Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
Vom Netzwerk:
selbst. Und dieser schien gerade Stück für Stück auseinanderzufallen.
    Nathaniel erhob sich und ging zur Tür, die auf die Terrasse führte. Er sah hinaus in den Garten. Nach einer Weile der Stille, die nur von Sinans heftigen Atemzügen unterbrochen wurde, sagte er: »Eines Tages werde ich Innozenz in seiner Selbstherrlichkeit treffen. Wie ein aufgescheuchtes Huhn werde ich ihn flattern sehen und Zeuge werden, wie er Gift und Galle speit.«
    Er drehte sich zu Sinan um. »Wir haben immer noch das Pergament. Unter diesen Umständen können wir Bruder Bernardo nicht schonen. Er muss es herausgeben.«
    »Bruder Bernardo sitzt im Kerker«, erwiderte Sinan dumpf.
    »Ich weiß. Ich weiß aber auch, dass Innozenz ihn nicht hinrichten lassen wird. Er fürchtet einen Aufstand. Deshalb haben wir genug Zeit, Bernardo zu bewegen, uns das Versteck zu verraten. Einer der Kerkermeister steht auf unserer Seite.«
    »Das Pergament ist nutzlos. Es ist eine Fälschung«, stieß Sinan tonlos hervor. Er hätte es am liebsten verschwiegen.
    »Was? Wer sagt das?«
    »Innozenz persönlich. Er besitzt die lateinische Übersetzung und hat sie überprüfen lassen.«
    Nathaniel geriet sichtlich außer Fassung. »Aber die Übersetzung ist doch – womit hat er die Fälschung denn begründet?«
    »Begründet hat er sie nicht, nur behauptet, er sei sich dessen ganz sicher.«
    Nathaniel ließ den Text vor seinem inneren Auge vorübergleiten. Was war falsch daran? Was war ihm entgangen? Er konnte nichts finden. War jemand im Lateran scharfsinniger als er selbst? »Eine Schutzbehauptung«, murmelte er. »Das Pergament ist echt.«
    Aber Sinan merkte, dass der Meister selbst nicht überzeugt war.
    »Wir kümmern uns später darum«, sagte er schroff. »Jetzt zu dir. Du musst vorübergehend aus Rom verschwinden, dorthin, wo der Arm des Papstes dich nicht erreicht.«
    »Ja Meister.«
    »Du gehst nach Hama in Syrien. Dort regiert az-Zahir aus dem Geschlecht der Ayyubiden und ein Sohn Saladins. Ich bin ihm freundschaftlich verbunden. Ihm und auch Omar al-Mamun, dem Herrscher auf der Festung Masyaf. Er ist ein Führer der Nizaris, einer Glaubensgemeinschaft, die Fidawis ausbildet, um den Lauf der Geschichte im Sinne des wahren Islam zu verändern. Ich möchte, dass du mit den beiden erwähnten Männern Kontakt aufnimmst. Große Umwälzungen stehen bevor. Muslime, Templer und unsere Bruderschaft, wir sind uns in manchen Dingen sehr nahe und verfolgen ähnliche Ziele. Ziele, die weit über das hinausgehen, wie ein anmaßender Papst sich die Welt vorstellt.«
    »Und Ihr, Meister? Was wird nun aus Euch? Ihr werdet den Stuhl Petri nicht besteigen.«
    »Ich kehre einstweilen nach St. Marien zurück. Der Papst ist sehr krank. Die vernunftbegabten Kräfte haben tausend Jahre gewartet, wir können noch ein bisschen länger warten. Denke an die Feuerwächter des Mithras. Der eine hebt, der andere senkt die Fackel, so halten sie die Welt im Gleichgewicht.«
    Nathaniel schickte sich an zu gehen. In der Tür drehte er sich noch einmal um. »Säume nicht. Man wird nach dem Attentat in Rom keinen Stein auf dem anderen lassen.« Dann glitt ein Anflug von Zärtlichkeit über sein Gesicht, und er zwinkerte Sinan zu. »Die Orientalen lieben Geschichtenerzähler.«
    ***
    Agnes und Octavien lagen auf dem Bett und hatten sich geliebt. Nach so langer Zeit hätte ein dazwischenfahrender Blitz sie nicht trennen können, und Ulrich war nicht daheim. Alle Bedenken waren vorübergehend vergessen. Agnes lauschte seinem gleichmäßigen Atem. War er schon eingeschlafen? Sie spürte den Duft seines Haares, seiner Haut, alles an ihm roch nach Männlichkeit, nach einem kraftvollen, aber zärtlichen Mann. Wie konnte es anders sein?
    Octavien hielt die Augen geschlossen. Nach genossener Lust war er nicht sehr gesprächig, er hing seinen Gedanken nach, und die kreisten um die Rückkehr auf das mütterliche Gut und wie er seine Mutter vor einem Herzanfall bewahren konnte.
    »Schläfst du, Octavien?«
    »Ja.«
    »Ich hoffe, du hattest damals keinen Ärger bekommen.«
    »Was für Ärger?«
    »Na, weil dir doch das Päckchen gestohlen wurde. Ich hoffe, es war nichts Wichtiges.«
    »Ach das.«
    Octavien gähnte. »Das hatte überhaupt keine Bedeutung, ich meine, es waren alte Briefe von meinem Onkel.«
    Du alter Lügner,
dachte Agnes.
Alte Briefe deines Onkels hätten Bruder Bernardo bestimmt kein Halleluja entlockt.
»Na, dann ist ja gut.«
    Sie drehte sich auf den Bauch und wickelte sich eine

Weitere Kostenlose Bücher