Schatten ueber Broughton House
Zwillingen unterhielt. Zu viele schlaflose Nächte hatte sie schon damit verbracht, ihre Beziehung zu Theo zu überdenken, und war zu keiner Antwort gelangt, die Anlass zur Hoffnung gegeben hätte.
Wenngleich sie nun nicht mehr glaubte, dass er für den Tod ihres Bruders verantwortlich war, schienen ihr die Hindernisse zwischen ihnen nach wie vor unüberwindbar. Ein künftiger Duke - selbst wenn er einer so unkonventionellen Familie entstammte, wie die Morelands es waren - heiratete keine unbedeutende Amerikanerin. Zwar gab es Eheschließungen zwischen englischen Adeligen und amerikanischen Erbinnen, doch hier machte das Vermögen den Mangel der Herkunft wett. Aber Megan war keine Erbin.
Daher fand sie sich besser mit der Tatsache ab, dass Theo Moreland keine New Yorker Zeitungsreporterin heiraten konnte und es auch nicht tun würde. Und da sie nicht zu jenen Frauen gehörte, die sich mit weniger zufrieden gaben, war der Leidenschaft, die nur allzu häufig zwischen ihnen aufflammte, wohl keine Zukunft beschieden.
Megan musste sich jedoch ehrlicherweise eingestehen, dass Theo wie noch kein Mann zuvor eine gewisse Wirkung auf sie hatte. Sie brauchte ihn nur anzusehen, und schon spürte sie ein unbändiges Verlangen tief in ihrem Innern und ein wohliges Kribbeln auf der Haut. Sie begehrte ihn. Vielleicht war sie sogar gefährlich nah daran, sich in ihn zu verlieben. Bloß würde sie nicht so töricht sein, es so weit kommen zu lassen.
Schließlich war sie keine verträumte Romantikerin wie ihre Schwester. Sie war eine Frau, die wusste, wie es in der Welt zuging. Und sie beabsichtigte keineswegs, in etwas zu geraten, über das sie keine Kontrolle mehr hatte. So lange hatte sie sich ihr Herz - und ihre Tugend - nun schon bewahrt, und das würde sie auch weiterhin.
Nachdem die Zwillinge sich zum Naturkundeunterricht bei Thisbe aufgemacht hatten, wandte Megan sich daher auch mit sehr geschäftsmäßiger Miene an Theo und schenkte seinem erwartungsvollen Lächeln gar keine Beachtung.
„Ich wäre jetzt so weit, mit Mr. Barchester zu reden“, meinte sie abrupt.
Er hob zwar eine Braue wegen ihres forschen Benehmens, sagte indes nur: „Gut. Ich habe die Kutsche Vorfahren lassen.“ Megan nahm sich Hut und Handschuhe und war vollauf damit beschäftigt, beides anzulegen, als sie die Treppe hinuntergingen. Deshalb hätte sie auch unmöglich noch Theos Arm ergreifen können, den er ihr anbot. Er warf ihr einen etwas argwöhnischen Blick zu, sagte jedoch nichts.
Erst als sie in die Kutsche stieg und dabei abermals seine Hand ausschlug, die er ihr hilfreich anbot, fragte er ungehalten: „Haben Sie es sich noch einmal anders überlegt und halten mich jetzt doch wieder für den Schurken?“
„Wie bitte?“ Sie schaute ihn verwundert an, schlug vor seinem durchdringenden Blick jedoch rasch die Augen nieder. „Natürlich nicht. Reden Sie keinen Unsinn.“
„Und warum benehmen Sie sich denn dann, als hätte ich die Beulenpest?“
„Das müssen Sie sich einbilden.“
„Warum können Sie mich nicht einmal anschauen?“ Entschlossen hob Megan den Kopf und sah ihn an. Es gefiel ihr gar nicht, wie sehr ihr Innerstes dadurch in Aufruhr geriet, aber es half ja nichts. „Wir werden gleich gemeinsam Mr. Barchester befragen“, stellte sie sachlich fest. „Das bedeutet allerdings noch lange nicht... “
Sie verstummte unter seinem milde fragenden Blick. Wie sollte sie ihm denn erklären, welche Gedanken sie sich über ihre Beziehung zueinander gemacht hatte, ohne dabei preiszugeben, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte?
„Was bedeutet es noch lange nicht?“, beharrte er.
„Nichts“, schloss sie unbestimmt und sah aus dem Fenster, um kurz darauf hinzuzufügen: „Sie sind noch immer Lord Raine, und ich bin noch immer Megan Mulcahey aus New York.“ Seine Augen funkelten belustigt. „Dagegen lässt sich nichts sagen.“
Megan schnitt ihm eine ärgerliche Grimasse. Sie wüsste nicht, warum sie seine Belustigung mit ihm teilen sollte. „Es ist keineswegs so, als ob wir befreundet wären.“
„Nein?“ Er schien sich wahrlich köstlich zu amüsieren, denn nun grinste er auch noch vergnügt. „Ich hatte ernstlich gehofft, dass wir Freunde seien. Muss ich daraus schließen, dass Ihr Interesse an mir rein körperlicher Natur ist?“
Mit rosig erglühten Wangen sah Megan Theo wütend an. „Sie wissen ganz genau, was ich gemeint habe.“
„Nein, das weiß ich leider nicht. Sie drücken sich ungewohnt undeutlich
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