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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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war. Aber waren das nicht alle?
    »Dieser Hassan hat keine Wahl«, erwiderte Sinan kalt. »Ich würde ihn töten.«
    Jetzt zuckte Nicholas zusammen. »Das würdest du tun?«
    »Warum nicht? Ich beherrsche mein Handwerk.«
    Nicholas drehte sich zu Sinan um und sah ihm in die Augen. »Ich verstehe dich nicht.«
    »Weißt du, was ein Sicario ist?«
    »Ja, ein gedungener Mörder, einer, der für Geld tötet.«
    »So ist es. Du fickst für Geld, ich töte für Geld, ich finde, wir geben ein schönes Paar ab, der Sicario und der Lustknabe.«
    »Du scherzt. Du bist doch ein Spielmann.«
    »Nebenbei, Nicholas, nebenbei. Man muss in viele Rollen schlüpfen, wenn man in dieser Welt bestehen will, das hast du selbst am eigenen Leibe erfahren.«
    »Aber ich würde niemals töten.«
    Sinan hob Nicholas’ Kinn ein wenig an und hielt seinen Blick fest. »Nun höre mir einmal zu. Du würdest nicht töten, und ich würde meinen Körper nicht verkaufen. Wir sollten mehr Verständnis füreinander aufbringen und das Beste aus der Situation machen.«

Rittergut Dreieichen
    Die Arbeiter auf den Feldern hatten ihn bereits gesehen, das Gerücht seiner Ankunft verbreitete sich schnell bis hin zum Gutshof. Und er war nicht allein. Eine Frau ritt an seiner Seite. Ihre kastanienfarbenen Locken ließ sie offen im Wind wehen. Sie hatte sie nicht einmal zu einem Zopf geflochten. Was mochte das für eine sein? Mägde und Knechte standen in kleinen Gruppen zusammen und tuschelten miteinander. Hatte der junge Herr seine Braut mitgebracht? Wenn der Hausverwalter kam, sprangen sie allerdings rasch auseinander.
    Die Rückkehr Octaviens auf das Gut sorgte nicht eben für Begeisterung bei ihnen. Diesem hochmütigen Junker, der stets durch einen hindurchsah, als sei man nicht vorhanden, der fünfmal am Tag seine Kleider wechselte, sodass die Wäscherinnen und Plätterinnen kaum nachkamen, der jeden Fehltritt unnachsichtig von seinem Hausmeier ahnden ließ, ohne allerdings der Strafe beizuwohnen, das wäre unter seiner Würde gewesen, diesem Manne brachte kaum jemand so etwas wie Wiedersehensfreude entgegen. Im Gegenteil, die Zeiten, die ohnehin nicht rosig waren, würden sich wieder verschlechtern. Und eine weitere Frau im Haus, das konnte nur zu Zänkereien führen, die das Personal auszubaden hatte.
    Es blieb nicht aus, dass Sieglinde, Octaviens Mutter und Herrin auf dem Rittergut Dreieichen, schon frühzeitig von der Rückkehr ihres Sohnes erfuhr. Jeder im Dorf kannte ihn und wollte die Neuigkeit als Erster vermelden. Auch hier ging die bange Befürchtung um, wie es nun weitergehen würde. Was den jungen Herrn in die Welt hinausgetrieben hatte, wussten sie nicht, aber seine herrische Haltung, mit der er zu Pferde saß, kündete nicht von Kümmernis oder Niederlagen. Ganz offensichtlich waren seine Geschäfte gut gelaufen, und er war noch hochmütiger und pedantischer zurückgekommen.
    Natürlich wusste Sieglinde nun auch, dass er mit einer Frau zurückkam. Einer Frau, die es nicht für nötig hielt, ihr langes Haar mit einer Haube zu bedecken und die breitbeinig wie ein Mann zu Pferde saß. Sollte Octavien so dreist sein, ganz offen an der Seite seiner Metze in Dreieichen einzureiten? Sie hatte ihn standesgemäß erzogen. Er würde doch in der Fremde keine vulgären Manieren angenommen haben? Sie seufzte.
    Die Frau musste natürlich sofort in irgendeiner Kammer verschwinden, damit sie ihrem Sohn diese Flausen gleich austreiben konnte. Sie erteilte Gottlieb, ihrem Hausmeister, entsprechende Anweisungen. Anschließend begab sie sich auf ihr Zimmer. Sie dachte nicht daran, ihm am Tor entgegenzutreten und ihn in aller Öffentlichkeit zu umarmen wie eine tumbe Bäuerin. Sie war eine Saint-Amand, und ihr Gatte war ein Tempelritter der ersten Stunde gewesen. Angeblich mit einer Stickarbeit beschäftigt, lauschte sie auf die Geräusche, die vom Hof heraufdrangen. Obwohl ihr Herz ungeduldig klopfte, blieb sie nach außen kühl und beherrscht. Mit geradem Rücken und gespitztem Ohr wartete sie, dass Octavien ihr die Aufwartung machte.
    Als er eintrat, hätte sie trotz ihres Bemühens um eine tadellose Haltung beinahe die Fassung verloren. Sie presste die Lippen zusammen, um einen empörten Aufschrei zu unterdrücken. Octavien hatte die Frau mitgebracht! Er wagte es, mit dieser Person ihr Gemach zu betreten, als handele es sich bei ihr um eine Dame von Stand. Aber selbst dann hätte sie zurückstehen müssen, und warten, bis sich Mutter und Sohn begrüßt hatten.

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