Schatten Des Dschungels
ein Pfannkuchen einmal direkt auf dem Kopf landet. Als die anderen ihn ausgelacht haben, gab es auf einmal in der ganzen Wohnung fliegende Pfannkuchen. Der Film davon bei YouTube hat immerhin ein paar Tausend Hits bekommen.«
»Ich habe auch ein paar Filme gemacht heute«, meine ich und zeige ihm, was ich alles aufgenommen habe: Ein paar Eindrücke aus den Baumwipfeln inklusive Nahaufnahme eines niedlichen kleinen Giftfroschs. Ein Schwenk durchs Camp mit einer herumalbernden Lindy, die sich gerade ein Bier aus der Kühlbox nimmt, im Hintergrund packt Michelle Proben ein. Pancake, der im Laborcontainer durchs Mikroskop starrt.
Falk nimmt mir die Kamera aus der Hand – und drückt dann rasch auf die Papierkorb-Taste. Beim ersten Film, beim zweiten, beim dritten. So schnell, dass ich erst gar nicht mitbekomme, was er tut.
»Was machst du da? Spinnst du?«, schreie ich ihn an und versuche, ihm meine Kamera zu entwinden. Aber er hat kräftige Hände, und als ich die Kamera endlich wiederhabe, sind sämtliche Filme von heute gelöscht. Fassungslos springe ich auf und stelle mich vor ihn hin. »So, und jetzt erklärst du mir bitte mal, was das sollte!«
Falk bleibt sitzen, er ist völlig ruhig. »Tut mir leid, Cat, ich hätte es dir vorher sagen sollen. Was wir hier machen … manches davon ist geheim. Es wäre nicht gut, wenn diese Filme im Internet landen würden, wo auch Leute der Industrie sie sich anschauen könnten. Besser, du fotografierst hier nichts von dem, was mit unserer Arbeit zu tun hat.«
»Das hättest du mir vorher sagen sollen!«, fauche ich ihn an. »Und was ist hier denn so geheim, kannst du mir das genauer erklären?«
»Ich glaube, dafür ist es noch zu früh«, sagt er und steht jetzt ebenfalls auf, blickt auf mich herunter. »Bitte vertrau mir noch etwas länger, okay?«
Aber ich bin weiterhin stinksauer und stapfe grußlos zu meiner Hängematte. Eigentlich wollte ich heute mal ausprobieren, ob in die auch zwei Leute reinpassen, aber dazu habe ich jetzt keinerlei Lust mehr. In meinem Kopf herrscht Chaos, und diesmal sind es nicht die Dschungeltiere, sondern meine Gedanken, die mich wach halten.
Verschwörer
Am nächsten Tag gehe ich in der Mittagspause alleine los, ein paar Schritte nur, ich will allein sein mit dem Wald, Kontakt aufnehmen. Falk und Lindy sind gerade damit beschäftigt, die Daten des Vormittags zu analysieren, und freuen sich darüber, dass sie ein paar ganz neue Arten entdeckt haben. Ich gebe Falk einen kurzen Abschiedskuss – auf die Wange, denn ganz verziehen habe ich ihm noch nicht – und mache mich auf den Weg.
Doch Michelles Stimme bremst mich, als ich gerade das Camp verlassen will. »He Cat, wo willst du hin?«
»Nur ein bisschen die Umgebung anschauen«, sage ich und wundere mich, dass sie überhaupt fragt – ist es nicht meine Sache, ob ich eine Runde spazieren gehen will?
»Ist besser, wenn niemand von uns allein loszieht«, erklärt Michelle knapp. »Wir haben keine Zeit, dich suchen zu gehen.«
Ich kann förmlich spüren, wie mein Blutdruck steigt. Sie klingt genau wie mein Vater, wenn er einen schlechten Tag hat. Gerade noch verkneife ich mir eine patzige Antwort, denn eigentlich hat sie ja recht. Der Regenwald kann sicher gefährlich sein, wenn man sich nicht hier auskennt. »Ich könnte meine Jacke anziehen, in der ist ein Tracker-Chip«, sage ich stattdessen. »Dann könnt ihr mich notfalls orten.«
Ganz überzeugt sieht Michelle nicht aus, aber schließlich nickt sie. »Na gut. Viel Spaß.« Ich hole meine Jacke, lasse Michelle die Frequenz des Trackers in ihr Holo-Pad einspeichern und ziehe los. Seidenweich liegt der schwarze Stoff der neuen Jacke auf meiner Haut. Meine Eltern haben sie mir zum Geburtstag geschenkt, extra für den Dschungel; erst ein Mal habe ich sie bisher getragen. Sie ist dünn, aber warm und natürlich wasserdicht. Ein unauffälliges Display am Ärmel informiert mich darüber, wie viel Strom sie gerade aus meiner Körperwärme erzeugt – fünf Watt –, und die Schulterstücke aus orangefarbener Solarfolie können genug Sonnenenergie aufnehmen, um damit mein Handy zu laden.
Ich wende dem Camp und dem riesigen umgestürzten Baum den Rücken zu und folge dem Pfad, auf dem wir auf dem Hinweg gekommen sind. Wie immer, wenn ich losstreife, spüre ich, wie meine Bewegungen sich verändern, fließender werden. Meine Sinne scheinen sich zu schärfen, nehmen jedes Geräusch auf, jede kleine Bewegung um mich herum. Mein Stadt-Ich
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