Schatten des Schicksals
die Wahrheit aussprach, muss ich nach Washington zurückfahren, während meine Männer der Gefahr ohne mich ins Auge schauen. «
Bevor Sloan antwortete, zögerte er kurz. »Wann immer ich Sie um eine vernünftige Erklärung für die Regierungspolitik bitte, erwidern Sie: >So ist das nun einmal.< Deshalb wurde unser alter General Grant zum Präsidenten ernannt. Weil es nun einmal so ist.- Deshalb ist sein Bruder korrupt was er vermutlich sogar zugibt. Aber indem Sie dagegen vorgehen, machen Sie sich nicht sonderlich beliebt Sir. Wenn Sie nach Washington zurückkehren, sollten Sie alle Fragen beantworten, die man Ihnen stellt, Ihr Bestes tun, und sich dabei ehrlich und zugleich diplomatisch verhalten.«
Custer starrte ihn an und schüttelte den Kopf, »Wie zum Teufel haben Sie's in all den Jahren geschafft. Sie sprechen aus, was Sie denken, rebellieren gegen Sheridan, der übrigens fürchtet Sie könnten ihn eines Tages skalpieren. Trotzdem wurden Sie bisher nicht gehängt.«
»Weil ich mich niemals mit dem Bruder des Präsidenten angelegt habe.«
»Was für eine verdammte Farce! « Er schob einen Brief über den Schreibtisch. »Schauen Sie sich das an! Diese Debatte habe ich eröffnet, weil Belknap zahlreiche Soldaten zwang, ihre Vorräte bei korrupten Auftragnehmern zu kaufen. Ich argumentierte, solche Dinge müss ten vom Militär organisiert werden, nicht von unfähigen Dieben und Räubern im Ministerium für Indianerangelegenheiten. Was die Lebensmittellieferungen in die Reservate betrifft - da geht's genauso drunter und drüber. Unsere >guten< Indianer verhungern, weil die Zuschüsse der Regierung von deren Auftragnehmern gestohlen werden. Und so haben hunderte, vielleicht tausende friedliche Indianer Gebiete wie die Red Cloud Agency verlassen, um sich den Feinden anzuschließen*wo immer sie sich gerade herumtreiben! Die Regierung wirft uns vor, wir würden unsere Feinde nicht bestrafen. Und bei jedem Feldzug sorgt sie dafür, dass uns neue Feinde gegenüberstehen.«
Sloan überflog den Brief. Mit dieser Situation hatte er mehr oder weniger gerechnet.
»Schließen sich die Indianer, die ihre Reservate verlassen, tatsächlich unseren Feinden an, Major?« fragte Custer.
»Vermutlich. Was würden Sie unter diesen Umständen tun?«
Fluchend sprang Custer auf und begann umherzuwandern. »Wie Sie wissen, plant Sheridan eine dreizackige Zangenbewegung. Jeder, der zehn zusammenhängende Sätze lesen kann, ist über diese Strategie informiert. General Crook ist bereits aus dem Fort Fetterman Richtung Norden geritten - angeblich als Beobachter, während Joe Reynolds als Kommandant fungiert. Aber ich kenne Crook. Sicher führt er selber das Kommando. Er wird die erste Zacke von Sheridans Zangenbewegung bilden. Währenddessen fahre ich nach Washington!«
»Sie haben keine Wahl, Sir. Und Sie kennen -ebenso wie General Terry die Gefahren einer Winter-Offensive. General Crook und seine Truppen könnten monatelang irgendwo festsitzen.«
»Aber er kämpft vor Ort«, stöhnte Custer, dann räusperte er sich, »Wir sind oft verschiedener Meinung, Trelawny. Aber in diesem Fall bitte ich Sie um Hilfe. «
»Vorerst bekleiden Sie immer noch einen höheren Rang als ich«, erinnerte ihn Sloan.
»Trotzdem will ich Ihnen keinen Befehl erteilen. Ich ersuche Sie, mich in einer Angelegenheit zu unterstützen, die mir nicht so viel bedeutet wie Ihnen. Wenn Sie Sherman, Sheridan und Grant schreiben, wäre ich Ihnen zu Dank verpflichtet. Was die Sioux betrifft, mögen sie uns feindlich oder friedlich gesinnt sein, respektiert man Ihre Meinung. Wenn Sie die Gentlemen über die Korruption in den Reservatsbehörden informieren ... «
»Was das betrifft, können Sie sich auf meinen Beistand verlassen, Sir.«
»Gut.« Custer blickte auf seine zitternden Hände hinab und schlang die Finger fest ineinander. Die langen blonden Locken, auf seinem ruhmreichen Weg durch den Sezessionskrieg sein Markenzeichen, hatte er längst abgeschnitten. Jetzt wirkte er viel älter - und ernsthaft wie nie zuvor. Sloan salutierte und verließ das Büro.
Auf der hölzernen Veranda vor dem Hauptquartier blieb er stehen. Er würde Custer unterstützen, weil er es für richtig hielt. Aber was für eine Ironie ... Der Colonel würde zurückkehren und gegen die Sioux kämpfen. Und in dieser Phase des Konflikts konnte Sloan nichts tun, um seinen indianischen Freunden und Verwandten beizustehen.
Crazy Horse wollte Krieg führen, und Sitting Bull, der die Achtung
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