Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
Vom Netzwerk:
hat er sich Sam von meiner Handfläche geschnappt und umschließt ihn mit seiner Faust.
    »He!«, protestiere ich. »Noch haben wir nichts ausgemacht!« Doch Antonio hört nicht mehr zu, verblüfft starrt er ins Interface des Kristalls, jetzt sieht er zum ersten Mal den Troll. Vermutlich kann er sich auf den keinen Reim machen. »Du kannst auch irgendeine andere Figur einstellen«, sage ich. »Den Troll habe ich nur …«
    Sam gibt etwas in Spanisch von sich, das offensichtlich an Antonio gerichtet ist. Anscheinend hat er mehrere Sprachen in seiner Datenbank, und weil er das Gespräch analysiert hat, hat er sich umgestellt. Ich verstehe nur »puta« – oje, hat er ihn etwa hijo de puta , Hurensohn, genannt? Anscheinend ist das blöde Ding dabei, den Goldsucher ebenso anzublaffen wie mich. Antonios Gesicht verzerrt sich vor Wut, und bevor einer von uns reagieren kann, schleudert er Sam gegen den nächsten Baumstamm. Der Kristall prallt davon ab und fällt zu Boden, wo schon Antonios Stiefel auf ihn wartet. »So, das geschieht dem Ding recht.«
    Zu geschockt, um zu schreien, schaue ich zu. Kann Sam das überlebt haben? Am liebsten würde ich sofort hinlaufen, ich kann mich gerade noch beherrschen. Dieser miese Goldsucher, wie kommt er dazu, so mit Sam umzugehen? Am liebsten würde ich ihm die Augen auskratzen!
    »Antonio!« Luís ist wütend und bemüht sich nicht, es zu verbergen. »Was soll das? Du entschuldigst dich sofort!«
    Antonio blickt seinen Vater mürrisch an, aber er spurt. »Sorry«, sagt er beiläufig, wirkt aber nicht so, als würde es ihm leidtun. Ich schaue ihn mit einem möglichst vernichtenden Blick an und sage: »Du schuldest mir was, Antonio.«
    »Ach was! So einen Glitzerkram kann man doch überall auf den Märkten kaufen, das war doch nur ein Spielzeug.« Er winkt ab.
    »Was passiert ist, ist passiert«, sagt Luís, auch er scheint die ganze Sache gerne vergessen zu wollen. »Was hast du noch anzubieten, Katharina?«
    Nichts. Nichts, verdammt!
    Edo starrt mich mit noch immer irgendwie unheimlichem Blick an. Dann deutet er auf mich, nein, auf meine Hüfte. Drohend starre ich zurück, doch dann brummt Edo: »Ist ’ne gute Machete, scheint mir«, und ich verstehe.
    Zögernd löse ich die Klinge von meinem Gürtel; neben meinen inzwischen langen und schartigen Fingernägeln ist sie meine letzte Waffe. Luís nimmt die Machete, schwingt sie probeweise und prüft die Schneide mit dem Daumen. »Gute Qualität«, knurrt er. »Müsste aber mal wieder geschärft werden.« Reihum probiert jeder mal die Machete an den Pflanzen rund ums Camp aus.
    »Die Machete und die hundert Dollar zusammen, das reicht, das ist mehr als genug für den Flug«, sage ich entschieden zu Luís und hoffe, dass ich nicht zu hoch pokere. Doch diesmal nickt Luís, wenn auch zögernd. » De acuerdo . Okay. Edo, hast du den Heli schon repariert?«
    Edo nickt und murmelt irgendetwas, dann steht er auf und geht in den Dschungel hinein. Wahrscheinlich will er sich um den Hubschrauber kümmern. Luís klopft mir auf die Schulter und schlägt ein Kreuzzeichen über mich, dann wendet er sich wieder den anderen zu. Ich beeile mich, hinter Edo herzugehen, bevor er im Wald außer Sicht ist. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass die anderen Männer wieder an ihre Arbeit auf der schlammigen Dschungelbaustelle gehen. Kaum haben sie mir den Rücken zugewandt, bücke ich mich unauffällig und hebe Sam auf. Der blaue Kristall wirkt fast unbeschädigt, aber sein inneres Licht ist erloschen. Ich schicke einen lautlosen Fluch in Antonios Richtung, lasse Sam in meine Jackentasche gleiten und biege auf den Trampelpfad ein, der zum Hubschrauber zu führen scheint. Es sind nur ein paar Minuten Fußmarsch, dann öffnet sich der Wald zu einer Lichtung.
    Ungläubig starre ich auf den Hubschrauber der Goldsucher, der hier steht. Edo ist dabei, die grünen Tarnnetze davon herunterzuziehen, und man sieht ihn in seiner ganzen Hässlichkeit. Irgendjemand hat ihn aus Metallrohren selbst zusammengeschweißt, die vier zerschlissenen Sitze stammen offensichtlich aus einer ausgedienten Passagiermaschine, man kann den eingewebten Namen der Airline noch erkennen.
    Edo kriecht um den Heli herum, schraubt hier herum, schraubt dort herum, Öl tropft auf den Dschungelboden. Aus am Waldrand aufgereihten Plastikkanistern füllt er gluckernd Sprit nach und der Gestank nach Benzin verpestet die Lichtung. Mich beschleicht der Verdacht, dass Edo Chefmechaniker und Pilot der

Weitere Kostenlose Bücher