Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten der Wahrheit

Schatten der Wahrheit

Titel: Schatten der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
Vom Netzwerk:
einmal um einen Tag gebeten«, stellte sie fest. »Jetzt wird es Zeit, dass ich ihm diesen Tag zurückzahle.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Bishop.
    »Ich werde mit Anastasia Kerensky reden, von Frau zu Frau. Schicken Sie ihr eine Botschaft und bitten Sie sie um ein Gespräch.«
    Februar 3134, Winter
    Bis jetzt hatte Ian Murchison die Schlacht um Tara auf der Krankenstation von Anastasia Kerenskys Landungsschiff verbracht, mit den Stahlwolf-MedTechs gefachsimpelt, um nicht daran denken zu müssen, was draußen geschah, und mitgeholfen, wenn Verletzte eintrafen. So viel zumindest konnte er tun, ohne in einen Loyalitätskonflikt zu kommen. Verwundungen waren Verwundungen, gleichgültig, wer sie erlitt. Bisher hatte er nur leichte Verletzungen gesehen. Die Stahlwolf-MedTechs sprachen es nicht an, aber Murchison verstand auch so, dass dies nur daran liegen konnte, dass die ernsthafte Offensive zur Eroberung der Hauptstadt noch nicht begonnen hatte.
    Er assistierte gerade einem Stahlwolf-MedTech namens Barden bei der unangenehmen Aufgabe, einen Schlauch in eine offene Brustwunde einzuführen, als Anastasia Kerensky die Krankenstation betrat. Er bemerkte ihre Anwesenheit erst, als er den Schlauch durch die Brustwand des Patienten gestoßen hatte. Dann schaute er hoch und sah sie mit ver-schränkten Armen in der Tür stehen und ungeduldig starren.
    Barden deutete einen Gruß an - nicht einmal ein Stahlwolf-Clanner war so dumm, zackig zu salutieren, solange er einen Latexhandschuh trug, der von oben bis unten mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten bedeckt war. Murchison begrüßte den Galaxiscommander mit dem kurzen, aber respektvollen Nicken, das er sich an Stelle formeller und militärischer Grußarten angewöhnt hatte.
    Wie üblich schien es ihr zu genügen. »Leibeigener Ian.«
    »Ja, Ma'am?«
    »Zieh dich um. Die Countess of Northwind hat um Verhandlungen gebeten, und ich möchte, dass du neben mir stehst, wenn sie eintrifft.«
    »Als Kulisse, Ma'am?«
    Barden, der auf der anderen Seite des Behandlungstisches stand, wirkte schockiert. Aber Murchison hatte begriffen, dass die einzige Möglichkeit, sich Anastasia Kerenskys Respekt zu sichern - und soweit er das feststellen konnte, war es nur ihr Respekt, dem er sein Leben verdankte - darin bestand, sich ihr so oft und so heftig zu widersetzen, wie es die Gebräuche der Clanner und die weite Kluft zwischen ihren Rängen gestattete.
    »Als Lektion, Leibeigener. Beweg dich, uns bleibt nicht viel Zeit.«
    Anastasias Ungeduld war Grund genug für Barden, Murchison den Umkleideraum der Krankensta-tion zur Verfügung zu stellen und ihm saubere Kleidung als Ersatz für den blutverschmierten OP-Kittel zu bringen, den er getragen hatte, als sie eintraf. Sein Haar war noch von einer schnellen Dusche feucht, als er zu ihr auf den Korridor trat. Doch ihr Blick zuckte nur einmal kurz an ihm hinab und wieder hinauf. Dann sagte sie: »Gut genug. Komm mit.«
    Wie sich schnell herausstellte, handelte es sich nicht um ein direktes Gespräch, sondern um Verhandlungen über eine direkte Trivid-Verbindung. Offenbar war keine der beiden Kommandeurinnen bereit, das eigene Territorium zu verlassen, und die Straßen Taras hatten wenig neutrales Gelände anzubieten. Trotz Anastasias Ungeduld kostete der Aufbau der Schaltung Zeit. Die Stahlwolf-Techs bauten ihre Trividkameras und die Tonausrüstung im Feldhauptquartier auf dem Landefeld auf, zusammen mit einer riesigen Wiedergabeeinheit, die zu groß schien, um aus einem Landungsschiff zu stammen. Murchison vermutete, dass die Techs einen der Passagiersalons an der Terminushalle des Raumhafen ausgebaut hatten.
    Endlich waren die Vorbereitungen beendet. Anastasia Kerensky stellte sich auf einer kreuzförmigen Markierung auf, die die Stahlwolf-Techs auf dem Asphalt angebracht hatten. Murchison stand schräg rechts hinter ihr.
    Die leitende Tech sprach leise in das Bügelmikro ihres Kommsets. Vermutlich redete sie mit ihrem Gegenstück bei den Highlanders. Dann, lauter:
    »Verbindung in drei. Drei... zwo... eins... Jetzt.«
    Der Bildschirm rauschte, wogte und formte ein dreidimensionales Bild der Countess of Northwind und einer zweiten Offizierin. Vermutlich eine Art Adjutantin, dachte Murchison. Die beiden standen in einem beeindruckenden Saal aus Holz und Stein, den der MedTech von Bildern erkannte, die er vom Fort in Tara gesehen hatte. Die Stahlwolf-Tech hantierte mit ihren Kontrollen und holte das Bild näher heran, bis man hätte glauben

Weitere Kostenlose Bücher