Schatten ueber Broughton House
auch sein Lächeln, seine freundliche, offene Art und das bezaubernde Funkeln seiner Augen - nichts davon schien auf einen Mörder hinzudeuten.
Vor allem aber vermochte Megan nicht die Empfindungen zu leugnen, die er in ihr weckte - ein Flattern im Bauch, wenn er sie anlächelte, und eine wundersam wohlige Wärme, die sie durchströmte, sobald sein Blick auf ihr ruhte. Es war beunruhigend, gar ein wenig beängstigend, dass der ihr so verhasste Mann sie sich so ... so berauscht und unerklärlich erhitzt fühlen ließ.
Und warum hatte er sie immer wieder angesehen? Nach jenem ersten bangen Moment, da sie schon fürchtete, er habe herausgefunden, wer sie war, hatte Megan bemerkt, wie er sie unentwegt verstohlen betrachtet hatte, während sie sich zu dritt unterhielten. Seine Augen schimmerten warm auf, was, wie sie wusste, von seinem Gefallen an ihrem Äußeren herrührte, doch war da noch etwas anderes ... eine fragende, abwägende Aufmerksamkeit, aus der sie nicht recht schlau wurde.
Sie sagte'sich, dass sie nur deshalb seine Neugier weckte, weil es ungewöhnlich war, dass sie als Frau Jungen unterrichtete. Auch wenn er mit den Auffassungen seiner Mutter vertraut war, so mochte er sich dennoch wundern, warum Megan sich um die Stelle bewarb. Schließlich verstieß das gründlich gegen die Konventionen.
Unmöglich konnte er den wahren Grund erahnen, weswegen sie hier war. Seit er Dennis getötet hatte, waren zehn Jahre vergangen - ganz gewiss würde er ihre Ankunft nicht damit in Verbindung bringen.
An sich war sein Interesse wenig verwunderlich. Megan hatte schon einige Geschichten über wohlhabende Herren gehört, die Gouvernanten und Dienstmädchen verführten - oder sie gar bedrängten. Seine Blicke hatten nichts anderes zu bedeuten, als dass sie nun auch noch arglistiger Verführer zur Liste seiner Vergehen hinzufügen konnte.
Theo reichte Megan lächelnd seinen Arm. „Nun, Miss Henderson? Darf ich Sie mit auf die Grand Tour nehmen?“
Megan riss sich von ihren sorgenvollen Gedanken los und setzte ein freundliches Lächeln auf. „Selbstverständlich ... hmm ... Mylord. Es wäre mir ein Vergnügen.“
Sie zögerte kurz und schob dann ihre Hand in seine Armbeuge, Obwohl sie ihn so wenig wie irgend möglich berührte, konnte sie durch seine Jacke hindurch seine festen Muskeln unter ihren Fingern spüren.
„Bereitet das ,Mylord“ Ihnen Probleme?“, fragte er, während sie durch den Garten schlenderten. „Mir ist das bei Amerikanern schon häufiger aufgefallen. “
Sie sah rasch zu ihm auf. Er schaute sie an, freundlich, aber nicht lächelnd, doch seine grünen Augen funkelten lebhaft und ein wenig amüsiert. Megan war auf einmal, als könne sie kaum noch atmen.
Was war nur in sie gefahren? Warum berührte dieser Mann sie auf so seltsame Weise? Nie zuvor war sie so sprachlos und verunsichert gewesen.
„Ich sage ihnen dann meist, dass sie mich doch einfach Moreland nennen sollen, wenn ihnen das lieber ist. Oder Theo.“
„Oh nein, das ist völlig ausgeschlossen“, erwiderte Megan hastig und schalt sich sogleich dafür, so prüde zu klingen.
„Wie Sie wünschen“, meinte er gleichmütig, führte sie zu einem der Seitenflügel und bedeutete ihr, wieder ins Haus zu treten.
„Die Galerie“, erläuterte Theo. Vor ihnen erstreckte sich ein langer Gang, an dessen einer Wand eine Fensterreihe auf den Garten hinausging. An der gegenüberliegenden Wand hing ein Porträt neben dem anderen. „Unzählige Generationen einstiger Dukes“, bemerkte Theo leichthin und zeigte auf die Gemälde. „Nicht besonders interessant hier, wenngleich es ein fantastischer Ort ist, um Reifen den Gang hinunterrollen zu lassen oder Räder zu schlagen.“
„Lieblingsbeschäftigungen der Zwillinge?“, fragte Megan lächelnd. Sie konnte sich gut vorstellen, wie die beiden Jungen die weitläufige düstere Galerie für derlei Vergnügungen nutzen würden.
„Von uns allen, zu gegebener Zeit“, erwiderte Theo. „Ich fürchte, dass Reed und ich den Zwillingen als Kinder recht ähnlich waren. Allerdings konnten wir uns nicht ohne Worte miteinander verständigen, wie Con und Alex es tun, weshalb wir ein wenig im Nachteil waren, was das Aushecken von Streichen anbelangt. Und wir hatten auch nicht gar so viele Tiere - meine Mutter gibt mir die Schuld für den kleinen Zoo der Zwillinge.“
„Haben Sie ihnen Rufus mitgebracht?“
„Nein, dafür war Reed verantwortlich. Letzten Herbst haben Alex und Con den Hund übel
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