geraldo die Hand. Bei Don Geraldo hatte man gute Manieren, denn es war nie gut, einen Poloclubbesitzer zu verstimmen.
„Morgen, Angelo. Wie geht es dem Arm?“ Natürlich wusste Alvarez von seinem Arm. „Besser, danke. Ich glaube im Frühjahr kann ich wieder spielen.“
„Gut zu hören. Wie geht es deinem Vater? Ich hörte, er ist krank.“
„Ja, aber er erholt sich zur Zeit in Punta del Este.“ Geraldo nickte. „Ich wollte auch in mein Haus fahren, aber geschäftlich konnte ich nicht, aber vielleicht nach den Spielen.“
Geschäftlich? Sieh an, warum besprach er eigentlich nie seine Probleme mit seiner Tochter, wo die doch in Kalifornien studierte. Er war wirklich konservativ, dachte Angelo und setzte nur ein müdes Lächeln auf. Er brauchte schwarzen Kaffee...
Geraldo sah von Angelo zu Ana und zurück. Die beiden sahen müde aus, verschwitzt und griffen wie Ertrinkende zu dem brühend heißen Kaffee. Es schien, als wären sie zu müde um die Gabel richtig zu halten.
„Schönen Abend gehabt?“ fragte er. Die Ironie in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Ana sah von ihrem schwarzen Kaffee auf, blinzelte und gähnte demonstrativ, ohne sich die Hand vorzuhalten.
„Abend? Du scherzt, Papa. Wir waren noch nicht im Bett.“
Leider, dachte Angelo, an ihm lag es nicht. Er wäre auch mit Ana in seiner Wohnung – im Bett – geblieben. Die Frau war sicher genauso leidenschaftlich im Bett wie auf der Tanzfläche oder auf dem Pferd. Aber auch so stur wie ein Esel, denn keinen Schritt war er heute weitergekommen, nicht mal ein Kuss war ihm gelungen.
„Ihr seht beide sehr müde aus“, meinte Geraldo trocken. Ana würde in diesem Zustand keinen Fuß vor die Türe setzen, um mit ihrer Mutter einkaufen zu gehen. Das sah er sofort. Angelo unterdrückte ein Gähnen.
„Bin auch froh, wenn ich mein Bett sehe, obwohl dieses Omelett wirklich gut ist!“ Er aß noch einen Bissen.
„Ich werde das Kompliment an die Köchin weitergeben“, sagte Geraldo und überlegte, wie er herausfinden konnte, ob etwas Ernstes zwischen Ana und Angelo lief.
„Du wolltest mit deiner Mutter heute einkaufen gehen“, sagte er dann. Ana kicherte. „Falsch. Mutter wollte einkaufen gehen. Ich nicht, ich gehe ins Bett.“
Angelo lachte. „Es gibt selten eine Frau, die sich so gegen Einkaufen sträubt, wie Ana“, sagte er zu Geraldo. „Der Mann, der sie mal bekommt, kann glücklich sein. So eine Frau ist sparsam.“
„Hallo, ich bin anwesend – und ich verdiene einmal mein eigenes Geld und gebe es aus, wozu ich Lust habe!“
Angelo rollte die Augen und grinste. „Ana ist viel zu emanzipiert.“ „Frage mich auch nur, woher sie das hat“, scherzte Geraldo.
„Männer! Ich gehe jetzt schlafen.“ Sie war plötzlich so müde, dass ihr die Augen zufielen. Sie stand auf und gab Angelo einen Kuss auf die Wange. Er roch nach Zigaretten und Alkohol, wahrscheinlich stank sie genauso. Sie musste unbedingt duschen, ehe sie ins Bett ging. Sie war so müde, dass sie hoffentlich nicht an Philippe und die besagte Nacht denken musste.
„Komm doch morgen zum Spielen“, schlug Angelo vor.
„Ja, warum nicht. Wann?“
„Mittags?“ Ana nickte.
„Bis dahin bin ich ausgeschlafen. Bis später.“ Sie winkte ihrem Vater zu und ging in das Haus.
„Ist da irgendetwas, was ich wissen sollte?“
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