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Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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aber bis jetzt in den Wind geschlagen hatte, und suchte mir einen Advokaten.
    »Mit einem Goldstück dachtest du, dir die Türen zur päpstlichen Kanzlei zu öffnen? Das schmiert doch nicht einmal die Angeln des Außenportals!« Und er knüpfte mir zehn Goldstücke ab, angeblich, um mit ihnen bis ins Vorzimmer der Heiligkeit vorzudringen.
    Ob ihm das gelungen war, wie er mir strahlend mitteilte, weiß ich nicht. Doch selbst wenn: Der zwölfte Oktober war jedenfalls schon weit überschritten.
    Was sich bloß Doktor Giovanni und Giulietta denken mochten? Eine Nachricht konnte ich ihnen ja nicht senden, da ich sie bei meinem Abschied in dem Glauben gelassen hatte, nach Siebenbürgen zu reiten. Und ihnen die Wahrheit zu sagen hätte keinen Sinn gehabt: Entweder ich erreichte meine Legitimierung, dann konnte in Padua alles in Ordnung gebracht werden, oder ich erreichte sie nicht, dann durfte ich mich dort sowieso nicht mehr sehen lassen. Ob wohl Giulietta sich Sorgen um mich machte? Oder ob sich ihr schönes Gesicht rötete, wenn ein anderer ihr unter die Augen trat? Sie war ja durch kein Wort, kein Versprechen an mich gebunden.
    Der Winter kam. »Bis Weihnachten werden wir es geschafft haben«, sagte mein Advokat und strich eine weitere Zahlung ein. Doch zu Weihnachten hieß es, der Papst sei erkrankt. Ich hielt das für eine Ausflucht der Kanzlisten, die in ganz Rom – was sage ich, in der ganzen Christenheit! – wegen ihrer Praktiken verschrien waren. Aber diesmal tat ich ihnen unrecht. Denn am 20. Februar des Jahres 1431 schloss Seine Heiligkeit, der Papst Martinus der Fünfte, seine Augen für immer.
    Die Glockentöne, die dieses Ereignis urbi et orbi verkündeten, weckten mich eines Morgens aus dem Schlaf. Ich musste nicht lange fragen, was geschehen sei, denn während ich noch im Bett lag, stürzte Antonio in meine Kammer und rief: »Unser Vater ist gestorben! Unser Vater ist gestorben!« Und Tränen standen ihm in den Augen.
    Es war kein Zweifel: Das römische Volk liebte diesen alten Mann, der nach mehr als hundert Jahren furchtbarer Wirren, dem Auszug der Päpste nach Avignon (dieser »babylonischen Gefangenschaft« der Kirche) und dem großen Kirchenschisma, der Erste war, der wieder unangefochten in Rom residierte.
    Und nun das Fieber, das die ganze Stadt ergriff. Die Intrigen, die gesponnen wurden, um dem Venezianer Gabriel Condolmieri auf den päpstlichen Stuhl zu verhelfen! Die Unstimmigkeiten zwischen dem neuen Papst, der sich Eugenius der Vierte nannte, und den Verwandten des alten, den Colonna, die einen Teil des päpstlichen Schatzes und viele Kastelle in Rom und andern Städten des Kirchenstaates in ihrer Hand hielten!
    Eugenius ließ einige Kurialbeamte verhaften, darunter auch den Vicecamerlengo (in dessen Händen meine Eingabe schließlich gelandet war), was die Kardinale aus dem Hause Colonna bewog, Rom zu verlassen. Es kam so weit, dass der Fürst von Salerno, Antonio Colonna, die Stadt überfiel. O der Gewalttaten und Verwüstungen, die hierbei geschahen! Die päpstlichen Truppen siegten, die Häuser und Paläste der Aufständischen wurden erstürmt und zerstört, den alten Ruinen viele neue hinzugefügt. Und das Blut der Erschlagenen färbte die Steine.
    Keine Rede davon, dass ich bei dieser Lage der Dinge an einen Fortgang meiner Angelegenheit auch nur denken konnte. Und meine Barschaft war in einem Maße dahingeschmolzen, wie ich es niemals hätte voraussehen können. In wenigen Monaten musste sie aufgezehrt sein.
    Hatte es überhaupt noch einen Sinn für mich, in Rom zu bleiben? Das Spiel, sobald sich die Gemüter bei der Kurie gelegt hatten, von Neuem zu beginnen, die Eingabe, falls sie nicht mehr auffindbar wäre, durch eine Zweitschrift zu ersetzen und einem neuen Visecamerlengo zu unterbreiten? Gewiss, ich konnte nach Bologna reiten und den Freund um Hilfe bitten. Aber auch das musste ich von Woche zu Woche verschieben, denn aus der Campagna wurden neue Kriegswirren gemeldet, hier waren die Colonna obenauf und verwüsteten die Besitzungen der Päpstlichen.
    Es wurde Spätsommer, bis der Friede endlich zustande kam, doch als ich mich eben zur Reise fertigmachte, stand Hans Trautenberger plötzlich vor mir.
    »Ich wollte Italien nicht verlassen«, sagte er, »ohne die Ewige Stadt gesehen zu haben – aber die habt ihr ja nun schön hergerichtet!«
    »Das hättest du wissen und zu Hause bleiben können«, erwiderte ich, fast ein wenig gekränkt.
    »Ich habe es gewusst und wäre zu Hause

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