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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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gehöre.
    »Welche anderen?«, frage ich überrascht. Jetzt kommen noch eine zweite Frau und ein älterer Mann hinzu, anscheinend Verwandte meiner Gastgeberin. Sie erklären mir, dass eine Gruppe von Forschern gerade in der Gegend unterwegs ist, ebenfalls Gringos so wie ich. »Keine Tagesreise von hier«, erklärt der Mann. »Auf dem Hinweg habe ich sie geführt.«
    »Könnt ihr mich hinbringen?«, frage ich aufgeregt. Eine andere Forschergruppe! Die können vielleicht sogar schon etwas anfangen mit meinen Informationen über Last Hope! Ganz zu schweigen davon, dass sie mich nach Caracas bringen und in ein Flugzeug setzen könnten.
    »Heute nicht mehr«, sagt der Mann. »Aber morgen.«
    Ich bekomme eine Hängematte in der Hütte der Familie und bei Sonnenaufgang brechen wir auf. Die alte Frau hat meinen kaputten Schuh mit Nadel und Garn geflickt, ich kann wieder ganz gut damit laufen. Ich bedanke mich herzlich bei der gastfreundlichen Familie und umarme die alte Frau, weil sie sich so viel Mühe gegeben hat mit mir.
    Es ist ein tolles Gefühl, diesmal einen Guide zu haben. Ich laufe hinter ihm her, überlasse mich einfach seiner Führung und kann an nichts anderes denken als an eine heiße Dusche, an die Stadt und an meine Familie in Deutschland. Moskitos umschwirren mich und zapfen mich gnadenlos an, bis der Guide Mitleid mit mir bekommt und mir aus einer kleinen Flasche etwas zum Einreiben gibt.
    Gegen Abend merken wir, dass Menschen in der Nähe sind, der Duft von Essen steigt mir in die Nase, vermischt mit dem typischen Rauchgeruch eines Lagerfeuers. Mein Guide stößt einen Ruf aus und es kommt Antwort – eine Antwort mit amerikanischem Akzent!
    Unwillkürlich gehe ich schneller, und dann sehe ich auch schon blaue Zelte zwischen den Bäumen, dort ist das Lager. Mir wird unwohl zumute, als ich bemerke, dass die Zelte alle gleich aussehen und ein Konzernlogo tragen – das Zeichen von Nivato Pharmaceuticals. Verdammt, das sind genau die Leute, gegen die wir mit Last Hope gekämpft haben … und jetzt suche ich bei ihnen Schutz und Hilfe! Gut fühlt sich das nicht an, aber ich habe keine Wahl.
    Eine Frau und ein Mann sitzen mit ausgestreckten Beinen auf Klappstühlen um ein Feuer, Bierflaschen in der Hand. Neugierig recken sie den Hals, als sie uns kommen hören. Ein anderer Forscher hat anscheinend gerade seine Sachen gewaschen und hängt sie auf eine Leine, die er zwischen zwei Bäumen gespannt hat. Eine Frau in einem dunklen, eleganten Bodysuit tritt uns entgegen, mit ihren zurückgebundenen grauen Haaren sieht sie aus wie eine gealterte Lara Croft. Doch auf den zweiten Blick fallen mir die Unterschiede auf, sie hat schmalere Lippen und ein eckigeres Gesicht, das fast asketisch wirkt. Sie strahlt Autorität aus, und ich zweifele keine Sekunde lang daran, dass ich die Leiterin dieser Expedition vor mir habe. Eine tonnenschwere Last scheint von mir zu fallen, auf einmal fühle ich mich so leicht, dass ich wegschweben könnte. Diese Frau sieht taff und kompetent aus. Ich werde ihr berichten, was geschehen ist, was Last Hope plant, und sie wird alles Weitere in die Hand nehmen. Und das ist gut, ich bin so verdammt müde, ich kann nicht mehr …
    Unser Guide begrüßt die Frau freundlich und sie antwortet ihm in fließendem Spanisch. Dann wendet sie sich an mich. Aber noch bevor sie den Mund öffnen kann, ruft plötzlich jemand in Deutsch: »Cat! Ich glaub, ich spinn!«
    Verblüfft schaue ich mich um und mein Blick bleibt an einem schlaksigen jungen Mann mit rundem Gesicht und blauen Augen hängen. Gerade hat er noch die Wäsche aufgehängt, doch jetzt strahlt er mich an. Ich erkenne ihn an seinen dunklen Locken, die schon lange keinen Friseur mehr gesehen haben. Es ist Andy, der Molekularbiologe. O Mann, das ist vielleicht ein Zufall! Aber eigentlich kein sehr großer, schließlich arbeitet er am Institut für Tropenökologie – klar, dass er ab und zu mal im Regenwald ist.
    »Hi, Andy«, sage ich und würde ihm am liebsten um den Hals fallen. Es ist sowieso schon ein unglaubliches Gefühl, nach dieser Tortur im Dschungel überhaupt wieder freundliche Menschen zu treffen, aber auch noch jemandem zu begegnen, den ich kenne – das haut mich fast um. Andy freut sich offensichtlich genauso, er strahlt mich an.
    Ich drehe mich schon in seine Richtung, will auf ihn zugehen, da hält mich eine kühle Stimme auf. »Mr Waldschmidt, Sie haben unsere Unterhaltung unterbrochen«, sagt die grauhaarige Gruppenleiterin. Das

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