Schatten des Wolfes - Schatten des Wolfes - Cry Wolf (Alpha & Omega 1)
die Treppe hinauf, und Anspannung lag in der Luft, als sie die Bibel durchblätterte und unter gesenkten Wimpern die Anwesenden beobachtete.
Sie legte den Finger auf eine Seite und las. »Denn das ist die Botschaft, die ihr gehört habt von Anfang, dass wir uns untereinander lieben sollen. Nicht wie Kain, der von dem Argen war und erwürgte seinen Bruder. Und warum erwürgte er ihn? Weil seine Werke böse waren, und die seines Bruders gerecht.«
»Shawna, Carters Enkelin«, murmelte Charles ihr zu. »Das hier wird hässlich werden.«
»Sie hat nicht lange genug gesucht«, sagte Samuel ebenso ruhig, aber mit einer kleinen Spur von Heiterkeit. »Es gibt in der Bibel scharfzüngigere Autoren als Johannes.«
Sie fuhr noch ein wenig fort, dann sah sie den Marrok direkt an, der ihr den Gefallen tat und ihren Blick erwiderte. Anna spürte nichts von der Macht des Alpha, aber das Mädchen senkte den Blick nach nicht mehr als einer halben Sekunde.
»Sie war in der Schule«, sagte Charles mit beinahe lautloser Stimme. Alle, Werwolf oder nicht, die weiter von
ihm entfernt waren als Anna, hätten ihn nicht hören können. »Sie ist jung und sehr von sich überzeugt - und hat Dads Stellung in Aspen Creek abgelehnt, lange bevor unser Doc Wallace die fatale Entscheidung traf, ein Werwolf zu werden. Aber das zu seiner Beisetzung vorzutragen ist unentschuldbar.«
Ah. Plötzlich begriff sie die Spannung und den Zorn. Carter Wallace war verändert worden. Er hatte den Übergang nicht gut hinter sich gebracht, und Bran war gezwungen gewesen, ihn zu töten.
Carter war Brans Freund gewesen, hatte er gesagt. Irgendwie glaubte sie nicht, als sie sein verschlossenes Gesicht sah, dass er viele Freunde hatte.
Sie griff über ihre Schulter, wo seine Hand ach so lässig hing, und sie nahm die Hand des Marrok in ihre. Es war eine impulsive Tat, und sobald sie erkannte, was sie da gemacht hatte, erstarrte sie. Aber inzwischen hatte er ihre Hand in einen festen Griff genommen, der die lässige Pose Lügen strafte. Es tat weh, aber sie glaubte nicht, dass das seine Absicht war. Einen Moment später wurde sein Griff sanfter.
Auf der Kanzel sprach Shawna nun wieder, ihre Bitterkeit offenbar nicht verringert von ihrer Unfähigkeit, Bran niederzustarren. »Mein Großvater war dabei, an Knochenkrebs zu sterben, als der Marrok ihn zur Veränderung überredete. Gramps hatte nie ein Werwolf sein wollen, aber geschwächt und krank ließ er es zu.« Ihre Ansprache klang für Anna auswendig gelernt, als hätte sie sie vor einem Spiegel eingeübt.
»Er hörte auf seinen Freund. «Sie sah Bran nicht wieder an. Aber nicht einmal Anna, die den toten Mann nicht gekannt hatte, war unsicher, wen sie meinte. »Also starb er
nicht an der Krankheit, sondern an gebrochenem Genick, weil Bran zu der Ansicht gekommen war, dass er als Werwolf nicht gut genug sein würde. Vielleicht hätte Gramps das für einen besseren Tod gehalten.« Ihr »ich nicht« blieb ungesagt, aber es hallte durch den Raum, nachdem sie die Kanzel verlassen hatte.
Anna war bereit, sie zu hassen, aber als das Mädchen mit trotzig erhobenem Kinn an ihnen vorbeikam, bemerkte sie, dass ihre Augen rot und geschwollen waren.
Es gab einen Augenblick, als sie dachte, Charles würde aufspringen, sie konnte diesen brodelnden Zorn in ihm spüren, wie er größer und stärker wurde, aber es war Samuel, der aufstand. Er ließ seinen Geigenkasten hinter sich, als er zum Podium ging.
Als könne er die Atmosphäre nicht fühlen, erzählte er die Geschichte eines sehr jungen Carter Wallace, der der Obhut seiner Mutter entkommen und schließlich drei Meilen weit in den Wald gewandert war, bevor sein Vater ihn schließlich zwei Fuß entfernt von einer verärgerten Klapperschlange fand. Carters Werwolfvater tötete die Schlange - und brachte damit seinen Sohn gegen sich auf. »Ich habe Carter nie zuvor so wütend gesehen, und auch seitdem nicht mehr.« Samuel grinste. »Er war sicher, dass die Schlange sein Freund war, und der arme Henry, Carters Vater, war zu erschüttert, um ihm zu widersprechen.«
Samuels Lächeln erstarb, und er ließ das Schweigen sich wieder aufbauen, bevor er weitersprach. »Shawna war nicht hier, als die Debatte stattfand, also entschuldige ich, dass sie nicht informiert war«, sagte er. »Mein Vater hielt es nicht für eine gute Idee, dass Carter sich der Veränderung stellte. Er sagte uns allen, auch Doc, dass Doc zu weichherzig sei, um als Wolf gedeihen zu können.«
Die Kanzel
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