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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Pergament. Er legte den Rock über einen Hocker. Emanuel erfasste plötzlich eine Unruhe.
    »Ich lasse dich jetzt allein. Wenn du etwas brauchst, dann rufe mich, ich bin nebenan. Ich werde dann klopfen.«
    Bernardos Blick bewegte sich zur Tür. Tatsächlich konnte man einen Riegel davorschieben. Das war in anderen Klöstern, soweit sie überhaupt über eine Badegelegenheit verfügten, undenkbar. Was konnte da alles hinter verschlossenen Türen passieren! Aber war das hier ein Kloster? Natürlich nicht.
    Was kann da alles passieren!,
ging es ihm noch einmal durch den Kopf.
Ja was?
    Du weißt doch ganz genau, was! Du Sündigster unter den Brüdern!,
durchfuhr es Bernardo, und eine beschämende Hitze stieg ihm ins Gesicht. Der unsichtbare Besucher, der sich zwischen sie gedrängt hatte, hieß Unkeuschheit und Schlimmeres, er hieß Todsünde.
Bei allen Heiligen,
dachte Bernardo,
weshalb versucht mich der Satan gerade hier an diesem Ort, in diesem Raum? Habe ich nicht auf der Reise allen Verlockungen widerstanden?
Natürlich! Dieser mit allem Luxus und allen himmlischen Düften ausgestattete Raum war so süß für den Sünder wie eine Honigfalle für die Bienen. Hier entledigte man sich seiner Kleider und gab sich in seiner Nacktheit preis. Weder Frauen noch Männern durfte sich ein Mönch so zeigen. Aber galten diese vom Papst geheiligten Regeln für ihn noch?
    Emanuel war schon an der Tür, da stellte sich Bernardo vor ihn. Mit gleichmütiger Stimme sagte er. »Es ist nicht nötig, dass du gehst. Während ich ein Bad nehme, können wir uns doch unterhalten.«
    Emanuel wurde knallrot. »Das ist nicht schicklich«, murmelte er.«
    »Du meinst sündhaft? Doch nur, wenn einer von uns dabei sündige Gedanken hätte, nicht wahr?«
    »Es heißt: ›Führe uns nicht in Versuchung.‹«, stammelte Emanuel.
    »Oder wie der Volksmund sagt: ›Gelegenheit macht Diebe.‹«, lächelte Bernardo. »Hältst du das hier für eine solche Gelegenheit?«
    Die Antwort blieb Emanuel im Halse stecken. Er ärgerte sich über sich selbst, dass er sich immer noch auf die Bibel berief, obwohl er sich doch eigentlich von diesen lebensfremden Grundsätzen entfernen wollte. Was für eine unwirkliche Situation!
    Bernardo strich Emanuel zart über die Wange. »Du bist sehr schön. Damals in Köln ist mir das nicht aufgefallen. Wieso eigentlich nicht?«
    Emanuel stieß die Hand fort. »Lass das, das ist verboten.«
    »Ja wahrscheinlich. Aber der Heilige Vater sieht uns hier nicht.«
    »Du spottest.«
    »Und du heuchelst.«
    »Wir sind Mönche!«
    »Nein Emanuel, wir sind Männer. Die Kirche machte uns zu Mönchen, nicht Gott. Zieh deinen Kaftan aus, wir baden gemeinsam.«
    »Nein!« Emanuel wollte sich an Bernardo vorbeidrängen. Er konnte sich vor niemandem nackt zeigen, niemals!
    Bernardo verstellte ihm den Weg und bog ihm sanft die Arme auseinander, die Emanuel sich krampfhaft um den Leib geschlungen hatte. Dann öffnete er ihm den Gürtel. Emanuel meinte, zu Marmor zu werden. Bernardo schloss die Tür und schob den Riegel vor. Dann begann er, sich zu entkleiden. Nackt stand er vor Emanuel, der keinen Finger rühren konnte. Mit Entsetzen erinnerte er sich jenes Tages, als Octavien vor ihm nackt in den Bach gesprungen war. An die Gefühle, die er dabei empfunden und die er sofort in die tiefsten Abgründe seiner Seele verbannt hatte. »Ich kann das nicht«, flüsterte er.
    »Warte, ich helfe dir.« Bernardo trat an ihn heran, Emanuel roch seinen Schweiß und daneben einen herben Geruch nach Leder und feuchter Erde. Hände legten sich auf seine Schultern, verweilten dort mit sanftem Druck, streiften ihm dann die Ärmel herunter, das schöne orientalische Gewand rollte sich von seinem Körper, fiel zu Boden, Emanuel schwankte, und Bernardo hielt ihn.
    »Für mich ist es doch auch neu.« Ganz eng zog er ihn an sich und drückte ihm seine Lippen auf den Hals. »Wie weich ist deine Haut, goldbraun und glänzend. Glaube mir, deine Schönheit kommt von Gott. Ich darf sie berühren, ich darf sie atmen, und ich weiß, dass Gott mir dieses Erlebnis schenkt. Uns beiden schenkt, Emanuel.«
    Flüchtig dachte Emanuel daran, dass er schon einmal verführt worden war. Damals war der Satan in diese Frau gefahren. Aber war der Satan auch in Bernardo? Konnte das, was er bei seiner Berührung empfand, vom Teufel kommen? Ja, viele kleine Wollustteufelchen schienen da am Werke und sammelten sich an dem Ort, wo das Böse wohnte, die fleischliche Begierde. Eine warme Hand

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